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Ich komme um zu schreiben

Ich komme um zu schreiben

Titel: Ich komme um zu schreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Dahl
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dann kehrte er wieder um, um seinen Schlagstock zu holen. Die vielen Puma- und Bärenangriffe in den letzten Jahren hatten ihn vorsichtig gemacht. Der Frühling war zwar erfahrungsgemäß gefährlicher als der Herbst, aber Vorsicht war schließlich die Mutter der Porzellankugel.
    Apropos: Vorsichtig war genau das, was er nicht gewesen war, als er Molly Jennings im Supermarkt über den Weg gelaufen war. Sie hatte dagestanden wie eine Horrorvision aus seinem allerpeinlichsten Albtraum. Mit schamverzerrtem Gesicht knallte er die Haustür hinter sich zu und rannte einfach drauflos, ohne einen Gedanken ans Aufwärmen zu verschwenden. Warm genug war ihm schließlich schon. Er war ja rot geworden wie ein verdammter Schuljunge! Noch einer von diesen blamablen Augenblicken mit Molly Jennings.
    Aber heute war er kein zweiundzwanzigjähriger Junge mehr. Und Molly war definitiv nicht mehr siebzehn. Sie hatte so frisch, natürlich und reif gewirkt, wie sie dagestanden hatte mit ihrem dunkelgoldenen Pferdeschwanz. Und wie ihr Bauchnabel zwischen dem engen hellblauen T-Shirt und denschäbigen Cargohosen hervorgelugt hatte …
    Gott, er liebte Cargohosen! Seiner zugegebenermaßen etwas ausgefallenen Meinung nach kamen Frauenärsche in keiner Verpackung besser zur Geltung. Zum Glück hatte er keine Möglichkeit gehabt, einen Blick auf Mollys Hintern zu werfen. Schließlich war der Rest von ihr schon fast zu viel für ihn gewesen.
    Ben zwang sich die steile Strecke am Ende der Straße hinauf und bog dann nach links in den zugewucherten Wanderweg ab. Zufälligerweise führte der Pfad den Berggrat entlang, der genau hinter Mollys Haus verlief. Aber das hier war nun mal Bens Lieblingsstrecke, und die würde er ganz sicher nicht aufgeben, nur um Molly aus dem Weg zu gehen. Und wenn er ganz aus Versehen einen Blick durch die Fenster warf, dann war das nur natürlich. Klar war er neugierig! Sie waren schließlich befreundet gewesen. Na ja, zumindest hatte er seine gesamte Jugend in Mollys Nähe verbracht. Und ja, er hatte sie als Teenager unglaublich süß gefunden, aber sie war nun mal auch die minderjährige kleine Schwester seines besten Freundes gewesen. Also verbotenes Terrain. Und jetzt war sie siebenundzwanzig … und immer noch verbotenes Terrain.
    Ben hatte sich nämlich geschworen, nie im Leben etwas mit einer Frau aus Tumble Creek anzufangen. Zu viel Gerede, zu viele Komplikationen. Wenn es etwas Schlimmeres gab, als ein Kleinstadtpaar zu sein, dann, ein Ex-Kleinstadtpaar zu sein. Die reinste Chaos-Garantie.
    Also hielt sich Ben an Frauen, die nicht aus der Stadt kamen. Und da im Winter der Großteil der Straßen geschlossen war, beschränkten sich seine Affären meist auf die wärmeren Jahreszeiten.
    Molly würde das ganze Jahr über hier sein. Na ja, oder auch nicht. Vielleicht wollte sie ja nur den Winter über bleiben! Vielleicht würde sie es ein paar Monate lang in Tumble Creekaushalten und dann wieder für zehn Jahre verschwinden.
    Das Jahrzehnt in Denver hatte ihr gutgetan. Sie war schlank, aber nicht mager, rund und fest an jeweils den genau richtigen Stellen. Und ihre funkelnden grünen Augen wirkten noch lebhafter als damals. Selbstbewusster, irgendwie … erfahren und weltoffen. Verlockend.
    Ben schüttelte diese gefährlichen Gedanken ab und folgte dem Pfad weiter nach oben bis zur Gabelung. Der eine Weg führte wieder zur Straße, der andere mündete nach einer Weile in einen Bergkamm, der einen atemberaubenden Blick auf das breite Tal westlich der Stadt bot. Die Sonne strahlte hell und warm, und die Luft war gerade frisch genug, um Bens Schweiß zu kühlen. Gegen das Gefühlschaos in seiner Brust wäre allerdings leider etwas mehr nötig gewesen als das.
    Tief atmete er den erdigen Duft der Espen ein und beschloss, den Weg zum Bergkamm einzuschlagen. Wenn er noch ein bisschen weiterlief, wurde er vielleicht die Erinnerungen an Molly los, die so beharrlich durch seine Gedanken geisterten.
    Er joggte gerade mitten durchs tiefe Dickicht, als sein Handy klingelte. „Lawson“, keuchte er in den Hörer.
    „Ben“, sagte seine Sekretärin, die er seit Schulzeiten kannte. „Hier ist Brenda. Bist du zu Hause?“
    „Nicht wirklich. Wieso?“
    „Oh, wir haben hier ein kleines Problem. Andrew ist rüber zu den Blackmounds, da ist Vieh durch ein Loch im Zaun getürmt. Und jetzt steht hier ein riesiger Umzugswagen, der die halbe Main Street blockiert und nicht weiterkommt. Das Auto von Jess Germaine steht im Weg, und er

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