Ich folge deinem Schatten
viele Innendesigner herumgelaufen.«
Alvirah musterte dabei Zan, die dunklen Schatten unter ihren Augen und ihre alabasterweiße Haut; sie war schon immer schlank gewesen, mittlerweile aber hatte sie fast etwas Zerbrechliches an sich.
Zan griff zum Drink, den Willy ihr zubereitet hatte, schüttelte ihn leicht, sodass die Eiswürfel klirrten, und begann: »Es fällt mir unglaublich schwer, das zu sagen, weil es sich so undankbar anhört.«
Sie sah in ihre besorgten Mienen. »Ich weiß, was in euren Köpfen vorgeht«, sagte sie leise. »Ihr glaubt, ich mache jetzt reinen Tisch und erzähle euch, ja, ich habe mein Kind, mein eigen Fleisch und Blut, entführt und vielleicht sogar ermordet.
Aber das werde ich euch nicht sagen. Ich sage euch, dass ich nicht psychotisch bin, dass ich keine gespaltene Persönlichkeit habe. Ich weiß, wonach es aussieht, und ich mache euch keinen Vorwurf, dass ihr das alles zumindest in Ansätzen glaubt.«
Mit festerer Stimme fuhr sie fort: »Jemand anders hat Matthew entführt. Jemand, der sehr großen Wert darauf gelegt hat, genau so auszusehen wie ich. Ich habe vor kurzem über eine Frau gelesen, die ein Jahr im Gefängnis verbracht hat, weil zwei Freunde ihres Ex-Verlobten behauptet haben, sie hätte sie mit einer Waffe bedroht. Bis schließlich einer eingeknickt ist und zugegeben hat, dass alles gelogen war.«
Zan sah Alvirah tief in die Augen. »Alvirah, bei Matthews Leben, ich schwöre vor Gott, dass ich unschuldig bin. Du hast eine untrügliche kriminalistische Ader. Ich habe dein Buch gelesen. Du hast einige nicht ganz unwichtige Verbrechen aufgeklärt. Jetzt bitte ich dich, lass dir das alles, lass dir dieses fürchterliche Chaos noch einmal durch den Kopf gehen. Sag dir: ›Zan ist unschuldig. Alles, was sie mir erzählt hat, ist wahr. Wie kann ich ihre Unschuld beweisen, statt sie immer nur zu bedauern?‹ Wäre das zu viel verlangt?«
Alvirah und Willy sahen sich an. Sofort nach der Veröffentlichung der Fotos, die Zan zeigten – oder eine Frau, die ihr zum Verwechseln ähnlich sah –, hatten sie ihr Urteil gefällt: schuldig.
Ich habe nie in Betracht gezogen, dass sie nicht die Frau auf den Fotos sein könnte, dachte Alvirah. Vielleicht gibt es wirklich eine andere Erklärung für alles. »Zan«, begann sie zögerlich, »ich bin tief beschämt, und du hast recht. Ich habe eine kriminalistische Ader, und ich habe dich vorschnell abgeurteilt. Solange dir nichts nachgewiesen ist, musst du als unschuldig gelten, auf dieser Grundlage basiert unser Rechtssystem. Ich und viele andere haben das in diesem Fall vergessen. Also, wo soll ich mich nach möglichen Antworten umsehen?«
»Ich schwöre, dass Bartley Longe hinter dieser Sache steckt«, sagte Zan prompt. »Ich habe seine Avancen zurückgewiesen – was nie klug ist, wenn man für ihn arbeitet. Ich habe gekündigt und mein eigenes Büro eröffnet. Ich habe einige seiner Kunden für mich gewinnen können. Heute habe ich erfahren, dass ich den Auftrag für die Musterwohnungen im Carlton Place erhalten habe.«
Sie bemerkte Alvirahs und Willys überraschte Blicke. »Ist es zu glauben, dass Kevin Wilson, der Architekt, mir den Auftrag gibt, obwohl er weiß, dass ich ins Gefängnis muss? Jetzt bin ich auf Kaution frei, ich kann mit Josh an dem Auftrag arbeiten, aber Kevin hat uns angeheuert, in dem Wissen, dass Josh die Arbeiten möglicherweise allein ausführen muss.«
»Zan, ich weiß, was dir dieser Auftrag bedeutet«, sagte Alvirah. »Vor allem, da Bartley Longe dabei dein unmittelbarer Konkurrent war.«
»Ja, aber wenn er mich jetzt schon hasst, wie sehr wird er mich erst hassen, wenn er davon erfährt.«
Alvirah kam ein fürchterlicher Gedanke, etwas, was Zan vielleicht nicht in Betracht gezogen hatte. Wenn es stimmte und eine Frau sich wie sie verkleidet hatte, wenn diese Frau von Bartley Longe dafür angeheuert worden war, Matthew zu kidnappen, was mochte dann jetzt passieren? Und was würde Longe dem Kind antun, nachdem Zan ihm den prestigeträchtigen Auftrag weggeschnappt und ihn damit gedemütigt hatte? Wenn wirklich Longe dahintersteckte und Matthew noch am Leben war, wozu könnte Longe in seinem Wahn, Zan zu schaden, noch getrieben werden?
Bevor Alvirah etwas erwidern konnte, sagte Zan: »Ich habe mir bereits selbst intensiv Gedanken gemacht. Aus irgendeinem Grund hat Nina Aldrich der Polizei erzählt, wir wären in ihrer Wohnung am Beekman Place verabredet gewesen. Aber das stimmt nicht. Vielleicht hat die
Weitere Kostenlose Bücher