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Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)

Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)

Titel: Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Babak Rafati
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Verzweiflungstat trieb. Sollte sich das durch die in nächster Zeit zu erwartende Aussage Rafatis bestätigen, müsste Theo Zwanziger so einiges erklären.« Nein das musste er nicht, denn bei seiner ursprünglichen Erklärung dürfte er von meinen, dem DFB nicht verborgen gebliebenen, Problemen mit Fandel gewusst haben. Und er hatte unmittelbar vorher Informationen von den drei Lebensrettern bekommen, denen der unmenschliche Umgang der Schiedsrichterkommission mit mir nicht entgangen sein durfte. Somit musste auch er sich diesen Druck erst einmal von der Seele reden.
    ■ ■ ■
    Einer der sehr wenigen meiner ehemaligen Kollegen, der auch in dieser Situation mal wieder ausreichend Rückgrat bewies, um offen zu widersprechen, war Carsten Kadach. In seiner 18-jährigen Karriere beim DFB stand der Suderburger bei 29 Champions-League-Partien, 27 DFB-Pokal-Spielen, neun WM-Qualifikationspartien und 194 Bundesligaspielen als Schiedsrichterassistent an der Linie. Außerdem nahm er an der EM-Endrunde 2008 in Österreich und der Schweiz teil. Kadach war ein Meister der Linie, mit seinen flinken Augen brachte er selbst Spieler wie Ronaldo zur Verzweiflung und jeder war scharf darauf, Kadach als Assistenten zu haben. Ich war als vierter Offizieller dabei, als Kadach seine internationale Karriere in einem Euro-League-Spiel in Belgrad aus Altersgründen beenden musste. Wir gehörten demselben Schiedsrichter-Landesverband an. Wir waren mehr als Sportsfreunde und er kannte alle Zusammenhänge im System Schiedsrichter. Kadach war auch langjähriger Weggefährte von Herbert Fandel, der über ihn sagte: »Carsten gehört als Assistent zur Weltspitze, es gibt nicht viele mit dieser Qualität.« Carsten Kadach wurde von uns allen wegen seiner Statur auch »Balu der Bär« genannt. Und – Kadach war, wie er selbst von sich sagte, ein Mann der klaren Worte.
    Es war also nicht irgendjemand, der da den Mund aufmachte. Am Spieltag 19.11.2011 hatte er die Drittligapartie zwischen Werder Bremen II und VfR Aalen (0:4) beobachtet, als er per SMS von den dramatischen Ereignissen in Köln erfuhr. In einem Zeitungsinterview sagte Kadach: »Ich war den Tränen nahe.« Vor allem sportliche Gründe wie die Relegation von der Liste der deutschen FIFA-Schiedsrichter hätten an Rafatis Nervenkostüm gezerrt, war Kadach überzeugt. »Ich weiß, dass er ein hochsensibler Mensch ist mit arabischem Blut. Er hat versucht, diese Dinge wegzulächeln und zu kaschieren. Ich bin aber der festen Überzeugung, dass die Streichung ihn innerlich tief erschüttert hat.«
    In einer SMS machte mich ein Schiedsrichter auf folgenden Kommentar aufmerksam, den ein anonymer, aber äußerst engagierter Schreiber unter dem vielsagenden Pseudonym »Mein Name ist Hase« mit vielen Ausrufezeichen zu Kadachs Aussagen gepostet hatte: »Wenn das stimmt, was jetzt die BILD-Zeitung erfahren haben will, bewegt sich Herr Kadach mit seinen Äußerungen aber auf ganz dünnem Eis!!! Ehrlich gesagt glaube ich der BILD (in diesem Fall) mehr als Herrn Kadach. Laut BILD liegen die Gründe des Suizid-Versuchs nicht im sportlichen, sondern ausschließlich im persönlichen Bereich. Herr Zwanziger, DANN entbinden Sie nach diesem Interview Herrn Kadach endlich von allen Ämtern im DFB bzw. in den Landes- und / oder Kreisverbänden – auf Lebenszeit!« Ich frage mich heute noch, wer dieser Schreiber »Mein Name ist Hase« war und wie nahe er der Schiedsrichterkommission stand.
    Diejenigen, die von Anfang an genau Bescheid hätten wissen können, welche Sorgen und Motive mich letztlich fast in den Tod getrieben hatten, waren Theo Zwanziger, die DFB-Oberen, die Schiedsrichterkommission – und fast alle meine Schiedsrichterkollegen. Ich führte insbesondere nach den Spielen Nürnberg – Mönchengladbach (15.01.2011), Hertha BSC Berlin – Fortuna Düsseldorf (23.01.2011), HSV – Mainz (06.03.2011), Bayern München – Mönchengladbach (07.08.2011) und Dortmund –Augsburg (01.10.2011) mehrmals Telefonate, die im Schnitt 60 bis 90 Minuten dauerten, mit hochrangigen weiteren Mitgliedern der Schiedsrichterkommission und äußerte mich sehr deutlich über Fandels und Krugs Umgangsweise mit meiner Person und meinen angegriffenen psychischen Zustand. Nicht nur ich suchte eine Aussprache – manchmal wurde ich unterwegs angerufen und musste mit dem Auto am Straßenrand stoppen, um mich nicht strafbar zu machen. Dort stand ich dann mit Warnblinkanlage und telefonierte über eine Stunde, während die

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