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Ich gestehe

Ich gestehe

Titel: Ich gestehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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den Willen, sich so schnell wie möglich zu trennen. Wir hatten einmal die Welt vergessen, hatten einfach alles vergessen, lebten nur noch für die Leidenschaft der Umarmung und der Verschmelzung von du und du. Und als wir erwachten, als ein Teil von uns – Gaston – erwachte in einem Augenblick, in dem er spürte, wie die Plötzlichkeit wahrer Liebe ihn ergriff – Brigit –, da träumte ich weiter, vergaß mich weiter, wollte weiterhin blind sein und trug mich mit dem Gedanken des Mordes, um aus diesen Träumen nicht zu erwachen.
    Wie dumm das war, wie kindisch, wie weltfern!
    Gaston sagte es mir, als er mich in Nizza besuchte, allein, an einem Nachmittag, an dem ich auf dem Sonnenbalkon des Sanatoriums lag und Kräfte sammelte für ein neues, klügeres Leben.
    Er setzte sich an mein Bett und nahm meine Hände, die fahl und schwach auf der weißen Decke lagen.
    »Es geht dir besser?« sagte er. Seine Stimme war wieder wie damals, als wir uns kennenlernten, auf der nächtlichen Straße, umgeben von den betrunkenen, jungen, grölenden Kollegen. »Dr. Frèsnes sagte es mir.«
    »Ein wenig.« Ich hörte meine Stimme wie die einer Fremden. Ich wollte nicht sprechen, ich hatte mir geschworen, mit Gaston nie mehr zu sprechen. Und nun sprach ich doch, und er war so fremd, dieser Klang meiner Stimme, daß ich selbst verwundert aufhörte. Gaston dachte, mich strenge das Sprechen noch an und legte die Hand auf meine kalte Stirn.
    »Fieber hast du jedenfalls nicht mehr.«
    »Nein. Es geht mir gut.«
    »Du wirst bald aufstehen können, Gisèle.«
    »Das wäre schön. Ich habe Lust, am Meer spazieren zu gehen. Ich glaube, das Meer könnte mir neue Kraft geben. Vielleicht mache ich eine Nachkur in Juan les Pins.« So dumm sprachen wir miteinander, so sinnlos sprachen wir um das Thema herum, das uns alle im Inneren beschäftigte. Gaston nickte.
    »Ich werde es Dr. Frèsnes sagen – vielleicht läßt er dich nach Juan fahren. Du könntest dann wieder in einem Zelt liegen, von der Sonne geschützt, aber den Wind des Meeres spüren.«
    »Ja, das könnte ich …«
    »Was willst du machen, wenn du wieder gesund bist?«
    Ich sah Gaston groß an. »Es interessiert dich noch?«
    »Ja. Wirst du Senlis heiraten?«
    »Nein. Senlis zu heiraten, daran habe ich nie gedacht.«
    »Ach so. Du wirst aber in Paris bleiben?«
    »Nein. Ich werde vielleicht in eine andere Stadt ziehen, wo ich ohne Erinnerungen leben kann. Mit einem Vergessen fing unser Leben an – mit einem großen Vergessen soll es auch enden. Ich will durch nichts mehr an dich erinnert werden.«
    »Waren wir nicht glücklich, Gisèle?«
    Ich hob die Hand. »Bitte – schweig davon, Gaston!«
    Er blickte zu Boden und zeichnete mit den Spitzen seiner Schuhe Muster auf den Boden der Terrasse. »Ich werde nun doch ab London nach New Orleans fliegen.«
    »Mit Brigit?«
    »Ja.«
    »Und ihr werdet heiraten?«
    »Ja.«
    »So plötzlich habt ihr euch entschlossen?«
    »Es ist die Liebe, Gisèle. Die wirkliche Liebe. Wir zwei haben immer geglaubt, uns zu lieben. Heute weiß ich, daß es etwas anderes gibt als das, was wir miteinander erlebt haben. Etwas, was außerhalb des Körperlichen liegt, was tief im Inneren sitzt, was wie ein gelöstes Geheimnis ist, einem Märchen gleich, wo ein Verzauberter von seinem Bann befreit wird. Das kommt plötzlich, urgewaltig, das ist ein neuer Schöpfungsakt der Natur.«
    »Bitte, bitte – schweig!« rief ich laut. Ich hielt mir die Ohren zu und wandte mich ab.
    Was Gaston mir sagte, wußte ich ja. Ich hatte es mir oft genug in den langen Abenden und Nächten vorgesagt, und ich war darüber hinweggekommen, weil ich in dieser schrecklichen Wahrheit wirklich den einzigen Trost sah. Aber es jetzt zu hören aus dem Mund des Mannes, der einmal mein Schicksal hatte werden sollen, aus einem Mund, der mich geküßt und liebkost und meinen Körper in heißen Nächten abgetastet hatte, das war zuviel für mich.
    Ich drehte mich um und zitterte am ganzen Körper.
    Gaston erhob sich.
    »Verzeih«, sagte er gepreßt. »Ich wollte dir nicht weh tun. Ich habe geglaubt, daß wir uns verstehen, daß wir so groß und vernünftig und vor allem mit einer solch inneren Größe begabt sind, um das alles besprechen zu können. Wir sollten unsere Seele erkennen und analysieren – nur so kommen wir zu der Erkenntnis, daß alles so wichtig ist, wie es geworden ist.«
    »Das weiß ich ja alles«, sagte ich gequält. »Und weil ich es weiß – darum geh jetzt … bitte

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