Ich & Emma
Präsidenten auf die Tafel.
“Washington, Adams, Jefferson, Madison,
Monroe"
, sagt sie. “Adams, Jackson,
Van Buren.
Nun, ihr könnt es bestimmt nicht
glauben
, aber am Ende des Unterrichts könnt ihr mir die Namen alle
auswendig
aufsagen – und noch einige mehr. Es ist gar nicht so
schwer.
Oren, verdreh’ nicht die Augen. Zunächst”, sie wendet sich zur Tafel, “teilen wir jeden Namen in seine ersten Buchstaben ein. Und zwar so.”
Jetzt schreibt sie
wash
, dann
ad
, dann
mad
und so weiter, bis ich auf die Idee komme, jetzt gleich den Brief an Oma zu schreiben. Nach der Schule kann ich Emma heimschicken, zur Post rennen, den Brief einwerfen und noch rechtzeitig zum Essen zu Hause sein.
“Caroline!”
Die Klasse lacht.
“Ja, Ma’am?”
“Nett, dass du dich jetzt auch
beteiligst.”
Die Klasse lacht wieder, und jetzt begreife ich erst, dass über mich gelacht wird. “Nachdem ich nun deine
Aufmerksamkeit
habe, Caroline, kannst du mir sagen, wie das nächste Wort lauten muss?”
Ich blicke zur Tafel, sehe die ganzen Abkürzungen unter den vollen Namen und eine leere Stelle unter “Tyler.”
“Hm?” Ich versuche, Zeit zu gewinnen. Woher wissen Lehrer immer so genau, wann man nicht aufgepasst hat?
“Ich fürchte,
hm
ist nicht die Antwort, die ich suche.” Und noch bevor ich sagen kann, was ich denke, ruft sie Orla Mae auf, die es sofort richtig macht und mich dann anlächelt, als hätte sie mir einen Gefallen getan. Hat sie nicht. Denn jetzt ist es noch peinlicher, dass ich nicht gleich geantwortet habe. Besten Dank, Orla Mae, gebe ich ihr mit meinem Blick zu verstehen.
“Ganz richtig, Orla Mae.” Doch Miss Ueland sagt das in meine Richtung. “
Ty
ist richtig. Carrie, kannst du uns sagen, was
jetzt
kommt? Wie ist die Abkürzung für
Polk?”
“Po?” Schon wieder lachen alle, ich drehe mich um und frage: “Was?”
“Du hattest die
richtige
Idee, Carrie …” Miss Ueland will nett sein, weil sie weiß, dass ich mich echt bemüht habe. “Aber die Abkürzung ist
pol
, wie Nordpol. Das reicht jetzt, Leute, beruhigt euch.
Schön
, lasst uns weitermachen. Hat jeder das notiert, oder soll ich es noch etwas länger stehen lassen? Ja? Na gut.” Und sie wischt die Worte weg, bevor ich sie abgeschrieben habe. Natürlich kann ich ihr das schlecht sagen, dann wüsste sie sofort, dass ich vor mich hingeträumt habe. Ich schreibe nachher einfach von Orla Mae ab.
Miss Ueland malt die nächsten Namen an die Tafel, dieses Mal schreibe ich sofort mit, allerdings nicht so schön wie sie. Niemand schreibt so schön wie Miss Ueland. Ich bin nicht schnell genug und beschließe, nach der Stunde einfach alles von Orla Mae abzuschreiben. Jetzt muss ich nämlich an Oma schreiben, solange meine Erinnerung an den Brief, den ich mir letzte Nacht ausgedacht habe, noch frisch ist.
Liebe Oma,
wie geht es dir? Mir geht es gut. Emma auch, falls du dich wunderst. Wir alle hoffen, dass du uns bald mal besuchst. Mama und wir vermissen dich wirklich. Ich habe eine Freundin, die heißt Orla Mae, ist das nicht ein lustiger Name? Sie ist aber trotzdem nett. Du wirst sie bestimmt mögen. Und es gibt eine Hündin, die heißt Brownie, aber sie ist schwarz und hat nur drei Beine.
Bitte komm uns besuchen. Wir brauchen dich.
In Liebe,
deine Enkelin Caroline Parker
P.S. Vielleicht will Tante Lillibit ja auch mitkommen.
Ich schreibe in meiner schönsten Schrift, und schon geht es mir besser. Als Miss Ueland sich zur Tafel dreht, um sie abzuwischen, falte ich das Blatt so oft zusammen, bis es richtig klein ist und stecke es in meine Tasche. Dort wird es den Rest des Tages bleiben, bis ich zum Postamt gehe.
“Carrie? Ich möchte gern mit dir sprechen, Liebes”, sagt Miss Ueland, als die Schüler durch die Tür nach draußen drängen.
“Ja, Ma’am?”
“Wo warst du heute mit deinen Gedanken?”
“Ma’am?”
“Du hast im Unterricht nicht aufgepasst.” Sie blickt mich durch ihre Brille an. “Und daher frage ich mich, worüber du nachgedacht hast. Sonst bist du doch auch nicht so.”
Ich zucke mit den Schultern. Was soll ich ihr denn sagen? Sie würde nicht verstehen, dass ich Oma unbedingt schreiben musste.
“Ähem.” Miss Ueland räuspert sich. “Außerdem wollte ich dich nach deinem Arm fragen.”
Zwar habe ich keine Ahnung, was als Nächstes kommt, aber sofort rolle ich den Ärmel nach unten, der aber sowieso zu kurz ist. Mama sagt immer, langärmlige Hemden könne man tragen, bis daraus kurzärmlige werden,
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