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Ich und du Muellers Kuh

Ich und du Muellers Kuh

Titel: Ich und du Muellers Kuh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amei-Angelika Mueller
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irregeleitetes, damit du es genau weißt! Du denkst, Pfarrfamilien müßten kinderreich sein, das wäre christlich und gehörte sich so. Deshalb reagierst du empfindlich wie eine Mimose und fühlst dich dauernd angegriffen! Es wäre gut, du würdest dich endlich lösen von diesen veralteten Leitbildern!«
    So sprach er und setzte dabei sein überheblichstes Lächeln auf. Ich konnte nicht anders, mußte laut und zornig protestieren gegen diese Verdächtigung, obwohl mir klar war, daß er recht hatte.

    Meine Großeltern väter- und mütterlicherseits taten ihr Bestes, das Land mit Pfarrerskindern zu bevölkern, und meine Eltern standen ihnen in diesen Bemühungen nicht nach.
    »Du glückliches Kind!« riefen die Leute, »ist es nicht herrlich, in einem so großen Geschwisterkreis aufzuwachsen?«
    Nein, überhaupt nicht; dachte ich, lächelte aber so glücklich wie möglich, um niemanden vor den Kopf zu stoßen. Für seine Geschwister mußte man dankbar sein, auch wenn man nicht den geringsten Drang dazu verspürte, das wußte ich wohl. Ich war ihnen ja auch von Herzen zugetan, fand aber immer, daß sie die Eltern ungebührlich viel in Anspruch nahmen. Kam ich, um meine mannigfachen Kümmernisse vor den elterlichen Ohren auszubreiten, dann fand ich diese bereits besetzt. Auch mußte ich meiner Mutter insgeheim vorwerfen, daß sie ihre Liebe nicht gleichmäßig und gerecht verteilte. Daß sie dem Stefan länger zuhörte, die kleine Gitti inniger küßte, Christoph freundlicher anlächelte, schmerzlicher um Beate besorgt war, bitterlicher mit Michael weinte, als sie das bei mir je getan hatte, und daß sie gar nicht bemerkte, wie ich dahinwelkte, weil kein Mensch mich liebte. Dauernd war einer von uns krank, und in mein Nachtgebet mußte ich so viele Familienglieder einschließen, daß ich fast nicht mehr zum Schlafen kam. Also hegte ich kein großes Verlangen danach, in den christlichen Ehestand zu treten, schon gar nicht mit einem Pfarrer. Und das Bild der treusorgenden Mutter, wie sie im Kreis der lieben Kleinen steht, Brot und Rat unter ihnen aufteilend, dieses Bild wies ich weit von mir. Der Mann aber, an den ich mein Herz verlor, war ein Theologe. Wir heirateten. Nach angemessener Zeit erschien Andreas, zwei Jahre später Mathias. Dann stockte die Produktion im Pfarrhaus. Die Weidener bemerkten es mit Trauer und Mißvergnügen.
    »Sie sottet en Zucker vor’s Fenschter lege!« so rieten Rosa und Marie.
    Als ich im fünften Ehejahr an Umfang zunahm, auch manchmal ein modisches Hängerkleidchen trug, betrachtete man mich im Dorf mit wohlwollend-wissenden Blicken.
    »So, Frau Pfarrer, wird’s desmol a Mädle?«
    »Nein, ich hab einfach zuviel gefuttert, ich werd schon wieder abnehmen. Sie müssen nicht denken, daß...«
    »‘S isch scho recht, Frau Pfarrer, reget Se sich bloß net uff in ihrm Zuschtand!«
    Aber die Zeit verstrich ohne Zuwachs im Pfarrhaus.
    Eines Abends belauschte ich ein Gespräch meiner Söhne.
    »Der Eckart hat a Schweschterle kriegt«, sagte Andreas zu Mathias. »Du, des isch vielleicht a Süße! Die hat so feine Härle und dann schtrampelt se und lacht. Und als i ihr mein Finger hingschtreckt hab, da hat se ihn packt mit ihrem winzige Händle und hat dran schnulle wolle. Du, des war a wunderbars Gfühl für mi. Ach!« er seufzte, »i hätt au gern a Schweschterle!«
    »I net!« sagte Mathias. »Die Bigi hat au a Schweschterle kriegt, und weisch, was die jetzt macht? Die muß des Schweschterle schpazierefahre dr ganze Tag, und wenn se mal hält, dann brüllt des Schweschterle wie am Spieß und nachts au, und se könnet net schlafe. Nei du, da will i lieber en Goldhamschter!«
    Auch Manfred und ich blieben nicht müßig und führten Gespräche über dieses Thema. Eines davon fand im Auto statt. Wir kehrten zurück von einem Besuch bei meiner Schwester Beate und ihrem jüngstgeborenen Töchterlein. Ich hing wie verzaubert auf meinem Sitz, fühlte noch das kleine, weiche, warme Päckchen auf meinem Arm und seufzte sehnsüchtig.
    »Ist es nicht ein süßes Mädchen? Ach, Manfred, ich hätt’ auch so gern ein Baby zum Liebhaben!«
    »Ich auch!« sagte er, »eine Tochter, der man Zöpfe flechten kann und die lieb ist und zärtlich zu ihrem Vater.«
    »Sind deine Söhne nicht lieb und zärtlich zu dir?«
    »Es hält sich in Grenzen. Und Zöpfe kann man ihnen überhaupt nicht flechten, ich hätte halt gern eine Tochter!«
    »Ja, wenn man’s sicher wüßte. Es Hegt nicht in unserer Hand, Manfred. Zu

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