Ich, Tochter eines Yakuza (German Edition)
Sorgen darüber gemacht, wie die Yakuza reagieren würde, wenn das Buch in Japan herauskommt. Aber da ich nur von meinen eigenen Erfahrungen erzählt habe und mich bemüht habe, niemanden zu belasten, der in meiner Geschichte vorkommt, gab es keine negativen Rückmeldungen. Im Gegenteil, die meisten Leser aus dem Bereich der Yakuza reagierten sogar positiv auf meine ehrliche Schilderung des Yakuza-Lebens.
Eine der Fragen, die mir ausländische Leser und Journalisten am häufigsten gestellt haben, ist: »Was genau ist eigentlich die Yakuza?« Die einfachste Erklärung ist, dass sie das japanische Äquivalent der Mafia ist, aber vielleicht ist das auch zu einfach.
Die wörtliche Bedeutung von »Yakuza« ist »verwurzelt in einem Gebiet, sich um ein Gebiet kümmern«. Ein gutes Beispiel dafür, was das bedeuten kann, ist das Kobe-Erdbeben von 1995. Damals kam die erste Hilfe von der Yakuza, nicht von der Regierung, obwohl natürlich nichts davon in den Medien berichtet wurde.
In diesem Buch geht es jedoch nicht nur um die Yakuza. Vielmehr wird die Geschichte meines Lebens erzählt und Sie werden auf universelle Themen treffen, die jeden betreffen und mit denen sich jeder identifizieren kann, unabhängig vom persönlichen Lebensweg oder der Nationalität: Schikane und Mobbing in der Schule, Jugendkriminalität, Drogen, Gefängnis, Liebe, Gewalt, Ehe, Schulden, Essstörungen, Selbstmordversuch, Krankheit und Tod. Ganz gleich, wie glücklich und perfekt unser Leben auch von außen wirken mag, wir haben alle unsere Probleme.
Ich glaube, dass viele Leser vor diesem Buch wenig über die Welt der Yakuza wussten, sie können sich aber dennoch mit den Schicksalsschlägen identifizieren, die ich erlitten habe.
Die Bilder meines tätowierten Rückens auf den Bucheinbänden wurden viel kommentiert und in den letzten Jahren musste ich Fragen von Journalisten aus aller Welt dazu beantworten. Ich war erstaunt darüber, dass sowohl die Leser als auch die Journalisten aus dem Ausland meiner Tätowierung gegenüber wenig Vorurteile oder Ablehnung gezeigt haben. In Japan ist diese Art der Ganzkörpertätowierung, wie ich sie habe, wegen der damit ausgedrückten Verbindung zur Yakuza verpönt. Wie Sie noch erfahren werden, war es für mich etwas sehr Positives, mein Tattoo zu bekommen. Es hat mir Kraft geschenkt, mich stark gemacht und mir geholfen, aus den selbstzerstörerischen Verhaltensmustern auszubrechen, in denen ich gefangen war.
Als ich mich für das Ganzkörpertattoo entschied, war mir natürlich bewusst, dass ich damit meine Möglichkeiten im Leben begrenzte, aber gleichzeitig spürte ich, dass ich zum ersten Mal wirklich ehrlich zu dem stand, was ich bin und wo ich herkam. Mein Vater war ein Yakuza-Boss – das ist eine unumstößliche Tatsache. Ohne jegliche nostalgische Verklärung blicke ich auf meine Yakuza-Kindheit zurück und bin mir dabei sehr wohl darüber im Klaren, was für schreckliche Dinge die Yakuza tut. Andererseits habe ich meinen Vater wirklich geliebt und will ihn nicht dafür verurteilen, dass er sich für dieses Leben entschieden hat. Eine der frühesten Erinnerungen an meinen Vater gilt der wunderschönen Tätowierung auf seinem Rücken – ein Bild der Jibo Kannon 2
› Hinweis
, der buddhistischen Göttin der Barmherzigkeit – und den tätowierten jungen Männern seines Clans, die immer bei uns zu Hause waren. Meine Entscheidung für eine Tätowierung war für mich in etwa so, wie mein Erbgut zu akzeptieren – das hat mir viel Trost und Stärke gegeben. Das Tattoo war so ähnlich, wie dieses Buch zu schreiben: Beides musste ich tun, um meinen Platz in der Welt zu finden.
Jibo Kannon: Kannon, die buddhistische Gottheit der Barmherzigkeit in ihrer Ausprägung als liebende Mutter.
Meine Leserschaft reicht vom Alter her vom Schüler bis zum Achtzigjährigen. Ich habe Fanbriefe von den CEOs riesiger Konzerne bekommen und herzzerreißende E-Mails von jungen Mädchen, die in der Prostitution gefangen sind und nach einem Ausweg suchen. Ich habe auch überraschend viele Briefe von Mördern erhalten, die im Gefängnis ihre Strafe absitzen. Oft habe ich mich dann gefragt, warum sie alle ein so großes Gefühl von Nähe zu mir zu empfinden schienen.
Als ich anfing, einigen dieser Gefangenen zu schreiben, erkannte ich, dass es nicht nur das übliche Phänomen war, dass Menschen glauben, alles von einem zu wissen und einen zu kennen, nur weil sie das Buch gelesen haben. Fast ausnahmslos hatten diese
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