Ich krieg die Krise! (German Edition)

Nationalität Karriere zu machen. Mit Ausnahme von Cem Özdemir, der aus Karrieregründen aber auch kurz eine Namensänderung zu »Klaus« überlegt haben soll.
    Der Ministerpräsident von Sachsen heißt Stanislaw Tillich, er ist in der CDU und neben Roland aus Hessen und Jürgen aus NRW klingt Stanislaw auch 20 Jahre nach Grenzöffnung noch irgendwie befremdlich. Und ob eine Svetlana oder eine Jekatarina Merkel überhaupt gewählt geworden wäre? Noch mehr Glück hat Frau Merkel, dass sie in Hamburg geboren und getauft wurde und dann erst mit den Eltern in die DDR zog. Dort geboren und getauft? Als »Mandi« Merkel wäre sie nicht unsere Kanzlerin geworden.
    Bei Philipp Rösler fragten sich viele: »Warum ist so einer nicht bei den Grünen?« So witzig! So klug. So sympathisch. Und dann auch noch, trotz Philipp, ganz überraschend aus Vietnam. Gegen so welche wie den Rösler haben die Amerikaner damals Krieg geführt? Unmöglich! Dann war das vielleicht doch nicht ganz richtig, was die Amerikaner damals gemacht haben? Was bedeutet das für heute? Vielleicht denken wir über den Afghanistan-Krieg auch anders, wenn erst mal in 20 Jahren Kabir und Masud aus Afghanistan in der FDP sind und Tariq vielleicht sogar Bundesverteidigungsminister ist?
    Philipp Rösler. Über den sagte meine Mutter neulich: »Was für ein netter Junge!« Ich habe entsetzt geantwortet: »Mama! Der ist aber in der FDP !« Darauf sagte sie: »Da kann das Kind doch nichts für!«
    Aber so unschuldig sind längst nicht alle. Viele in der Krise sind auch selber schuld! Die Deutsche Bahn! Die deutschen Banken! Opel!
    Heute gehen Traditionsmarken pleite. Seit Monaten versuche ich zu helfen. Ich kaufe alles, was am Pleitegehen ist. Nicht als Schnäppchenjagd. Nein! Nur um zu helfen. Märklin. Schiesser. Rosenthal. Als Kind hatte ich keine Modelleisenbahn, jetzt sind meine drei Zimmer voll. Ich trage nur noch Schiesser. Täglich. Und mir ist egal, dass Sie jetzt wissen, was ich drunter habe. Ich habe vier Services von Rosenthal. Nur aus Solidarität. Und die sehen auch noch scheiße aus! Dabei habe ich nicht mal Kinder, denen ich das vererben könnte!
    Viele Unternehmen sind natürlich, wie gesagt, selber schuld. Opel. Nur als Beispiel. Über den Namen wird eine Marke am Markt etabliert und verankert. Namen entscheiden über Erfolg und Misserfolg. Der Bankenkrise folgte sofort die Krise der Automobilindustrie und da sind noch mehr als anderswo die Namen der Schlüssel zum Erfolg. Die Emotionalität. Das Feeling! Und da hat niemand so versagt wie Opel! Wer ein Fahrzeug Zafira nennt, kann doch nicht ernsthaft erwarten, dass so etwas gekauft wird!! Opel Manta – das war noch ein Name für ein Fahrzeug. Manta, das suggerierte Eleganz, Schwerelosigkeit, perfektes Navigieren. Dazu das Design – die Form des Rochens. Der Niedergang von Opel liegt nicht in der Firmenpolitik, sondern in den bescheuerten Namen.
    Und das war mal anders. Opel Kadett! Den hatte ich selber, 1977, mit Fließheck. Ich hatte einen Ascona Kombi. Ascona, ein Ort am Lago Maggiore. Ascona klingt nach Sonne, Bergseen, lang gezogenen Kurven, fließenden Röcken, rotem Wein, gelben Blüten, betörenden Dekolletés. Ascona – das war Poesie und Fahrvergnügen.
    Opel Rekord! Rekord. Sportlichkeit. Erster sein. Opel Admiral. Opel Diplomat! Opel Senator. Ein Ausdruck von Reife und Autorität. Aber heute? Opel Signum! Was soll das bedeuten? Einer mit Unterschrift? Opel Omega. Omega!! Damit beendet der Grieche sein Alphabet. Oder: Opel Insignia. Das klingt doch schon katholisch! Da weiß ich gar nicht – darf ich den als Evangele überhaupt kaufen? Bei Abholung des Fahrzeugs ist man sicher automatisch Mitglied in der Piusbruderschaft. Oder Opel Agila. So könnte ein Fiat heißen, aber doch kein Opel. Nur bei Fiat heißt dieses Model Cinquecento! Allein der Klang dieses Namens – da will man drinsitzen! Und der Dichter in mir ruft: Cinquecento, der ist Kult! – Wer Opel fährt, ist selber schuld!
    Aber noch gibt es Opel. Anderes ist ganz verschwunden. Zum Beispiel der Quelle-Katalog. Und das ist dramatisch, denn eine Gesellschaft definiert sich über ihr kulturelles Erbe. Und das ist für Deutschland dieser Bogen von Thomas Mann bis zur Fußballnationalmannschaft, von Arminius bis Lothar Matthäus, von Albrecht Dürer bis Roy Black, von Walther von der Vogelweide bis Lena Meyer-Landrut, von Karl May bis Susanne Fröhlich, und von dieser Landkarte der Kultursymbole durch die deutschen