Ich und er und null Verkehr
müssen ständig gegen ihren Hang zur Untreue ankämpfen!
Sag ich doch! Treue ist keine Selbstverständlichkeit, das ist eine
enorme Leistung! Sandra könnte da also ruhig ein bisschen mehr Dankbarkeit
zeigen.
Die Sache ist nämlich die: Ich bin treu. Ehrlich. Ich meine, sicher,
ich bin nicht blind, und Prachtexemplare wie zum Beispiel Serena kann man als
gesunder Mann einfach nicht übersehen. Und ich flirte manchmal auch, aber wer
tut das nicht?
Aber dennoch: Ich bin Sandra treu. Das mag auch daran liegen, dass
ich in meinem Beruf ständig vor Augen geführt bekomme, welche Scherereien man
sich mit der Fremdgeherei aufhalsen kann. Hauptsächlich geht es mir aber darum,
eine gute Beziehung zu führen. Eine saubere Beziehung. Ohne sich ständig faule
Ausreden ausdenken zu müssen, ohne Lügen, ohne Stress. Nur Sandra und ich, so
mag ich das. Der Gedanke erfüllt mich plötzlich mit Stolz. Auf einmal fühle ich
mich richtig ⦠edel.
So, wie war das jetzt mit den Männern und der Treue? Aha, das hängt
mit dem Testosteronspiegel zusammen und mit den Hoden. Offenbar bestimmt die
GröÃe der Hoden den Monogamiegrad des Männchens.
Ich bin fassungslos.
Das darf doch wohl nicht wahr sein! Haben die sie noch alle? Wollen
die etwa behaupten, nur weil ich treu bin, hätte ich kleine �
Als ich ins Cheerio komme, bin ich immer noch sauer. So
ein bescheuertes Buch habe ich echt noch nie gelesen!
Heute steht Frankie, der Besitzer des Cheerio, hinter der Bar, und
ich entdecke auch Michael und Henning am Tresen. Michael erzählt anscheinend
gerade mal wieder von seinem neuesten Sexabenteuer.
»â¦Â und dann sagte sie:
Wollen Sie nicht kurz reinkommen? Und was sie mit kurz reinkommen meinte, hab
ich erst kapiert, als sie die Tube mit dem Gleitgel holte.« Michael lacht
selbstgefällig, und Frankie und Henning nicken frustriert.
»Ein Bier, bitte, und einen Tequila. Ach was, mach vier draus«,
ordere ich.
»Gibtâs schon wieder Ãrger bei dir?«, fragt Henning mit
hochgezogener Augenbraue.
Ich erzähle ihnen von dem Buch, von Sandras Begeisterung und dass
ihr das so unheimlich wichtig war. Wie da alles verdreht wird, und dass die
alles so hinbiegen, dass zum Schluss nur die Frauen gut dastehen.
»Und wisst ihr, was die gröÃte Frechheit ist?« Ich kippe meinen
zweiten Tequila hinunter. »Wenn man seiner Partnerin treu ist, hat man laut
denen â¦Â« Ich beuge mich ein bisschen
vor, damit die zwei Brünetten auf der anderen Seite der Theke mich nicht hören
können. »â¦Â kleine Eier.«
Für ein paar Sekunden herrscht Schweigen.
Dann sagt Michael: »Und, was ist so schlimm daran?«
Ich starre ihn fassungslos an. »Was daran so schlimm ist? Ich bin treu.«
»Echt? Gibtâs doch nicht«, meint Frankie und sieht mich an, als
hätte ich behauptet, ich wäre Pippi Langstrumpf. »Du bist noch nie
fremdgegangen?«
Ich schüttle energisch den Kopf.
»Und, stimmt es?« Michael rückt neugierig näher.
»Was?«
»Das mit den kleinen Eiern. Hast du wirklich �«
»Ach, halt doch die Klappe«, fahre ich ihn an. »Seht ihr, genau das
ärgert mich. So ein pseudowissenschaftliches Buch bringt einen gleich in
Verruf. Gib mir noch einen, Frankie!«
Eine Zeit lang schweigen wir und brüten vor uns hin.
Dann meint Henning vorsichtig: »WeiÃt du, Martin, ich denke, du
nimmst das viel zu persönlich.«
»Was bleibt mir denn anderes übrig? Sandra verlangt ja von mir, dass
ich es persönlich nehme. Genau darum geht es doch.«
»Also, wenn mir meine Freundin mit so einem Dreck käme, wisst ihr,
was ich mit der machen würde â¦Â«,
mischt sich Michael ein, aber ich bringe ihn mit einem einzigen Blick zum
Schweigen.
»Das ist mir schon klar«, beginnt Henning wieder. »Aber wenn du es
mal objektiv betrachtest, dann muss dir doch aufgehen, warum diese Bücher so
geschrieben sind.«
»Das hab ich mittlerweile auch schon kapiert«, sage ich missmutig.
»Diesen Krempel kaufen nur Frauen, und deshalb drehen sie es so hin, dass die
gut dastehen.«
»Eben, ist doch auch logisch. Und für dich geht es jetzt darum,
deine eigenen Vorteile daraus zu ziehen.«
»Ja, sicher, ist echt ein Riesenvorteil, als kommunikativer Versager
mit kleinen Eiern dazustehen«, meckere ich ein bisschen zu laut. Die
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