Ich schenk dir was von Tiffany's
erwiderte Rachel kurz angebunden und nannte ihm die Adresse des Hotels.
Im Hotel ließ sie sich aufs Sofa fallen, und Garys Einkäufe verteilten sich um sie herum auf dem Boden. Sie war müde und niedergeschlagen. Obwohl sie nicht bezweifelte, dass Gary in guten Händen war, machte sie sich doch Sorgen.
Außerdem schienen die glitzernden Lichter in den Straßen, die durchs Fenster hereinschimmerten, sie zu verspotten. Rachel konnte nur an den armen Kerl denken, der im Krankenhaus lag.
Sollte sie seine Mutter benachrichtigen? Sie kannte Mrs. Knowles überhaupt nicht, aber Gary hatte ihre Nummer bestimmt in seinem Handy. Rachel biss sich auf die Lippe. Vielleicht war es besser, bis morgen zu warten, bis sie mehr von den Ärzten erfahren hatte. Wenn sie Mrs. Knowles jetzt einfach so anrief, würde sie der armen Frau ebenfalls das Weihnachtsfest verderben, und das wollte sie nicht.
Rachel stand vom Sofa auf und schenkte sich ein Glas Wein ein. Dann zog sie ihr rotes Kleid aus, warf es aufs Bett und schlüpfte in den flauschigen Hotelbademantel – statt in das süße neue Negligé, das ordentlich zusammengefaltet auf Garys Kopfkissen lag.
Plötzlich fiel ihr die Plastiktüte mit Garys Kleidern wieder ein. Es war vielleicht komisch, aber es gefiel ihr überhaupt nicht, dass seine Sachen so in einer Tüte auf dem Fußboden lagen. Das war ja fast, als wäre er gestorben. Nein, sie wollte alles aufräumen und dafür sorgen, dass seine Kleider frischgewaschen auf ihn warteten, wenn er zurückkam.
Rachel hob die Tragetasche aus der Klinik auf und ließ sich damit auf dem Bett nieder. Stück für Stück zog sie die Sachen heraus. Garys Brieftasche legte sie auf den Schreibtisch. Das Jackett war schmutzig und hatte Blutflecken von seiner Kopfwunde, genauso wie seine Jeans; die Klamotten mussten also in die Wäsche. Rachel durchsuchte die Taschen nach Quittungen und anderen Dingen, die einen Waschgang nicht überstehen würden. Aus einer Jeanstasche zog sie ein Blatt Papier hervor, offensichtlich Garys Liste für seine Weihnachtseinkäufe.
Typisch Gary, dachte Rachel mit einem Blick auf den Zettel und lächelte. Es gab eine Spalte für die Namen und eine für die Geschäfte, in denen er anscheinend die Geschenke für die betreffenden Personen gekauft hatte oder hatte kaufen wollen. Hmmm … wo hatte er wohl ihr Weihnachtsgeschenk besorgt? Wenn es um seine Familie ging, wich Gary ihren Fragen immer aus. Am liebsten hätte sie jetzt mehr über die Beziehungen zu seinen Verwandten erfahren, indem sie nachschaute, wo er die Geschenke für sie gekauft hatte. Doch plötzlich wurde ihr bewusst, dass sie ihn ausspionierte, und sie legte die Liste ungelesen neben sich auf den Nachttisch. Dann schaltete sie den Fernseher ein, knipste die Nachttischlampe aus und griff nach ihrem Weinglas. Diesmal nahm sie einen ordentlichen Schluck, statt nur daran zu nippen.
Unwillkürlich wanderte ihr Blick wieder zu der Liste auf dem Nachttisch. Sie war furchtbar neugierig, was Gary wohl für sie vorgesehen hatte. Ach, was soll’s, dachte sie und griff wieder nach dem Blatt Papier. Schließlich hatte Gary ja nur die Läden aufgeschrieben, nicht die Geschenke. Da konnte ein weiterer Blick auf die Liste doch wohl nicht schaden, oder?
Und schon hatte sie den Zettel wieder in der Hand und auch die Nachttischlampe wieder angeknipst, um besser lesen zu können. Auf den ersten Blick fand sie ihren Namen nicht, und auch als sie das Blatt genauer studierte, konnte sie ihn nicht entdecken. Mit einem Stirnrunzeln legte sie die Liste zur Seite.
Dann ging ihr ein Licht auf. Wie konnte sie nur so blöd sein? Natürlich stand ihr Name nicht auf der Liste. Bestimmt hatte Gary genau im Kopf gehabt, wo er ihr Weihnachtsgeschenk besorgen wollte, weshalb hätte er es da noch aufschreiben sollen?
Erleichtert schenkte Rachel sich ein zweites Glas Wein ein, und diesmal fiel die Portion etwas großzügiger aus als beim ersten. Aber sie fand es in Ordnung, sich mit Wein zu trösten, schließlich war sie in der Weihnachtsnacht allein in einem Hotel in New York und machte sich Sorgen.
Sie schlüpfte unter die Bettdecke und ließ die Geschenke für Gary eins nach dem anderen neben dem Bett auf den Boden gleiten. Zuerst das Negligé, als Nächstes den schweren Karton mit der ledernen Motorradhose und schließlich die handgearbeitete Brieftasche mit seinen Initialen. Dann wanderten ihre Gedanken zu der Frage zurück, was Gary wohl für sie gekauft hatte.
Sie
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