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Ich lege Rosen auf mein Grab

Titel: Ich lege Rosen auf mein Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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Jossa irgendwie verschwinden lassen, seiner sicher zu erwartenden Tat zuvorkommen, in Notwehr handeln mußte. Mordpläne schmiedete er, über den Einsatz eines Profi-Killers aus den Staaten machte er sich ernsthaft-konkrete Gedanken, doch es war da eine deutliche Hemmung, den Freund und Genossen früher froher Tage so einfach abschlachten zu lassen.
    Was dann?
    Nächtelang grübelte er, versuchte vieles, zum Beispiel, ihm eine Stelle im fernen Indien zu verschaffen, als Pressemann beim sehr angesehenen Max Mueller-Bhagwan, oder einen Journalistenjob in Washington, doch Jossa wollte bleiben, biß nicht an.
    Bis dann seine Band im Knast gastierte, in der JVA in Brammermoor, und er unter den Zuhörern einen Mann entdeckte, der Jossa zum Verwechseln ähnlich sah: Martin Mugalle.
    Mittels einer Karte zum nächsten Open air-Concert und einer beim Anstaltsleiter persönlich vorgetragenen Bitte, Mugalle an diesem Abend – in Begleitung von ebenfalls freigehaltenen Beamten natürlich – Urlaub zu gewähren, war denn in Bälde alles eingefädelt gewesen.
    Kurz darauf dann auch die Frage von Manfred-Manitou an Jossa, ob er denn nicht mal mit einem Knastbericht aufwarten wolle…
    «Mugalle, hinten am Gemeinschaftsraum hat einer hingekotzt, hopp, hopp!»
    «Ja, ich komme!»
    Drei Monate waren vergangen, seit Jossa die letzte seiner Vermutungen zu Papier gebracht hatte, und er war mit Beginn des Herbstes Etagenkellner geworden, das heißt, ein Kalfaktor, zuständig für die Reinhaltung seiner B-Flügel-Etage. So wie ein junger Hund nach kurzer Zeit begreift, daß er auf ganz spezielle Laute seines Herrchens oder Frauchens, «Bello» etwa oder «Rex», ganz spontan zu reagieren, auf der Stelle hinzulaufen hatte, gleichviel, was immer war, so ging es Jossa jetzt, wenn er das meist mit einem dumpfen Kuhlaut begonnene «Mugalle» vernahm. Reflexartig ließ er alles stehen und liegen und hastete los. Sicherlich, noch reflektierte er, dies im Gegensatz zum Tier, noch ab und an sein Tun, doch fraglos immer seltener, wurde dösig, aber auch in einer schönen Weise wunschlos glücklich. Saß in einem Zug, der fuhr und fuhr, immer auf sicheren Schienen, und brauchte sich keine quälenden Gedanken mehr machen, wohin und wozu. Es war eben so, wie es war, und er konnte und wollte nichts ändern. Ja, er genoß diesen Zustand nicht nur, er dachte auch voller Angst an alle die, die nicht auf solchen festen Gleisen rollten, die allein in der Wildnis standen, sich rettungslos verirrt hatten, nur ihren Kompaß in der Hand. Oder, noch schrecklicher, an die Ärmsten, die irgendwie in den Hochhäusern hockten, in Büros, wie Hühner in den Legebatterien, und dauernd ihre Radarantennen kreisen lassen mußten, um nur alles mitzukriegen, was die andern, die Chefs vor allem von ihnen wollten, ohne es direkt zu sagen.
    Gott, was konnte er, Jossa/Mugalle, da glücklich sein in seiner kleinen Welt hier in Bad Brammermoor im Knast!
    Hatte es ihn anfangs beinahe in den Wahnsinn getrieben, dieses ewige Fragen «Wer hat mir dieses alles angetan und warum?», so sah er ein knappes halbes Jahr später alles nun gelassener, nahm er es mit Gleichmut hin, noch mehr als anderthalb Jahre in Bad Brammermoor sitzen zu müssen. Und öfter hörte man ihn einen alten Schlager trällern: «Glücklich ist, wer vergißt, was doch nicht zu ändern ist…» Gut, sehr gut, daß alles so gekommen war. Wäre er nicht mit Mugalle verwechselt und hier eingesperrt worden, Gott, was hätte da nicht alles an Schrecklichem mit ihm passieren können!? Klar, totgefahren hätten sie ihn oder irgendwo ermordet, in der Nordsee wäre er ertrunken oder an vergifteten spanischen Muscheln gestorben.
    Sein Glück war seine Zelle hier. In Schutzhaft hatte ihn das Schicksal genommen, rechtzeitig genug. Er lag nicht auf dem Friedhof, war nicht blind geworden, mußte nicht im Rollstuhl sitzen, hatte keinen Krebs bekommen; was wollte er mehr? Hatte zu essen, zu trinken und ein Dach überm Kopf. Nach seiner Entlassung hatte er, Mitte Dreißig, wie er war, noch vierzig Jahre seines Lebens vor sich, reichlich und allemal genug.
    Als Jossa oder als Mugalle?
    Er fragte sich oft, ob es sich denn nach seiner Entlassung überhaupt echt lohnen würde, den ganzen Kleinkrieg durchzustehen, mit x Bürokratien zu ringen, nur um wieder Jossa zu werden, jener kleine abgewrackte Journalist. War es denn nicht klüger, opportuner, einfach Mugalle zu bleiben und mit dessen Image, so angekratzt es war, eine

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