Ich geh jetzt in dein Karma rein
erwischt habe, oder von dubiosen Pendelschwingern, die man unter gar keinen Umständen auf Ratsuchende hätte loslassen dürfen.
Nun, alles muss einmal ein Ende haben. Und wie Ihnen sicher nicht entgangen ist, sind auch meine aktiven Kartenlegezeiten längst vorbei. Auch die Gründe für meinen Abschied von der spirituellen Lebensberatung habe ich bereits angedeutet.
Zum einen hatte ich mir schon längere Zeit darüber Gedanken gemacht, ob ich den Erwartungen der Kunden überhaupt noch gerecht werden und solche Gespräche verantworten konnte.
Der Trend ging immer weiter dahin, die berühmte »Pille gegen alles« von den Beratern zu verlangen. Einen Bibi-Blocksberg- Hexenspruch, der unmittelbar nach dem Anruf wirkte und das gesamte Leben des Anrufers in ein pinkes Schloss voll Zuckerwatte verzauberte.
Da das Leben aber nicht die ganze Zeit auf Schongang läuft, sondern uns gerne ab und an gut durchschleudert, konnte ich es trotz redlichen Bemühens meinerseits nicht in einen blumigen Spaziergang verwandeln.
Zum anderen war mir aufgefallen, wie wenig Zeit ich mit meinen Liebsten verbrachte, seitdem ich auf der Astro-Line die Karten legte und von mir erwartet wurde, mindestens vier bis sechs Stunden neben meiner regulären Arbeit erreichbar zu sein.
All das reichte dennoch lange Zeit nicht aus, um meinen Zweitjob an den Nagel zu hängen. Schließlich fühlte ich mich meiner langjährigen Stammkundschaft verpflichtet und hätte es mit meinem Gewissen nicht vereinbaren können, sie im Stich zu lassen.
Doch wie so oft greift irgendwann das Schicksal ein, um uns den überfälligen Tritt in den Allerwertesten zu geben. Und so geschah es auch bei mir.
Ich stand gerade auf der Leiter und putzte meine Fenster, als das Telefon klingelte. Auf dem Display blinkte eine unbekannte Nummer.
Ich: »Bianca Wagner?«
Anrufer: »Hallo Frau Wagner, Schmidt von Universum TV .«
Herrje, muss das jetzt wirklich sein?
Ich: »Hallo Herr Schmidt.«
Anrufer: »Ich habe sehr gute Neuigkeiten für Sie! Ihre Probeaufnahmen sind bombastisch geworden. Sie haben das Casting bestanden!«
Herr Schmidt erwartete wahrscheinlich nun von mir, dass ich in Jubelgeschrei ausbreche und vor Freude an die Decke springe.
Ich: »Ach!«
Ein intelligenterer Kommentar fiel mir spontan nicht ein. Herr Schmidt schien meine Emotionslosigkeit gar nicht zu registrieren.
Anrufer: »Herzlichen Glückwunsch, Frau Wagner, und willkommen in unserem Team. Es geht jetzt auch gleich ganz schnell los. Wir haben Sie in der nächsten Woche von Montag bis Freitag zur besten Sendezeit von 20 bis 22 Uhr an der Seite von unserem Star-Berater Andy eingeplant.«
Ich und Lord VoldeKarma mit seiner Karma-Kugel. I break together …
Ich: »Also …«
Anrufer: »Da sind Sie sprachlos, was? Habe ich alles extra für Sie, liebe Frau Wagner, möglich gemacht.«
Herr Schmidt war absolut begeistert von sich und seinem Einfall. Wie brachte ich ihm möglichst schonend bei, dass ich auf keinen Fall ins Fernsehen wollte, ohne dass er auf der Stelle einen Herzinfarkt bekam?
Ich: »Tja, ehrlich gesagt habe ich überhaupt nicht damit gerechnet, genommen zu werden.«
Anrufer: »Deswegen hat es wahrscheinlich auch so super geklappt.«
Ich: »Ich kann Ihnen die Termine für die nächste Woche nicht zusagen, Herr Schmidt. Ich habe noch einen Hauptjob bei dem ich nicht so einfach fehlen kann.«
Anrufer: »Verstehe, verstehe! Kein Problem, Frau Wagner. Wir finden bestimmt einen Ausweichtermin. Und davon mal abgesehen, bald werden Sie den anderen Job eh nicht mehr brauchen. So viel wie Sie dann bei uns verdienen, kann Ihnen garantiert kein anderer Arbeitgeber zahlen.«
Es half alles nichts. Ich musste Herrn Schmidt auf den Boden der Tatsachen herunterholen. Wahrscheinlich würde ich auf der Beliebtheitsskala schlagartig von plus 10 auf minus 130 fallen, aber das war jetzt egal. Also Augen zu und durch.
Ich: »Ich möchte meinen Job aber gar nicht kündigen. Und ich habe auch nicht vor, bei Universum TV Sendungen zu machen.«
Stille. Ich hielt die Luft an. Dann hörte ich einen Knall und darauf ein unterdrücktes Wimmern. Vermutlich hatte Herr Schmidt zu heftig mit der Faust auf seine Schreibtischplatte gehauen.
Anrufer: »Was glauben Sie eigentlich, wer Sie sind? Denken Sie, wir lassen Sie zum Spaß in unser Studio kommen und machen teure Probeaufnahmen mit Ihnen? Wen wollen Sie hier eigentlich verarschen?«
Ich: »Herr Schmidt …«
Anrufer: »Wenn Sie meinen, Sie können mich für
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