Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich folge deinem Schatten

Ich folge deinem Schatten

Titel: Ich folge deinem Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
Vom Netzwerk:
weiß, womit wir es zu tun haben, und den Kampf aufnimmt.«
    »Eine Verteidigung, die auf geistiger Unzurechnungsfähigkeit aufbaut? Ist das Ihre Strategie, Charley? Sagen Sie es schon! Bevor Sie mich abgeholt haben, hatten Josh und ich den Fernseher eingeschaltet. Der CNN-Moderator hat einen Arzt interviewt, der als Spezialist für multiple Persönlichkeiten gilt. Laut seiner genialen Ansicht wäre ich das Paradebeispiel einer solchen Verteidigungsstrategie. Aber dann hat er noch einen Fall zitiert, in dem die Verteidigung darauf plädiert hat, dass das eigentliche Ich nichts von der Persönlichkeit gewusst hat, die die Verbrechen begangen hat.
    Und wissen Sie, was der Richter darauf geantwortet hat, Charley? Er hat gesagt: ›Es interessiert mich nicht, wie viele Persönlichkeiten diese Frau hat. Sie müssen sich alle an das Gesetz halten!‹«
    Charley Shore sah Zans unsteten Blick und wusste, dass er sie in diesem Moment weder beruhigen noch trösten konnte.
    Er entschied sich dafür, weder das eine noch das andere zu tun. Alles andere wäre eine Beleidigung gewesen.

64
    Gloria Evans, geborene Margaret Grissom, von ihrem sie abgöttisch liebenden Vater »Glory« genannt und unter dem Künstlernamen Brittany La Monte bekannt, konnte sich nicht gänzlich sicher sein, dass in achtundvierzig Stunden alles vorbei sein würde. Unzählige Male in diesen knapp zwei Jahren hatte sie sich in den schlaflosen Nächten, in denen ihr das Ausmaß ihres Verbrechens bewusst geworden war, leise vor sich hin geflüstert: »Hätte ich mich doch bloß nicht darauf eingelassen.«
    Was, wenn es nicht klappt?, dachte sie. Was, wenn sie mich finden? Dann verbringe ich den Rest meines Lebens im Gefängnis. Was sind schon sechshunderttausend Dollar? Die halten höchstens ein paar Jahre vor, wenn ich mich erst mal wieder irgendwo niedergelassen habe. Neue Fotos stehen an, ich muss Schauspielunterricht nehmen und mich um einen Agenten und einen PR-Berater kümmern. Er hat gesagt, er würde mich Leuten aus Hollywood vorstellen, und was hat das alles gebracht? Nichts.
    Und Matty? Er ist so ein netter Junge. Ich weiß, ich bringe mich in Teufels Küche, wenn ich mich zu sehr auf ihn einlasse, dachte sie, aber wie konnte man den Jungen nicht mögen?
    Ich liebe den Kleinen, dachte sie, während sie die Kleidung einpackte, die gleiche, die damals auch Zan Moreland getragen hatte. Mein Gott, ich bin gut, dachte sie mit einem verkniffenen Lächeln. Ich achte auf alle Details. Moreland ist ein bisschen größer als ich, deswegen hatte ich etwas höhere Absätze an den Sandalen, nur für den Fall, dass mich bei der Entführung jemand fotografieren sollte.
    Und da sie schon mal dabei war, dachte sie auch daran, was sie alles mit der Perücke angestellt hatte, damit ihre Haare, die Tönung, der gerade Schnitt, genauso aussahen wie bei Moreland. Sie hatte Schulterpolster in das Kleid genäht, weil Moreland breitere Schultern hatte als sie. Ich wette, die Polizei untersucht gerade die Fotos, und sie wird zu dem Ergebnis kommen, dass die Frau auf den Bildern niemand anders sein kann als Moreland. Auch mein Makeup war damals perfekt.
    Sie sah sich im Schlafzimmer um mit seinen kahlen weißen Wänden, den alten Eichenmöbeln und dem zerschlissenen Teppich. »Und was zum Teufel habe ich dafür bekommen?«, fragte sie sich laut. Zwei Jahre Herumziehen von einem Haus zum nächsten. Zwei Jahre, in denen ich Matty in den Schrank sperren musste, wenn ich zum Einkaufen oder gelegentlich ins Kino fuhr. Oder nach New York, um vorzutäuschen, dass Moreland sich hier oder dort aufgehalten hatte.
    Dieser Typ könnte auch in Fort Knox einbrechen, dachte sie sich, als ihr einfiel, wie er ihr eines Tages in der Penn Station eine gefälschte Kreditkarte in die Hand gedrückt hatte. Dazu hatte er Werbeanzeigen für heruntergesetzte Kleidungsstücke ausgeschnitten. »Diese Sachen sollst du kaufen«, sagte er. »Sie hat genau die gleichen Stücke.«
    Manchmal hatte er ihr auch Päckchen mit Kleidung zugeschickt, die Moreland gekauft hatte. »Falls wir mal so richtig in die Vollen gehen wollen.«
    Eines dieser Kostüme, das schwarze mit dem Pelzkragen, hatte sie am Montag getragen, als sie nach New York gefahren war. Er hatte sie angewiesen, bei Bergdorfs einzukaufen und mit Morelands Kreditkarte zu bezahlen. Sie wusste nicht genau, was er noch alles mit ihr vorhatte, aber als sie sich trafen, war nicht zu übersehen, wie verärgert er war. »Fahr einfach nach Middletown

Weitere Kostenlose Bücher