Ich geh jetzt in dein Karma rein
nicht, dass du noch jemanden eingeladen hast!«
Anke: »Conny, Annabelle, Maria-Magdalena und Rosa sind auch da. Sie warten im Wohnzimmer.«
Ich: »Ah. Und was wolltet ihr gerade machen?«
Anke: »Ein Angel-Reading.«
Anke führte mich ins Wohnzimmer, wo sich mir ein Bild bot, das stark an die legendäre Kommune von Rainer Langhans erinnerte. Drei Mädels in wallenden Gewändern thronten im Lotussitz auf bunten Sitzkissen. Der Raum war komplett renoviert und neu eingerichtet. Weg waren die Ahornschränke und die gemütliche Polsterecke. Stattdessen schmückten Engelstatuen, Engelbilder und weitere Sitzkissen das spärlich eingerichtete Zimmer, das nun eher eine Kapelle als ein Wohnraum war.
Anke: »Das ist Bianca, sie ist eine Kartenlegerin. Und das sind Annabelle, Rosa und Maria-Magdalena, drei liebe Kundinnen von mir. Wir werden heute unsere spirituellen Namen von den Engeln erhalten.«
Ich begrüßte Conny, die sich offensichtlich ebenso einer Typveränderung unterzogen hatte, bloß dass sie nicht schwarz, sondern weißblond geworden war. Es stellte sich heraus, dass Conny und Anke von heute auf morgen ihre sicheren Beamtenjobs bei der Stadt gekündigt und sich ganz und gar der »Lichtarbeit« verschrieben hatten. Sie waren nun hauptberuflich als spirituelle Lebensberaterinnen tätig und boten ihren Kunden gemeinschaftlich Selbstfindungs-Seminare an.
Dabei hatten die zwei eigentlich stets genug mit sich selbst zu tun und schienen sich noch immer nicht gefunden zu haben. Beide waren kurz nacheinander von ihren langjährigen Partnern verlassen worden, da die Männer nichts mehr mit ihren »Lichtarbeiterinnen« anzufangen wussten und ihnen, laut Connys Exfreund Peter, »der Esoterik-Trip ziemlich auf die Nerven ging«. Peter hatte sich bei mir darüber beklagt, dass Conny am Ende gar keine Zeit mehr für ihn hatte. Entweder telefonierte sie mit Kunden oder investierte ihr Geld in spirituelle Sitzungen bei Engelmedien beziehungsweise war am Wochenende mit Anke auf fragwürdigen Engelkongressen unterwegs.
Ich nahm auf einem blauen Kissen Platz und wartete gespannt auf die Dinge, die da kommen sollten.
Anke: »Nehmt nun die Hand eures Nachbarn, um den Lichtkreis herzustellen, und spürt die positive Schwingung, die langsam eure inneren Blockaden auflöst. Schließt für die Meditation eure Augen. Erdet euch und stellt eine Verbindung zur Quelle allen Seins her.«
Es war mucksmäuschenstill in dem Raum. Nur regelmäßige Atemgeräusche waren zu hören. Die Ruhe machte mich schläfrig. Ich blinzelte. Keine der vier Frauen hatte die Augen geöffnet, und sie verharrten absolut regungslos in ihrer Pose.
Anke: »Wir verbinden uns mit den Engeln, um von ihnen geführt und geleitet zu werden.«
Schnell schloss ich meine Augen wieder. Wie bizarr konnte das Ganze noch werden?
Anke: »Meine lieben Kinder, mein Name ist Erzengel Raphael, ich spreche zu euch, um euch hilfreich zur Seite zu stehen und euch in den Einklang mit der universellen Schöpfung zu bringen.«
Ich riss die Augen auf. Es war wirklich Anke, die sprach, nur klang ihre Stimme nun wie die eines Kindes und nicht wie die einer erwachsenen Frau. Sie saß kerzengerade im Schneidersitz, und ihre Gesichtszüge wirkten weicher als zuvor. Eine Gänsehaut kroch über meinen Körper. Diese gruselige Vorstellung befremdete mich. Ich fühlte mich wie auf einer spiritistischen Sitzung einer Sekte. Alles wirkte unrealistisch und völlig abgedreht.
Anke: »Hört, welche spirituellen Namen die euren sind. Anke ist dein weltlicher Name, doch wirst du in der geistigen Welt Saphira genannt. Conny ist in der Welt des Lichts als Chaya bekannt. Möchten auch die vier anderen Kinder ihre spirituellen Namen erfahren?«
Natürlich waren Ankes Kundinnen scharf darauf, durch den »Engel« ihre spirituellen Namen verkündet zu bekommen. Auch ich nickte solidarisch ab und ließ mir den Namen Shiva verlautbaren.
Ich beschloss bald darauf, mich mit einer Ausrede zu verabschieden. An jenem Nachmittag hatte ich vergeblich gehofft, Anke und Conny zu treffen. Stattdessen war ich Saphira und Chaya begegnet, und die beiden kannte ich nicht.
♈ ☿ Epilog ♊ ♋
Ende gut, alles gut
Ich hätte noch unzählige weitere Geschichten auf Lager, die ich Ihnen erzählen könnte. Geschichten über depressive Wellensittiche, über Ulf, die Reinkarnation von Elvis himself, und über lesbische Pornodarstellerinnen. Von Günter und Doris, die ich zufällig händchenhaltend beim Eis essen
Weitere Kostenlose Bücher