Ich schenk dir was von Tiffany's
betrachtete den Haufen Einkaufstüten, der fast in ihrer Reichweite lag. In einer davon befand sich ihr Geschenk. Rachel wusste, dass er es gestern noch gekauft hatte, denn zu ihrer Schande musste sie gestehen, dass sie das Zimmer und seinen leeren Koffer bereits durchsucht hatte. Sie hatte gehofft, irgendeinen Hinweis darauf zu finden, was sie von ihm erwarten konnte. Das war albern, und sie war deswegen sauer auf sich selbst, aber sie hatte einfach nicht anders gekonnt.
«Nein, ich gucke nicht nach», sagte sie laut, griff nach der Fernbedienung und zappte durch die Kanäle.
Cinemax, MoreMax, Pay-per-View
… einige der Show-Titel sahen recht interessant aus. «Huch, wer guckt denn in der Weihnachtsnacht Pornos?», fragte Rachel sich. Doch es war bloß eine rhetorische Frage, und sie suchte weiter, bis sie auf
Ist das Leben nicht schön?
stieß, noch rechtzeitig, um sich die zweite Hälfte des alten Weihnachtsklassikers anzusehen.
Perfekt.
Als George die Glocken läuten hörte und wieder an den Sinn seines Lebens glaubte, hielt Rachel die leere Weinflasche in der einen und Garys Liste in der anderen Hand. Die Tränen liefen ihr übers Gesicht – wie jedes Mal, wenn sie diesen Film sah. Ohne nachzudenken sprang sie aus dem Bett, ging zur Couch und fing an, die Geschenke mit den Namen und Geschäften auf der Liste abzugleichen.
Sobald sie ein Päckchen zugeordnet hatte, legte sie es neben sich. Als sie ans Ende der Liste gelangte, lag nur noch eine Tüte von Bergdorf Goodman auf dem Sofa. Sie enthielt Männerkleidung und ein paar teuer aussehende Manschettenknöpfe – vielleicht für Garys Bruder? Darunter fand Rachel eine auffällig kleine Tragetasche in einem wunderbaren, wohlbekannten Blauton.
«Ist ja nicht zu fassen … von Tiffany’s!», rief sie laut. Mit klopfendem Herzen überprüfte sie noch einmal die Liste und drehte und wendete den Zettel mehrmals. Nichts.
Konnte das für sie sein? Hatte Gary ihr wirklich bei Tiffany’s ein Geschenk gekauft?
Offensichtlich!
Rachels Augen funkelten noch heller als die Festbeleuchtung draußen. Sie schaute auf ihre Armbanduhr und schluckte.
Inzwischen war doch längst offiziell Weihnachten, oder? Mit angehaltenem Atem lugte sie in die kleine Tragetasche.
Und entdeckte darin die weltberühmte blaue Schachtel.
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Kapitel 4
Ethan konnte nicht mehr schlafen. Als es hell wurde, stand er auf und trat ans Fenster. In der Nacht war Schnee gefallen, und nun stieg die Sonne über dem Central Park und den Gebäuden ringsum auf. Seit Daisy alt genug war, um sich auf Geschenke zu freuen, war es das erste Mal, dass Ethan am Weihnachtsmorgen schon vor seiner Tochter auf den Beinen war. Es war ein Weihnachtstag wie im Bilderbuch, auch wenn er gähnte, weil er sich die ganze Nacht unruhig herumgewälzt hatte. Dank der Zimmerausstattung des Plaza nippte er an einem frischgebrühten Kaffee.
Der Kaffeeduft entführte Ethan in vergangene Zeiten, und mit einem Lächeln erinnerte er sich an Daisys Mutter. Jane war von seinem Kaffeedurst nicht gerade begeistert gewesen und hatte darauf bestanden, dass er wenigstens Biokaffee trank, wenn er schon nicht ganz darauf verzichten konnte. Dafür hatte sie aber auch die Mahlzeiten für Daisy immer selbst zubereitet, selbstverständlich ausschließlich aus Biozutaten. Jane war eine hervorragende Mutter gewesen, und ihr war es zu verdanken, dass er jetzt eine so gesunde, glückliche Tochter hatte.
Glücklich? Bei diesem Wort gerieten seine Gedanken ins Stocken. Klar, im Allgemeinen war Daisy ein fröhliches Kind. Trotzdem hatte er den Eindruck, dass ihr manches fehlte, dass er ihr vieles nicht geben konnte. Ethan fuhr sich mit der Hand durch das dichte braune Haar. Er spürte, wie ihm die Augen zufielen, als er an die drei Jahre dachte, die er jetzt schon allein war, an die vielen Abende, an denen er Daisy im Arm gehalten hatte, bis sie einschlafen konnte. Im Halbschlaf hatte sie oft noch gemurmelt, dass sie ihre Mummy so vermisste. Und auch wenn diese Abende im Laufe der Zeit seltener geworden waren, wünschte Ethan sich nichts sehnlicher, als wieder in einer vollständigen Familie zu leben.
Für Daisy wäre es jedenfalls das Beste. Und abgesehen davon liebte er Vanessa wirklich. Ja, anfangs war er zurückhaltend gewesen, aber im Laufe des letzten Jahres waren sie sich sehr nah gekommen, und jetzt war er sicher, dass sie die Richtige war, um die Familie wieder komplett zu machen.
Er hatte Vanessa auf der
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