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Ich & Emma

Ich & Emma

Titel: Ich & Emma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Flock
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braun. Jedenfalls benutze ich sie. Nachdem ich sie ein paar Mal zwischen meinen Händen gedreht habe, ist genug Schaum entstanden, dass ich mir auch die Arme abwaschen kann. Neben dem Waschbecken hängt nur ein Lappen, also trockne ich mich mit ihm ab, ganz sorgfältig, bis kein Blut mehr zu sehen ist, damit Mama keinen Anfall bekommt. Manchmal sagt sie nichts, wenn ich mit Verletzungen nach Hause komme – das war in der alten Schule oft der Fall, wo ich gerne mal verprügelt wurde – aber ich weiß, dass sie sich innerlich furchtbar aufregt. Sie dreht sich dann ganz langsam weg und presst die Lippen zusammen. Das ist ihre Art, einen Wutanfall zu unterdrücken.
    “Sag mir, wer das war. Ich kümmere mich darum.” Daddy stemmte genau über dem Gürtel die Hände in die Hüften. “Los jetzt. Erzähl’s deinem Daddy.”
    “Ich … kann’s … dir … nicht … sagen”, schluchzte ich. “Ich … darf … nicht.”
    “Das sind Feiglinge, deswegen haben Sie es dir verboten. Also, leg dir jetzt die gefrorenen Erbsen auf die Augen und erzähl mir genau, was passiert ist.”
    Die kalte Tüte fühlte sich gut an.
    “Lass sie in Ruhe”, rief Mama aus der Küche. “Sie wird schon wieder. Wie soll sie jemals stark werden, wenn du sie immer so verhätschelst?”
    “Still jetzt, Lib. Unser Mädchen hat ein blaues Auge und ich werde mir den Burschen vornehmen, der dafür verantwortlich ist. Also jetzt, mein Zuckerpüppchen. Sag schon.”
    Er strich mir das tränennasse Haar aus dem Gesicht. Als ich nach Hause gekommen war, klebten so viele Haarsträhnen an meiner Wange, dass es sich anfühlte wie ein Netz. Daddy strich es genau so hinter meine Ohren, wie ich es am liebsten mochte.
    “Es fing damit an, dass sie mir hinterher riefen, ich wäre die verrückte Scary Carrie”. Ich nahm die Erbsentüte immer mal wieder von meinen Augen, weil die Kälte auf Dauer auch wehtat. “Dann sagten sie, nach der Schule würden sie etwas Verstand in mich reinprügeln. Und als ich aus der Schule kam, haben sie schon auf mich gewartet.”
    “Wer?” Daddy gurrte wie eine Turteltaube. “Wer hat auf dich gewartet?”
    “Tommy Bucksmith. Und Floyd Cunningham. Wer noch hab ich nicht gesehen.”
    “Wer hat dich gehauen?”
    “Weiß ich nicht.” Ich sagte die Wahrheit, denn ich schaute gerade auf meine Bücher am Boden, als der erste Schlag kam.
    “Warum lässt du’s nicht einfach?” Mama stand in der Tür, die Lippen fest zusammengepresst.
    “Ich gehe jetzt zu den Cunninghams und dann zu den Bucksmiths, dann komme ich wieder zurück.” Daddy stand auf und strich sich die Hose glatt. “Schau mich nicht so an, Libby Culver. Nur ein Feigling schlägt ein kleines Mädchen.”
    Nachdem Daddy gegangen war, blieb ich ganz still, das einzige Geräusch, das zu hören war, war das Gerassel der gefrorenen Erbsen, wenn ich die Tüte hin und her schob.
    Mama blieb in der Küche und ich blieb im Wohnzimmer auf der Couch neben dem Abdruck, den Daddy in dem Kissen hinterlassen hatte.
    Abends drang mir der Geruch nach Teppich in die Nase, ich spürte, wie Daddy mich auf die Stirn küsste.
    “Alles ist gut, Zuckerpüppchen”, flüsterte er und strich mir wieder übers Haar wie vorher. “Und glaub nicht, dass deine Mama nicht auch besorgt ist. Sie hat nur eine andere Art, es zu zeigen.”
    “Wo warst du die ganze Zeit?” Mama zieht an ihrer Zigarette und bläst mir den Rauch direkt ins Gesicht. “Das hier is’ kein Restaurant, in das man kommen und gehen kann, wann man will und was zu essen bestellt, wenn’s einem gerade passt. Bild’ dir nicht ein, dass ich hier Gewehr bei Fuß stehe und mit dem Essen auf dich warte. Such dir irgendwas, damit du was im Magen hast, bevor du Hausaufgaben machst. Das Abendessen ist vorbei. Hast es verpasst, also mach dir selbst was. Wirklich, Carrie Parker, du raubst mir noch den letzten Nerv.” Der Rauch kräuselt sich in die Höhe. Zwei Rauchsäulen bleiben direkt über ihrem Kopf und für eine Sekunde lang sieht es aus, als hätte Mama Hörner. Emma geht in unser Zimmer und ich weiß auch, wieso: Manchmal, auch wenn die Tracht Prügel, die sie einem verpasst hat, schon eine Weile her ist, braucht sie einen nur anzusehen. Dann fällt ihr sofort wieder ein, warum sie so wütend war und alles fängt von vorne an. Das will Emma nicht riskieren, was ich ihr nicht verübeln kann.
    Mir gefällt die Farbe des Getränks, an dem Mama nippt, es ist quietschorange. Wenn sie trinkt, sollte man auf jeden Fall tun,

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