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Ich & Emma

Ich & Emma

Titel: Ich & Emma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Flock
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Dach über deinen schmutzigen kleinen Kopf”,
klatsch
, “und was bekomme ich dafür? Ständig nur Widerworte”,
klatsch.
“Von morgens bis abends und von abends bis morgens.” Die Schläge lassen nach, ich spähe unter meinem erhobenen Ellenbogen hindurch und sehe, dass Richard zusammengesunken dasitzt, seine Schultern heben und senken sich, er schluchzt laut. Er lässt meinen Arm los.
    “Hier wird alles anders werden.” Seine Arme hängen an ihm herab, sie sind müde vom Schlagen. “Ihr werdet euch noch wundern, wie euch geschieht. Alles wird anders …”
    Ich könnte wegrennen. Ich könnte in unser Zimmer gehen, mich neben Emma kauern, die inzwischen sanft schlummert. Ich könnte sogar zum Diamantenfluss gehen, wenn ich wollte. Aber meine Füße bewegen sich nicht. Noch nie habe ich Richard weinen sehen.
    “Raus hier!” brüllt er, seine Stirn ruht auf der Tischplatte. “Verschwinde schon.” Er weint und weint, es interessiert ihn nicht, ob ich gehe oder nicht.
    Und dieses eine Mal … nur dieses eine Mal … bleibe ich.
    “Tut mir Leid”, flüstere ich. Doch die Worte treiben davon wie Mamas Zigarettenqualm.
    “Verschwinde!” schluchzt er. Die dicken Venen an seinen Armen sehen aus wie verästelte Flussläufe auf einer Karte. Und seine Hand, mit der er mich davonscheucht, ist nicht zur Faust geballt und ganz schlaff.
    Ich gehe.
    Emma atmet schwer, als ich ins Zimmer komme. Am liebsten würde ich sie in Ruhe lassen, aber sie hat sich über das ganze Bett ausgebreitet, ich muss sie zur Seite schieben. Also klettere ich aufs Bett und drehe sie um, Sekunden später schnarcht sie schon wieder.
    Auf dem Rücken liegend blinzle ich ein paar Mal, um mich an die Dunkelheit zu gewöhnen, und denke an Richard, wie er am Küchentisch weinte. Oma muss einfach kommen und alles wieder in Ordnung bringen. Wenn es ihr gelungen ist, dass Tante Lillibit überlebt, dann kann sie hier in der Nummer zweiundzwanzig auch helfen, da bin ich sicher.
    Ich kann nicht einschlafen, weil ich in Gedanken immer wieder den Brief schreibe.
    Liebe Oma,
ich bin es, Carrie. Wie geht es dir? Mir geht es gut. Wir fragen uns, ob du uns hier draußen nicht vielleicht einmal besuchen willst. Unser neues Haus ist schön, es würde dir bestimmt gefallen. Wir haben unseren eigenen Fluss, gut, eher Bach, und ganz viele Bäume – viel zu viele um sie zu zählen. Mama vermisst dich wirklich, und Emma und ich vermissen dich auch. Bitte komm uns besuchen. Bitte, bitte! Also, ich muss jetzt Schluss machen. Alles Liebe, deine Enkelin Caroline Parker.
    Sie könnte Tante Lillibit ja auch mitbringen, fällt mir eben ein. Das wäre ja sogar noch besser. Ich weiß, dass Mama mir eine schöne Tracht Prügel verabreichen wird, wenn sie das mit dem Brief herausfindet, aber das ist es wert.
    Dann muss ich doch eingeschlafen sein, denn ich wache auf, als Emma an meinem Fuß zerrt.
    “Carrie, los”, ruft sie vom Fußende aus. “Wir verpassen sonst den Bus.”
    Ich springe auf, ziehe an, was ich gerade finde, und zwei Minuten später rennen wir schon aus dem Haus, ohne uns von Mama zu verabschieden oder irgendetwas zu Essen mitzunehmen.
    “Da ist er!” Ich kann das gelbe Dach des Busses sehen, der auf Mr. Wilsons Weg zutuckert, ich renne schneller als Emma, damit ich ihn anhalten und den Fahrer bitten kann, auf meine kleine Schwester zu warten. “Beeil dich!” Emma bleibt mir dicht auf den Fersen, und wir schaffen es.
    “Das war knapp.” Sie lässt sich auf den Sitz neben mich fallen. Sie ringt genauso nach Luft wie ich.
    “Hast du was gegessen?” frage ich.
    “Etwas Brot.”
    Da hat sie Glück. Das wird ein langer Tag. “Halt mal kurz meine Bücher.” Ich muss mir noch meine Schuhe zubinden.
    “Hallo Carrie.” Orla Mae Bickett schlängelt sich an unserem Platz vorbei und setzt sich direkt hinter uns, wobei sie Emma wie immer ignoriert. Im Grunde ignoriert sie jeden außer mir.
    “Hallo Orla Mae.” Ich setze mich auf.
    “Ich habe dir was mitgebracht.” Sie schnippt die beiden Klammern ihrer Lunchdose auf. “Das hat meine Mama gestern Abend gebacken.”
    Es ist ein Stück Brot, so dick wie meine Hand und mit so viel Butter, dass die Plastikfolie daran festklebt. Genau so wie ich es mag.
    “Danke, Orla Mae.” Ich verschlinge es nur aus einem Grund nicht sofort, weil ich nämlich am liebsten losheulen würde – ich weiß auch nicht warum. Vielleicht, weil mir noch nie jemand ein Stück Brot mitgebracht hat.
    “Bitte.”
    Ich lege es auf

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