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Ich und er und null Verkehr

Ich und er und null Verkehr

Titel: Ich und er und null Verkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Schneyder
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Mischung aus Neid und Bewunderung. Die
Frauen dagegen, die reagieren eher nur mit Neid. Die nehmen als Erstes mich ins
Visier und dann erst Martin. Dann verziehen sie das Gesicht und versuchen,
abfällig zu gucken, dabei weiß ich doch, dass sie bloß neidisch sind.
    Gegen Mittag parkt Martin vor einer Pizzeria namens Dolce Vita ein,
die ich noch nicht kenne. Und auch da wieder: Der Wagen erregt sofort Aufsehen,
und als wir die Terrasse betreten, werfen die Leute uns immer wieder
verstohlene Blicke zu. Ich komme mir vor wie ein Filmstar und gebe mich auch
so. Während des Essens – Martin isst eine Pizza, ich nur einen gemischten Salat
und anschließend ein Tiramisu – gebe ich mich lässig, und beim
Cappuccinoschlürfen spreize ich meinen kleinen Finger ab, werfe immer wieder
mein Haar zurück und plaudere angeregt über mein Buch. Sollen sie es ruhig
mitbekommen, dass da eine waschechte Schriftstellerin sitzt. Zwischendurch
lasse ich Phrasen los wie »du als Rechtsanwalt« und »bei meiner
schriftstellerischen Tätigkeit«, und zufrieden registriere ich, dass wir die
Attraktion des Tages sind. Schade nur, dass kein Klatschreporter da ist, dem
könnten wir bei der Gelegenheit gleich ein kleines Interview geben.
    Als wir wieder auf dem Heimweg sind, ziehen Wolken auf, und es wird
windig und kühl. Mich fröstelt ein bisschen, aber in einem Cabrio muss man einfach mit offenem Dach fahren, solange es keinen
Wolkenbruch gibt. Sonst sieht einen ja keiner.
    Â»Ist ein bisschen ungemütlich geworden«, sage ich mit zittrigen
Lippen, nachdem Martin den Motor abgestellt hat.
    Er zwinkert mir zu, als hätte er nur auf so eine Gelegenheit
gewartet. »Stimmt. Aber da habe ich genau das Richtige für dich. Lass dich
überraschen.«
    Was er wohl meint? Sex in der heißen Badewanne vielleicht? Wäre
nicht schlecht, schön warm und …
    Â»Geh schon mal rauf und hol die Bademäntel und Handtücher. Die
großen«, sagt er, als er mir die Haustür aufsperrt.
    Â»Und was machst du?«, frage ich verwundert.
    Â»Ich muss nur was vorbereiten«, sagt er mit einem stolzen Leuchten
in den Augen. »Ich erwarte dich dann an der Hintertür. Und Sandra …«
    Â»Ja?«
    Â»â€¦Â die Klamotten kannst du gleich weglassen.« Er grinst breit, dann
verschwindet er hinter dem Haus.
    Jetzt fällt bei mir der Groschen. Seine Sauna.
    Zwischendurch hat Martin diese Anfälle. Da wird er zum besessenen
Hobbyhandwerker und bastelt alles Mögliche. Übrigens auch eine typisch
männliche Eigenschaft. Die müssen immer irgendetwas tun, und laut Test ist
Martin ein supermännlicher Mann, der strotzt nur so vor Testosteron. Martin hat
dieses Haus vor ein paar Jahren gebraucht gekauft, und die meisten
Reparaturarbeiten erledigt er gleich selbst. Was nicht immer hundertprozentig
funktioniert.
    Der Wasserhahn auf der Toilette in der oberen Etage zum Beispiel, da
verbrenne ich mir regelmäßig die Finger, wenn ich mir das Gesicht mit kaltem
Wasser abwaschen will. Irgendwie hat er da die Anschlüsse vertauscht.
    Oder seine »Ambientebeleuchtung« im Wohnzimmer: Da hat er eine
Zwischendecke aus Gipskarton eingezogen und hunderttausend kleine Halogenspots
eingebaut. Als es dann dunkel wurde und wir es ausprobieren wollten, rührte
sich erst mal gar nichts. Martin begann wie ein Irrer auf den Schalter
einzudreschen und lästerte über die Pfuscher, die damals die Elektroinstallationen
in dem Haus verbaut haben. Zwanzig Minuten später stand die Polizei vor der
Tür, weil Martin den Schalter irrtümlich an die Außenbeleuchtung angeschlossen
hatte und die Nachbarn geglaubt hatten, das wäre ein Notsignal von der
Alarmanlage, als das Licht immer wieder aufflackerte.
    Und die Winterreifen an meinem Wagen: Martin ließ es sich letzten
Winter nicht nehmen, sie gleich selbst umzumontieren. Ich hatte dann alle Mühe,
den freundlichen Polizisten, der mich kontrollierte, davon abzubringen, die
Werkstatt anzuzeigen, die die Räder gegen die
Laufrichtung montiert hatte. Was immer das auch bedeutete.
    Die Sauna ist auch so eine Idee von Martin. Am Anfang unserer
Beziehung waren wir öfter mal in öffentlichen Schwimmbädern mit Sauna, aber
irgendwann hatte Martin genug von den »unappetitlichen Schwabbelbäuchen«, wie
er es nannte – wobei, einige von den Gästen fand ich gar nicht so
unappetitlich. Jedenfalls

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