Ich ein Tag sprechen huebsch
Schauspieler, die vom gedankenvollen Nachrichtensprecher bis zur auf einer Insel gestrandeten Millionärsgattin alles im Repertoire haben. Launische Kobolde machen das Wetter, während in einer Klimaanlage eine Handvoll Eichhörnchen rackern, die Backen prallvoll mit Eiswürfeln.
Beim Stöbern im Geräteschuppen entdeckte ich einmal ein Werbeposter, auf dem ein IBM-Computer von der Größe eines Kühlschranks abgebildet war. Mein Vater, noch etliche Jahre jünger, saß vor der Tastatur und studierte einen Ausdruck, der nicht größer als ein Kassenzettel war. Als ich ihn danach fragte, erklärte er, er hätte damals mit einem Wissenschaftlerteam an der Entwicklung eines Mikrochips gearbeitet, der bis zu fünfzehn Seiten Information speichern konnte. Im nächsten Moment hatte er Bleistift und Notizblock hervorgezogen und gab mir stundenlang Antworten auf sämtliche Fragen, bis auf die, die ich eigentlich gestellt hatte: »Durftest du Make-up auflegen und verschiedene Sitzpositionen ausprobieren, oder haben sie gleich die erste Aufnahme genommen?«
Für mich ist und bleibt das größte Geheimnis der Wissenschaft, wie ein Vater sechs Kinder in die Welt setzen konnte, von denen keins auch nur eines seiner Interessen teilte. Für die Hobbys unserer Mutter konnten wir uns problemlos begeistern, angefangen beim Rauchen und der Vorliebe für ein Mittagsschläfchen bis hin zu den Romanen von Sidney Sheldon. (Fragte man meine Mutter, wie das Radio funktionierte, sagte sie bloß: »Dreh es an und zieh die verdammte Antenne raus.«) Einmal besuchte ich meinen Vater in seinem Büro und hatte nachher das beruhigende Gefühl, dass er zumindest dort ein paar Leute hatte, die ihm zuhörten. Ich war mit meiner Schwester Amy aufgrund einer Wette hingegangen. Sie glaubte, die Sekretärin meines Vaters hätte ein spitzes, vorstehendes Kinn und lange blonde Haare, während ich sie mir mehr wie eine Schildkröte vorstellte - ohne Kinn, mit einer Hakennase und faltigem Schlabberhals. Die Wahrheit lag irgendwo in der Mitte. Ich hatte recht mit der Nase und dem Hals, Amy lag mit Kinn und Haarfarbe richtig. Wir waren nur wegen der Wette gekommen, aber natürlich durften wir nicht eher weg, bis unser Vater uns eine Führung durch die Gebäude A bis D gegeben hatte, die uns lehrte, nie wieder ein Interesse an seiner Arbeitsstätte zu bekunden.
Zuletzt erwachte auch in mir der Forschergeist, aber ich war schlau genug, meine sonderbaren Experimente für mich zu behalten. Als mein Vater meine tiefgefrorene Schneckensammlung in der Tiefkühltruhe im Keller entdeckte, hielt ich es für besser, ihm meine hochkomplexe Theorie des Scheintods nicht weiter auseinanderzusetzen. Und auf die Frage, warum ich den Wasserspender im Hamsterkäfig mit Wodka gefüllt hätte, antwortete ich nur: »Och, einfach so. « Wenn mein Experiment fehlschlug und der bedudelte Hamster den Löffel abgab, würde ich ihn einfach zu den Schnecken in die Tiefkühltruhe legen. Dort würde er ein paar Monate auf Eis liegen, um nachher, wenn ich ihn aufgetaut und reanimiert hatte, nichts mehr von seinem früheren Leben als Alkoholiker zu wissen. Ich fing auch an, meinen Plattenspieler selbst zu reparieren, und konnte mich bis zu zehn Minuten am Stück an meiner Erfindungsgabe berauschen bis das Gummi riss oder die auf dem Tonarm festgeklebten Münzen sich lösten und das Scheißding wieder im Eimer war.
Die erste Septemberwoche verbrachte unsere Familie gewöhnlich in einem Strandhaus auf Ocean Isle, einem schmalen Inselstreifen vor der Küste North Carolinas. Wir Kinder genossen die üblichen Sommerfreuden, bis mein Vater sich einschaltete und uns systematisch jeden Spaß austrieb. Nachdem er uns Minigolf durch eine langatmige Unterweisung über Impuls, Flugbahn und Windgeschwindigkeit verleidet hatte, wurden unsere Sandburgen einer niederschmetternden Kritik bezüglich der Dynamik von Deckengewölben unterzogen. Wir tummelten uns im Wasser, bis uns das Geheimnis von Ebbe und Flut auf eine Art beigebracht wurde, dass uns der Ozean anschließend wie eine riesige Salzwasser-Toilette vorkam, deren Spülung sich auf banale und vorhersehbare Weise von selbst betätigte.
Als wir ins Teenageralter kamen, war unser Elan endgültig verflogen. Ohne jegliches Interesse am Wasser fläzten wir uns neben unsere Mutter aufs Badetuch und widmeten uns der hohen Kunst des Bräunens. Unter ihrer Anleitung lernten wir, mit welchen Cremes man anfing und welche für unterschiedliche
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