Ich glaub, ich lieb euch alle
endlich damit aufhört. Sie schmeckt, als hätte sie Benzin getrunken. Die Zigarette ist nicht bloß widerlich, sie könnte ihr sogar noch gefährlich werden. Wir gehen um ihr Haus rum und endlich sehe ich zum ersten Mal unser Liebesnest. Hinter dem » Schuppen« verbirgt sich Folgendes: eine Blechhütte, in der ihr Vater den Rasenmäher und allerlei Gerümpel aufbewahrt. Es ist dermaßen eisig hier, dass ich sogar meinen Atem sehen kann. Und ihr Atem stinkt so erbärmlich, dass man ihn wahrscheinlich selbst im August noch sehen könnte. Der Schuppen wird von einer einzelnen Weihnachtslichterkette beleuchtet. Wahrscheinlich soll das romantisch sein. Mein Herz rast wie blöd, als sie ihre Zigarette davonschnippt und die Stahltür mit einem dumpfen Knall zukrachen lässt.
Mann oh Mann. Ich versuche, einen möglichst entspannten Eindruck zu machen, während sie eine blaue Plastikplane ausbreitet. Doch mein bebender Körper verrät mich. Ich zittere, weil ich nervös bin, aber auch, weil mir arschkalt ist. Ich trage meine Mütze, doch so ganz ohne Körperbehaarung und ohne Kleidung könnte es echt verdammt frisch werden. Scheinbar fühlt Chopper keinen Schmerz, denn jetzt fängt sie echt an, sich auszuziehen. Im Schein der Weihnachtsbeleuchtung kann ich nur vage erkennen, wie sie mit ihrem T-Shirt kämpft. Ihre Brüste sind riesig, aber ihr BH ist eher grottig. So ein hautfarbenes Ding, wie meine Mom sie trägt. Denk jetzt bloß nicht an deine Mom, du Perversling!
Ich schätze, ihr T-Shirt hat sich in einem ihrer langen Ohrringe verhakt, denn sie scheint festzustecken. Vielleicht sollte ich ihr helfen. Sie stolpert irgendwie so durch den Schuppen, die Arme über dem Kopf und der BH für alle Welt sichtbar. Okay, das ist allerdings ziemlich witzig. Sie dreht sich in alle Richtungen, um zu sehen, wer sie da auslacht. Irgendwie erinnert sie mich an unseren Hundi. Wenn man ihm ein Tuch über den Kopf wirft, versucht er auch verzweifelt, da rauszukommen. Das bringt mich jetzt richtig zum Lachen, und das hört sie, verdammt!
» Lachst du etwa über mich, Freshman?«, lallt sie unter ihrem T-Shirt hervor.
» Nein, ich hab nur gerade an etwas anderes Witziges denken müssen«, lüge ich.
» Ich sollte dir den Hintern versohlen!«, brüllt sie.
Wie bitte? » Gehört das jetzt schon zu den Schweinereien, die man sich im Bett so zuflüstert, oder meinst du das ernst mit dem Versohlen?«, erkundige ich mich.
» Ach, du denkst wohl, du bist witzig, oder wie, Carver?«, lallt sie.
» Mein Name lautet Carter.« Ich lache. » Nicht Carver.« (Wär aber ein guter Spitzname für mich, mit den ganzen Schnitzern auf dem Kopf.)
Wenn ich nervös bin, dann lache ich. Ich kann nichts dagegen tun. Man erwartet von mir, dass ich jetzt Sex habe, doch stattdessen bibbere und kichere ich mir einen ab in einem Schuppen mit einem Mädchen, das man Chopper nennt und dessen Kopf in einem T-Shirt feststeckt.
» Ha-haaaa!«, gackere ich, völlig außer Kontrolle. Oh Mann, das läuft hier aber ganz und gar nicht gut.
Chopper gehört zu der aggressiven Sorte Betrunkener, denn ich glaub, sie hat eben versucht, mir eins zu verpassen. Sie ist total sauer, aber sie kann nichts sehen und jetzt stürmt sie auf mich los!
» Hey, hey, bleib cool, Chopper«, sage ich in dem verzweifelten Versuch, sie irgendwie zu beruhigen.
» WIE HAST DU MICH GERADE GENANNT… CHOPPER???!!!«, blafft sie mich an.
Nun gut, der Versuch ist nach hinten losgegangen. Manche Spitznamen sagen die Leute einem direkt ins Gesicht und andere verwendet man nur hinter dem Rücken der Betroffenen. Ich befürchte, Chopper gehört zu letzterer Kategorie und ist nur zum Gebrauch » hinter dem Rücken« gedacht, denn jetzt geht sie richtig auf mich los und brüllt: » Du verdammter Huren…« Sie ist schnell, aber ich mache gerade rechtzeitig einen Schritt zur Seite, um dem Chopper-Angriff auszuweichen, und– WUMMS!– sie rennt volle Kanne gegen die Stahltür, und zwar frontal mit dem Gesicht. Das T-Shirt scheint den Aufprall kein bisschen abgefedert zu haben. Ich hab fast den Eindruck, dass sie ohnmächtig ist, denn sie prallt von der Tür ab, dreht sich einmal langsam um die eigene Achse und landet dann im Rasentrimmer, wobei sie auf dem Weg dahin noch einen Rechen mitnimmt und umwirft. Das muss ganz schön wehgetan haben.
Chopper ist also schon in der ersten Runde k. o. geschlagen. Die Tür hat zwar den größten Schaden verursacht, aber dieser Rasentrimmer war auch nicht gerade
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