Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich sehe dein Geheimnis

Ich sehe dein Geheimnis

Titel: Ich sehe dein Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrington
Vom Netzwerk:
eurem Haus vorbeigefahren und über einen Riss im Fußweg gestürzt. Perry hat mir mit meinem Wehwehchen geholfen.« Sie zeigte auf einen winzigen Kratzer am Knie.
    »So ist mein Bruder«, sagte ich. »Er rettet die Welt, das heißt ein Mädchen nach dem anderen.«
    Statt einer Retourkutsche grinste Perry nur. »Im Wohnzimmer wartet ein Kunde.«
    »Warum hast du das nicht gleich gesagt?«, fragte Mom.
    »Er hat nur Clare gebucht.« Und wieder grinste er verdächtig.
    »Oh«, sagte Mom. »Nun, ich gehe jetzt duschen und probiere mein neues Shampoo aus.«
    Mom ging nach oben. Ich blieb kurz vor der Tür zum Wohnzimmer stehen. Dass nur einer von uns gebucht wurde, war nicht so selten. Manchmal kamen Stammkunden mit einem besonderen Anliegen und brauchten nur mich oder Perry. Ich klopfte sanft an und öffnete lächelnd die Tür, um meinen Kunden zu begrüßen. Doch das Lächeln verfinsterte sich sofort und statt einer freundlichen Begrüßung rutschte mir heraus: »Hallo, du Vollidiot.«

Fünf
    Ich hatte nie erwartet, mich mit sechzehn zu verlieben. Ich hatte immer damit gerechnet, meinen ersten Kuss frühestens auf dem College zu bekommen, wo mich niemand kannte. Und ich hatte mich gar nicht erst damit aufgehalten, in die wenigen süßen Jungs an meiner Schule verliebt zu sein – weil ich wusste, dass ich für sie nicht infrage kam.
    Nicht, weil ich hässlich war. Das sah ich an der Art, wie mir die Jungs Blicke zuwarfen, wenn die Mädchen nicht hinsahen: Es waren verstohlene Blicke über die Schulter, während sie so taten, als suchten sie etwas in ihren Taschen. Aber keiner von ihnen hatte den Mut, sich der vorherrschenden Meinung entgegenzustellen und sich mit mir, dem Freak, zu verabreden.
    Außer Justin. Er machte sich sein eigenes Bild von mir und übernahm nicht einfach das der anderen. Ihm war egal, was andere dachten oder sagten und es machte ihm nichts aus, dass ich anders war. Er gestand mir später sogar, dass ihn diese Tatsache anfangs sogar angezogen hatte.
    Letzten Sommer kam er unangemeldet bei uns vorbei und behauptete, sich für die Sache mit der »Übernatürlichkeit« zu interessieren. In Wahrheit interessierte er sich für mich. Er hatte mich in der Schule gesehen und das Gerede über mich gehört, und statt deswegen auszuflippen, fand er es cool. Wir begannen, miteinander auszugehen, und als der Sommer zu Ende war, hatte er mich völlig verzaubert. Dinge, die ich zuvor schon unzählige Male erlebt hatte – ein Strandspaziergang, ein Besuch im Yummy’s oder im Kino – machten mit ihm viel mehr Spaß. Und doch machte ich mir Sorgen, wie es in der Schule werden würde. Genau dort zeigte sich aber, wie mutig Justin war. Er wehrte sich gegen jeden, der uns verspottete, und stand zu mir, obwohl es ihn seine eigene Beliebtheit hätte kosten können.
    Das Gegenteil war der Fall. Die Jungen respektierten ihn, vielleicht weil er etwas tat, was sie sich selbst nicht trauten. Und die Mädchen ließen mich eine Weile lang in Ruhe. Versteht mich nicht falsch: Ich wurde nicht auf Partys eingeladen oder so was. Aber ich wurde auch nicht mehr jeden Tag gequält. Es war die schönste Zeit meines Lebens.
    Und dann war sie mit einem Schlag vorbei.
    Und jetzt lehnte Justin hier einfach entspannt an der Wand. Er war groß, sehnig und athletisch. Normalerweise war er absolut lässig gekleidet und bändigte sein wildes blondes Haar mit einer locker auf die Stirn geschobenen Sonnenbrille. Heute waren seine Haare sauber geschnitten und er trug statt Surfershorts und T-Shirt ein gestreiftes Hemd und Khakihosen. Sein Vater, der Bürgermeister von Eastport, kämpfte gerade um seine Wiederwahl. Seit dem Beginn des Wahlkampfs vor einem Monat half Justin ihm und begleitete ihn zu Veranstaltungen. Ich hatte gehört, dass er den Sommer über im Rathaus für seinen Vater arbeitete, was auch die schicke Kleidung erklärte. Es ärgerte mich, dass dieser neue Stil ihm auch noch gut stand. Er sah sogar noch besser als sonst aus, dieser Idiot.
    »Ich habe gehört, du und Tiffany hattet meinetwegen im Yummy’s Zickenkrieg«, verkündete Justin mit einem derart selbstsicheren Grinsen, dass ich sofort wütend wurde.
    Ich knallte die Tür hinter mir zu. »Erstens habe ich ihr eine Cola über den Kopf geschüttet. Und das war’s auch schon.«
    »Mist, Zickenkrieg klang viel besser. Ich dachte an zerrissene T-Shirts, nackte Haut …«
    Ich verdrehte die Augen. »Und zweitens ging es nicht um dich, du Egomane. Du kannst von mir aus mit

Weitere Kostenlose Bücher