Ich krieg die Krise! (German Edition)
Trompeten
untergehst und dann Raketen
gezündet werden, das, mein Bester
is Silvester.
Helmut Schleich: Wie der Wolfgang seine Gesundheitskrise meisterte
Den Wolfgang werden Sie jetzt nicht kennen. Ich kenne ihn eigentlich auch nicht – also nicht mehr. Weil er sich dermaßen verändert hat in letzter Zeit.
Früher wenn man mit dem Wolfgang unterwegs war, das war Schwerstarbeit.
Vor allem für die Leber – wenn man mit ihm mithalten wollte.
Jetzt nicht nur trinktechnisch. Auch beim Essen hat der Wolfgang nichts ausgelassen. »Ein ausgiebiger Abend braucht ein gutes Fundament«, hat er immer gesagt und erst mal richtig reingehauen, bevor er zu den flüssigen Genüssen übergegangen ist.
So war das bei ihm, nicht jeden Tag, aber jeden Abend schon, also fast …
Katholisch wie er war, kannte er ohnehin weniger das schlechte Gewissen als vielmehr das Prinzip von Sünde, Beichte und Vergebung, wobei ihn da auch in erster Linie die Sünde interessierte.
Aber die Natur ist grausam zu ihren Kindern und so hat der Wolfgang bald Probleme gehabt.
Massive Probleme.
Eine Wampe, Hochdruck, Herz, Blutfett – den ganzen Fuhrpark rauf und runter.
Die Ärzte haben zu ihm gesagt: »Tun S’ was, Herr Wolfgang, oder Sie können am Hauptfriedhof schon amal reservieren.«
Da ist er dann sehr erschrocken, der Wolfgang.
Eine vorzeitige Dauermitgliedschaft am Hauptfriedhof, das wollte er auf keinen Fall!
Und irgendwie hat es bei ihm im Kopf dann auf einmal »klick« gemacht und er hat sich radikal umgestellt. Aber komplett!
Ich muss ehrlich sagen, ich kann den Wolfgang nur bewundern! Wie der das schafft! Das ist eine Willenskraft, die ist enorm … !
Der Wolfgang ist strenger Vegetarier geworden. Kein Fleisch mehr – nix.
Also jetzt nicht gar kein Fleisch, aber halt nicht des ganz fette … das lässt er weg … abends … Außer es ist was – oder es ist Wochenende oder es schmeckt ihm.
Aber sonst – keine Kompromisse. Gar nix!
Er sagt immer zu mir: »Entweder du bist hart zu dir oder du kannst es gleich vergessen!«, und so lebt er auch.
Vor allem beim Alkohol – … Aber wie!
Alkohol ist ein absolutes Tabu bei ihm … – in der Früh … In der Früh bloß Weißbier. Und ein Doornkaat. Aber da meistens Schorle, Doornkaat-Schorle. Oder vielleicht ein Schlehenfeuer – aber dann kasteit sich dieser Mensch von elf bis halb eins mittags und trinkt ausnahmslos Kaffee. Schwarzen Kaffee bis zu zwei Liter, damit der Jägermeister danach nicht gar so müd macht bis zum Fünf-Uhr-Pils.
Aber abends – radikal: nur Wein! Da ist er fast fanatisch. Unmengen von Wein aus riesigen Rotwein-Schwenkern. Und halt Schnaps …!
Das ist der neue Wolfgang.
»Du Gesundheitssapostel …!« – sag ich immer zu ihm, aber voller Ehrfurcht.
Weil ich es nicht könnte … ehrlich nicht!
Dagmar Schönleber: Karneval in Zeiten der Krise
Vor einiger Zeit wurde ich darum gebeten, einen Text zum Thema »Karneval in der Krise« zu schreiben. Entgegen vieler Vermutungen habe ich mich weder gesträubt noch gewunden, mir die Haare in Büscheln ausgerissen oder mich in ein kleines Kämmerlein eingeschlossen, versteckt unter einem Haufen Bügelwäsche, in der Hoffnung, dass mich niemand finden oder für ein verfärbtes Bettlaken halten möge – oh nein. Obwohl ich Ostwestfälin bin, habe ich mich dem Thema wacker gestellt, denn: Karneval in der Krise – das ist für mich ja kein Ausnahmefall. Ich komme aus Ostwestfalen, ich bin immer in der Krise, sobald ich in den Karneval gerate! I’m used to it, wie man bei uns sagt, ich muss überhaupt keine Angst vor diesem Thema haben, ich kann es quasi aus dem Hemdsärmel schütteln so wie Mario Barth neue, bahnbrechende Erkenntnisse über Männer und Frauen.
Aber sehen wir den Tatsachen ins Auge: Karneval stürzt meinen Völkerstamm in eine tiefe Unsicherheit. Mit so viel Fröhlichkeit kommen wir vom Naturell her gar nicht zurecht! Wir Ostwestfalen, wir werden einfach misstrauisch, wenn fremde, bunt angemalte Leute uns zu nahekommen, da können wir nichts gegen machen, das sind Urinstinkte! Wir wittern da sofort Krieg! Wir erzählen ja sonst noch nicht einmal unseren Müttern, wie es uns geht, zumindest nicht ausführlich, und da sollen wir plötzlich bützen? Zum Glück nimmt uns der Kölner unsere kühle Distanz ja nicht krumm – oder er kriegt’s nicht mit, man weiß es nicht.
Ehrlich, ich habe einmal versucht, Karneval mitzufeiern, bin zum Rosenmontagszug
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