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Ich & Emma

Ich & Emma

Titel: Ich & Emma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Flock
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vorzuwarnen. Der Knall ist so laut, dass er meinen Kopf spaltet.
    “Geh mal rüber und sieh nach, ob ich getroffen habe.” Er spricht ein wenig laut, wahrscheinlich klingelt es in seinen Ohren genauso wie in meinen.
    Zwei Dosen stehen noch stolz und aufrecht auf dem Zaun, aber die dritte ist heruntergefallen, ich muss mich durch die Latten quetschen, um sie aufzuheben.
    “Getroffen!” schreie ich. Genau in der Mitte der Dose ist ein großes Loch. Ich schaue hindurch wie durch ein Teleskop. Brownie scheint zu wissen, dass er getroffen hat, denn sie wedelt mit dem Schwanz.
    “Komm wieder her, dann mach’ ich’s noch mal.” Ich schlängle mich durch den Lattenzaun und renne schnell zu ihm, bevor er von Neuem schießen kann. Diesmal lasse ich es nicht drauf ankommen und halte mir rechtzeitig die Ohren zu.
    Peng! Peng!
    Ich haste wieder zurück und hebe die beiden Dosen auf: Tatsächlich, beide haben ein Loch.
    “Wow”, sage ich, als ich wieder zurück bin. “Darf ich mal? Darf ich mal?”
    “Na klar. Aber zuerst musst du lernen, Respekt vor dem Gewehr zu haben. Und dazu musst du es richtig gut kennen lernen. Mein Papa hat mir das beigebracht, so, wie ich es dir jetzt beibringe. Es ist nicht schwer, aber du musst das Gewehr ganz genau kennen, verstehst du, Mädchen?”
    “Ja, Sir.”
    “Das hier ist die Kammer.” Er hat sich das Gewehr wie ein Handtuch über den Arm gelegt. “Da sind jetzt gerade keine Kugeln mehr drin, deswegen kannst du es mal in die Hand nehmen. So ist es richtig, sei ganz vorsichtig. Mit Respekt. Und ziele niemals auf einen Menschen so wie jetzt. Das ist schlecht. Ziel auf den Zaun, während ich mit dir spreche, sonst ist diese Übungsstunde ganz schnell vorbei. Nun, das hier – leg deinen Finger da drauf – gut. Das ist die Sicherung. Die muss man lösen, wenn’s ernst wird. Wenn das Gewehr entsichert ist, weiß die Kugel, dass sie jederzeit abgefeuert werden kann. Das hier – nein, fass genau dort hin. Das ist das gefährlichste Teil überhaupt, der Abzug. Du hast also die Sicherung und den Abzug. Steck mal deinen Finger durch und spüre, wie sich das anfühlt. So ist’s recht. Du hast ein echtes Talent. Das ist gut. Das kann man in der Schule nicht lernen. Man hat’s oder man hat’s nicht. Jetzt mach’s so wie ich und leg an, nein andersrum … ja, so. Ganz schön schwer, was? Das ist eines der schwersten Gewehre, die es gibt. So, jetzt wieder runter damit und gib es mir. Denke, du bist nun bereit für eine Kugel. Ich öffne die Kammer und stecke eine Kugel rein – siehst du, wie perfekt sie passt? Einfach so. Hier. Dann wieder schließen und alles ist klar. Jetzt wieder anlegen …”
    “Soll ich jetzt schießen?” Mir ist ganz schlecht. Mit der Kugel fühlt sich das Gewehr noch viel schwerer an, obwohl die Kugel ja nicht mehr wiegt als eine Nadel.
    “Jawohl. Schieß auf den Zaun. Aber erst gibst du mir das Gewehr noch mal, und ich werde die Dosen für dich aufstellen.”
    Ich tue, was er sagt. Er läuft zum Zaun, schwingt sein Holzbein bei jedem Schritt vor sein gesundes Bein. Wieder zurück, stellt er sich hinter mich und reicht mir das Gewehr.
    “Nun. Vergiss nicht, was ich dir beigebracht habe, Mädchen. Schau durch das Fadenkreuz, bis die Dose genau in der Mitte ist. Wenn es soweit ist, musst du entsichern, den Finger durch den Abzug stecken …
    “Ich hab’ Angst …”
    “Solltest du auch haben. Sonst hätte ich nämlich welche. Is’ normal, Angst zu haben. Furcht und Respekt. Das muss man haben, wenn man ein Gewehr in der Hand hält. Jetzt ist es so weit. Zieh den Abzug, wenn du die Dose in der Mitte der beiden Linien siehst …”
    Peng!
    Der Rückstoß ist so heftig, dass ich aufschreie und das Gewehr einfach vor mir in den Schmutz fallen lasse. Brownie wirft einen Blick darauf und schaut dann ihr Herrchen an.
    Er spuckt einmal aus, und nach einer Sekunde oder so stellt er sein Holzbein etwas aus, damit er sich bücken und das Gewehr wieder aufheben kann.
    “Tut mir Leid.” Ich weiche einen Schritt von ihm zurück. Mache mich für alle Fälle bereit, wegzurennen. “Tut mir Leid, Sir. Ich wollte es nicht fallen lassen. Aber meine Schulter hat so wehgetan, ich konnte nicht anders. Ich wollte nicht …”
    “Still, Mädchen.” Er tätschelt mir den Kopf. “Du machst ja mehr Rabatz als meine alte Hündin zur Essenszeit. Is’ in Ordnung, dass du’s fallen gelassen hast. Hab’ ganz vergessen, dich vor dem Schmerz zu warnen. Schätze, dass ich den nicht

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