Ich und er und null Verkehr
viel von psychologischen Büchern und
Beziehungsratgebern, und ich befürchte, dass er gleich ein Donnerwetter
loslässt.
»Prähistorische Geschlechterdisposition?«, fragt er mit gerunzelter
Stirn.
Ich nicke zaghaft.
Dann entdecke ich ein verräterisches Zucken um seine Mundwinkel, und
auf einmal prustet er los.
Ich fühle, wie sich meine Anspannung binnen Sekunden in Luft
auflöst, und stimme erleichtert in sein Gelächter ein â dabei war die
Formulierung doch gar nicht so schlecht, oder?
Als wir uns wieder beruhigt haben, streift Martins Blick wieder das
Buch.
»Und?«, frage ich zögerlich. »Wirst du es dir ansehen?«
»Okay, warum nicht? Wenn es dir so viel bedeutet«, sagt er locker.
Er lächelt mich an, und mir geht so das Herz auf, dass ich ihn am liebsten
gleich wieder küssen würde. »Ich kannâs ja nachher im Fitnessstudio auf dem
Ergometer durchblättern«, meint er leichthin.
»Du gehst ins Fitnessstudio?«, frage ich.
Ich beneide ihn um seine eiserne Disziplin und komme mir
gleichzeitig ein bisschen schäbig vor. Als meine Fitnessstudiobesuche damals
immer seltener wurden, hat Martin gemeint, dass sich eine Mitgliedschaft für
mich gar nicht auszahlen würde, und mir als Ersatz im Keller seines Hauses
einen Fitnessraum eingerichtet. Den ich so gut wie nie benutze, und deswegen
plagt mich manchmal das schlechte Gewissen â wo er sich doch solche Mühe
gegeben hat.
Er nickt. »Muss ich wohl oder übel. Wenn ich nicht aufpasse, werde
ich noch fett. Und was hast du heute vor?«
»Hm, weià nicht.« Genau genommen habe ich mir noch gar keine
Gedanken darüber gemacht. »Vielleicht ein bisschen einkaufen. Ich bräuchte ein
paar neue Sachen zum Anziehen.«
»Na, bestens«, meint Martin gut gelaunt.
Wir reden dann noch ein bisschen, und ich erzähle ihm von meinem
Buch und dem Verlag, und Martin scheint richtig stolz auf mich zu sein. Das
hebt meine Stimmung, und als er sich dann auf den Weg macht, bin ich richtig
gut drauf und voller Tatendrang.
So, was mache ich denn jetzt als Erstes?
Abgesehen vom Shoppen wäre eigentlich Bügeln angesagt. Und
Staubsaugen. Und die Fenster müssten auch mal dringend geputzt werden.
Aber nicht zwangsläufig heute.
Alternative: Ich könnte mich mit einer Tafel Schokolade vor die
Glotze setzen und mir eine völlig hirnlose Talkshow reinziehen.
Genau, das mache ich. Ich bin schlieÃlich die Nesthüterin, und
Nesthüten muss ja nicht zwangsläufig bedeuten, dass man dabei auch was tut,
oder?
Mist. Jetzt habe ich vergessen, Martin zu sagen, dass er dringend
seinen Auspuff reparieren lassen muss. War ja ein Höllenlärm, als er eben
wegfuhr.
Er
Dieser Wagen ist der Wahnsinn. Anders kann man es einfach
nicht sagen. Ich bin gestern schon den ganzen Nachmittag wie ein Blöder damit
herumgebrettert, und auch heute bin ich schon sage und schreibe zweihundert
Kilometer gefahren. Was sage ichâ
geflogen. Es ist, als würde man sich am restlichen Verkehr vorbeizoomen. Jeder
noch so kleine Tritt aufs Gaspedal provoziert ein Gewitter unter der
Motorhaube.
So ein Ding muss ich haben, unbedingt. Oder noch besser: einen
Porsche. Turbo natürlich, man will ja nicht, dass jeder dahergelaufene BMW oder
Audi einen nervt auf der Autobahn.
Ich bin noch ganz von den Socken vor Begeisterung, als ich mich im
Beauty & Power in meine Trainingsklamotten werfe. Es herrscht reger
Betrieb, kein Wunder, steht doch der Sommer vor der Tür, wo jeder fit sein will
für den groÃen Strandauftritt. Ich werfe mir mein Handtuch über die Schulter
und will gerade meinen Spind schlieÃen, als es mir einfällt. Das Buch. Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken. Seltsamer
Schmöker. Und Sandra war total begeistert davon. Im ersten Moment hätte ich ihr
ja geantwortet, dass mich solche Beziehungsbücher nicht die Bohne
interessieren, aber dann wurde mir klar, dass sie total verändert ist, seit sie
diese Schwarte gelesen hat.
Gestern Abend ist mir das schon aufgefallen. Normalerweise schläft
sie schon, wenn es bei mir später wird, oder noch schlimmer, sie ist auf und
meckert rum, dass mir meine Freunde lieber wären als sie. Gestern jedoch: Kein
vorwurfsvoller Märtyrerblick, kein Gemeckere, gar nichts. Der reinste Engel war
sie, und dann später ⦠super war das, wie in unseren besten Zeiten. Nur,
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