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Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)

Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)

Titel: Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Babak Rafati
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diesen Zustand gebracht hätte. Ich sei persönlich verletzt worden, verachtet und man habe mir alle grundlegenden Werte wie Respekt, Menschenwürde, Akzeptanz verweigert. Allein das hätte mich in diese Situation katapultiert. Aber depressiv krank, das habe nichts mit mir zu tun.
    Wieder sah ich nur diese sechs schweigenden Schatten vor einer weißen Wand. Ich spürte, hier würde ich keine Hilfe erwarten können. Und bald würde auch ich so herumlaufen wie der Robotermann und der Dämonenjäger auf dem Flur, eingesperrt meinem seelischen Tod entgegendämmernd. »Nein, ich will das nicht – bitte lasst mich doch endlich mal alle in Ruhe!«, wollte ich am liebsten laut schreien.
    Ich schaute Hilfe suchend in Roujas Richtung. Ich war einfach zu naiv. Das wurde mir schlagartig klar. Ich hatte mich geöffnet, weil ich Hilfe erwartet hatte. Und hatte durch die Abgründe, die sich in meinen Schilderungen auftaten, nur Entsetzen ausgelöst. Die schiere Masse an Problemen, die ich zu kartografieren hatte, das musste einfach auch einem nicht psychologisch ausgebildeten Menschen sofort klar sein, war nicht in einem Nachmittagsgespräch aufzulösen. Die Zerrüttung meines Ichs ging viel tiefer, als ich es mir damals jemals hätte ausmalen können. Und nachdem ich meine Leiden so lückenlos dargeboten hatte, hätte ich niemals erwarten dürfen, die Klinik noch am gleichen Tag verlassen zu dürfen.
    Ich blickte in die Gesichter der Weißkittel, in Roujas Gesicht und das meiner Schwiegermutter und mir wurde klar, was für einen Fehler ich durch meine Offenheit gemacht hatte. Meine Familie stimmte dem Ärztepersonal zu, mich in der Klinik zu behalten, was ich nicht glauben wollte. Ich widersprach. Ich flehte. Ich weinte. Ich drohte, was mein nächster Fehler war. Das Ärztetribunal teilte mir mit, dass ich vernünftig sein und freiwillig dem Aufenthalt zustimmen sollte. Andernfalls müsste ein Stadtbeamter angerufen werden, um die weitere Vorgehensweise abzustimmen. Bei fehlender Kooperation würde am Ende eine Vormundschaft bestellt. Nach dem Verlust der Freiheit drohte mir noch zusätzlich die vollständige Entmündigung. Es sei doch alles zu meinem eigenen Wohl, hörte ich und fing langsam an zu zweifeln, wer hier wirklich irre sei. Ich wollte nicht unter eine amtliche Betreuung fallen, denn ich wusste aus meinem Beruf als Bankkaufmann, was eine solche Entmündigung bedeuten würde. Ich wäre nicht mehr geschäftsfähig, keine Kontovollmacht, keine Kreditkarte, Führerscheinentzug, vertragsunfähig – der gesellschaftliche Status eines Kleinkindes. So tief war ich gefallen. Es wäre der nächste, der endgültige Tritt aus dieser Gesellschaft gewesen.
    Ich war völlig außer mir. Mir drohten Beruhigungsmittel und eine Zukunft als Roboter im »Zombieland«. Rouja musste mich erst ein paar Minuten beruhigen, dann bat sie das Tribunal darum, mit mir und ihrer Mutter unter sechs Augen sprechen zu dürfen. Kaum waren die Ärzte draußen, flehte ich sie unter unendlichen Tränen an, mir zu helfen, mich vor diesen Ärzten zu retten, denn ich wollte auf keinen Fall in dieser Klinik bleiben. Rouja sagte mir, dass sie sich nicht zutrauen würde, mich in meinem Zustand von einem erneuten Suizid abzuhalten. Sie hatte nach meinem versuchten Sprung aus dem Auto das Vertrauen in meine Urteilsfähigkeit über meinen Zustand verloren. Sie wollte mich nicht loswerden – sie wollte mich mithilfe der Ärzte vor mir schützen. Das musste ich akzeptieren. Ich sah ein, dass ich keine Chance hatte, ihr Vertrauen kurzfristig genug zurückzugewinnen.
    Wir teilten dem Ärzteteam mit, dass ich nur unter der Voraussetzung, dass Rouja bei mir bleiben dürfe, mit einer stationären Behandlung einverstanden sei. Das Tribunal lehnte ab. Sie hatten die Macht. Über allem schwebte die Drohung, mich zu entmündigen. Und gegen das Urteil von sechs Ärzten war ich machtlos. So wurde ich ein Ding, eine Sache, ein Aktenvorgang – beraubt jeder Freiheit zur Selbstbestimmung. In diese Ärzte hatte ich kein Vertrauen – aber ebenso hatte ich keine Alternative, die ich hätte wählen können. Auf dem Spielfeld blieben auf einen Pfiff von mir alle stehen. Ein Schiedsrichter leitet das Spiel, er hat die Macht zu strafen und er allein wacht über die Einhaltung der Regeln. In der Bank bewegte ich kleine Vermögen mit meinen Entscheidungen. Hier hatte ich auf einmal gar nichts mehr zu sagen und bekam Beruhigungstabletten.
    Ich hatte aufgegeben, wieder war es Rouja, die

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