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Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)

Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)

Titel: Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Babak Rafati
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Verletzungen auch bei diesem Arzt wieder große Besorgnis aus. Ich hätte das Ergebnis ahnen können.
    Ich bekam die Diagnose Depression. Zum dritten Mal. Kannte ich schon. Lehnte ich ab. Ich war nicht krank. Ich war verletzt. Der kluge Psychologe aber wusste, dass mein Problem für eine ambulante Behandlung in seinen Räumen zu gewaltig sein würde, und zeigte mir mehrere Möglichkeiten auf, wie ich die Depression behandeln könnte. Er stellte mir einen Überweisungsschein für eine bestimmte Klinik aus, den ich beim Weggehen zerriss. Das genau hatte ich hinter mir und nie wieder würde ich freiwillig in eine Klinik gehen, mit Glastüren, die nur durch Pfleger und einen Summer zu öffnen sind. Ich ging nicht zur Klinik. Und auch nie wieder zu diesem Psychologen. Ich wollte all dem entgehen und dachte, ich könnte alles allein schaffen. Wie sehr ich mich und mein Leben in Gefahr bringen würde, erlebte ich auf der nächsten Station dieser Odyssee, die jetzt schon eine Woche währte.
    ■ ■ ■
    Es war gut, dass ich die Klinik verlassen hatte – und es war schlecht, dass ich jetzt völlig ungeschützt der Öffentlichkeit ausgesetzt war. Ich war nicht mehr abgeschirmt. Immer wieder hörten wir auch über die Nachbarn, dass fremde Leute, wahrscheinlich Journalisten, bei uns geklingelt und aus den Nachbargärten Fotos von unserem Haus gemacht hätten. Schon bald nach meiner Tat hatten wir aufgehört, die vielen Anfragen zu beantworten oder die unzähligen Mails, die uns jeden Tag überfluteten. Auf Anrufe mit Rufnummerunterdrückung oder einer unbekannten Nummer reagierten wir gar nicht und warteten, was die Ansage auf dem Anrufbeantworter über den Anrufer verraten würde. Bald antwortete ich auf nichts mehr, die Schwerkraft meiner Depression zog mich nach innen und machte alles, was draußen vorging, zu einer Belastung. Ich weiß nicht, wie viele Menschen ich durch dieses Schweigen verletzt habe, aber ich konnte damals einfach nicht mehr. Meine ganze Umgebung erinnerte mich an mein früheres Leben und war eine stete Mahnung, dass etwas gewaltig schiefgelaufen war. Wenn ich gedacht hatte, ich könnte jetzt ganz einfach in den alten Kokon meines Wohlfühllebens zurückschlüpfen und da weitermachen, wo ich aufgehört hatte, als wäre nichts passiert, dann war das ein großer, lebensbedrohlicher Irrtum.
    Als ich sechs Tage nach meiner Tat meine Wohnungstür aufschloss, kam der Zusammenbruch und ich war nicht in der Lage, den Fluss der Tränen aufzuhalten. Alles in meiner Wohnung war noch so, wie ich es verlassen hatte – aber es war das Gefühl, wie ein Archäologe in eine Art Pharaonengrab vorzudringen und das vergangene Leben eines Menschen zu erforschen, der vor Tausenden von Jahren gestorben war. Ich sah meine Ansichtskarten, die ich Rouja von den Auslandsreisen geschickt hatte, im Bad die über 40 Parfümflakons aus den Duty-free-Läden fast aller europäischen Flughäfen, von denen ich geflogen war, meinen Anzug für die Bank, der mir zu groß geworden schien für meinen ausgemergelten Körper. Meine ganze Erfolgsgeschichte vor meinem traumatischen Absturz spielte sich in Sekundenbruchteilen vor mir ab und jetzt kam ich zurück als Verlierer in eine fremd gewordene Wohnung. Die Fassungslosigkeit über das, was ich mir angetan hatte, raubte mir alle Kraft und wie in einer Art Ohnmacht sank ich auf der Couch zusammen und schlief einfach ein, es war alles zu viel gewesen. Als ich hochschreckte, hatte ich wieder die Illusion, ich sei nur in einer Art Tagtraum den Ereignissen ausgeliefert gewesen, alles sei gut und nichts sei geschehen. Aber ich war nur im Auge des Zyklons mit seiner trügerischen Windstille angekommen. Die Wirklichkeit holte mich schnell wieder ein und wenige Stunden später brach der Sturm erneut los.
    Ich hörte nicht auf, meine Mails zu lesen und die vielen SMS, die mir geschickt worden waren, ich durchforstete die Zeitungen nach Berichten über mich, schaute Sportnachrichten und merkte, dass sich da immer mehr über mir zusammenbraute. Die Spekulationen über die Motive meines Suizidversuchs hatten wie wild zu wuchern begonnen. Die Zeitungen überschlugen sich mit immer neuen Theorien. War ich erpresst worden oder Opfer eines Gewaltverbrechens geworden? Warum hatte die Spurensicherung das Hotel durchsucht? Ich las Schlagzeilen wie: »Drama um Schiedsrichter, Suizidversuch: Rafati lag blutend in Badewanne.« Nach dem Motto: Was war wirklich in der Badewanne in Hotelzimmer 445 geschehen?
    Jedes

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