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Magnus Jonson 02 - Wut

Magnus Jonson 02 - Wut

Titel: Magnus Jonson 02 - Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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    Januar 2009

    Island kochte vor Wut. So wütend war es zuletzt gewesen, als die ersten Wikinger vor über tausend Jahren in Reykjavíks von Geysirdämpfen erfüllter Bucht an Land gingen.
    Und Harpa, Harpa war noch viel wütender.
    Zusammen mit viertausend Landsleuten stand sie auf dem Platz vor dem Parlamentsgebäude, rief Parolen, skandierte Sprüche, machte Radau. Sie hatte Topf und Deckel mitgebracht, die sie gegeneinanderschlug. Die Demonstranten hatten unterschiedlichste Küchenutensilien dabei, außerdem Tamburine, Trommeln, Pfeifen, sogar das Nebelhorn eines Trawlers, kurz: alles, womit man Lärm verursachen konnte. Neben Harpa stand aufrecht und trotzig eine zierliche alte Frau, die ihren Rollator immer wieder auf den Boden stampfte und mit leuchtenden Augen und heiserer Stimme ihrer Wut freien Lauf ließ.
    Der Krach war ohrenbetäubend. Die rhythmischen Sprechchöre der Menge gingen in eine Kakophonie des Zorns über, in zusammenhanglose Rufe wie »Ólaf raus!«, »Korrupte Politiker!« oder einfach nur »Zurücktreten!«. Es war Mitte Januar und eisig – auf dem Boden lag eine dünne Schneedecke. Das Topfschlagen hielt Harpa warm. Gleichzeitig entluden sich beim Schreien und Klopfen ihre Wut und ihr Hass, die seit Monaten in ihr brodelten, gleich dem vulkanischen Dampf, der aus den heißen Tiefen des Landes in die kalte Luft geschleudert wurde.
    Es wurde langsam dunkel. Viele Teilnehmer hatten Fackeln und Taschenlampen mitgebracht, die im schwindenden Licht flackerten.
Das Parlament, ein kleines Gebäude aus geschwärztem Basalt, war hell erleuchtet.
    Wie an jedem Samstag in den vergangenen siebzehn Wochen hatte sich die Bevölkerung hier versammelt, um die Politiker aufzufordern, etwas zu unternehmen angesichts des Schlamassels, in den sie Island geführt hatten. Heute war allerdings Dienstag, der Tag der Parlamentseröffnung. Die Proteste wurden heftiger, der Lärm steigerte sich zu einem Crescendo mit der Forderung, der Premierminister und die Regierung müssten zurücktreten und Neuwahlen ausrufen. Auch Ólaf Tómasson, der ehemalige Direktor der Zentralbank und jetzige Premier, sollte seinen Hut nehmen. Er hatte die Banken privatisiert und ihnen eine höhere Kreditaufnahme genehmigt – viel mehr, als man je würde zurückzahlen können.
    Es war das erste Mal, dass Harpa an einer Demonstration teilnahm. Anfangs war sie dagegen gewesen, hatte Gewalt und Protestaktionen für unisländische Eigenschaften gehalten und die Meinung vertreten, die Demonstranten würden die Komplexität der Lage nicht erfassen. Doch dann hatte Harpa ihren Arbeitsplatz verloren – so wie Tausende andere Landsleute. Harpa konnte rechnen, daher wusste sie, dass die von den isländischen Banken angehäuften Schulden jahrzehntelang von der Bevölkerung abgetragen werden müssten. Ihr Sohn Markús war jetzt drei Jahre alt. Noch mit vierzig würde er für die heutigen Fehler zahlen.
    Das war nicht richtig. Es war völlig falsch.
    Ólaf Tómasson war schuld daran. Die anderen Politiker waren schuld. Die Banker waren schuld. Und Gabríel Örn war schuld.
    Auch Harpa hatte mitgespielt. Das war der eigentliche Grund, warum sie anfangs nicht an den Demonstrationen teilnehmen wollte. Doch nun heizten Schuldgefühle ihre Wut noch zusätzlich an.
    Alles hatte ganz gesittet begonnen mit aufrüttelnden Reden eines Schriftstellers, einer Musikerin und eines achtjährigen Mädchens. Isländische Flaggen wurden geschwenkt, Protestplakate
wehten im Wind, die Stimmung wirkte eher volksfestartig als rebellisch.
    Doch die Menschen waren empört, und sie wurden immer zorniger.
    In schwarzen Uniformen und mit Helmen bildeten die Polizisten eine Kette um das Parlamentsgebäude und schützten die Politiker vor dem Mob. Die Beamten waren mit Schlagstöcken, Schutzschilden und roten Pfefferspraydosen ausgerüstet. Einige von ihnen genossen ihren martialischen Auftritt. Andere bissen sich eher auf die Lippe.
    Eier und Becher mit Skyr, isländischem Joghurt, flogen durch die Luft. Schwarz gekleidete Demonstranten, die Gesichter unter Sturmhauben oder Schals verborgen, stürzten sich auf die Beamten. Erst nur einige, dann immer mehr Demonstranten riefen ihnen zu, sie sollten die Polizei in Ruhe lassen. Von anderen wurden sie angefeuert. Die Kette aus Polizeibeamten gab schließlich nach. Jetzt wurden nicht nur Joghurtbecher geworfen, sondern auch Pflastersteine. Eine Polizistin stürzte, Blut lief ihr übers Gesicht.
    Pfiffe gellten. Die schwarz

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