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Ich und er und null Verkehr

Ich und er und null Verkehr

Titel: Ich und er und null Verkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Schneyder
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Gottfried übernommen habe. Mit dem müsste ich natürlich dringend reden. Genau,
das mache ich jetzt gleich. Und ich muss ja nicht den direktesten Weg zur
Haftanstalt nehmen, nicht wahr?
    Beflügelt von dem Gedanken, noch einmal kräftig Gas geben zu können,
schnappe ich mir meine Aktentasche und rausche in professioneller Dynamik an
Beate vorbei. »Muss zum Untersuchungsgefängnis. Mandantengespräch!«, lasse ich
vernehmen.
    Â»Kommen Sie danach wieder ins Büro?«, will sie wissen.
    Â»Mal sehen. Ich kann nichts versprechen, ich habe noch ein paar
andere Termine«, erkläre ich unverbindlich. Dann bin ich weg.
    Als ich den SL ansteuere, fallen mir Wurzers Worte wieder ein:
Scheußlich, was da hinten draufsteht!
    Das muss ich mir jetzt ansehen.
    Geht aber nicht. Der Wagen steht mit dem Heck so knapp an der
Hauswand, dass ich gar nicht rankomme.
    Egal, denke ich mir, so was Besonderes wird’s schon nicht sein.
    Der Mann heißt Joseph Winzigmann, und der Name ist ein
Witz. Sogar im Sitzen überragt er mich um gute zehn Zentimeter – dabei bin ich
mit meinen einssechsundachtzig weiß Gott kein Zwerg –, und bei seinem Anblick
hätte ich beinahe den Vollzugsbeamten angebettelt, mich nicht mit ihm allein zu
lassen.
    Â»Also gut, Herr … äh, Joe …«, beginne ich. Als ich ihn vorhin mit
Herr Winzigmann anredete, hat er mir gleich erklärt, dass ich ihn entweder Joe
oder Hammer nennen solle, aber bloß nicht Winzigmann. »Wie ich der Akte
entnehme, hatten Sie und Herr Blatter an besagtem Tag eine Auseinandersetzung …«, formuliere ich vorsichtig.
    Joe grinst. »Jau, ich hab ihm ordentlich die Fresse poliert, wenn
Sie das meinen«, berichtet er stolz.
    Â»Vor Gericht wäre es besser, wenn Sie das nicht so direkt ausdrücken
würden«, weise ich ihn sanft zurecht. »Abgesehen davon – können Sie mir
erklären, wie es dazu kam?«
    Plötzlich beugt er sich vor und deutet mit dem Finger auf sein
rechtes Auge. »Sehen Sie das?«, fragt er mit wehleidiger Miene.
    Â»Was denn?« Ich kann beim besten Willen nichts erkennen – außer
seiner hässlichen Visage im Großformat natürlich, aber ich bezweifle, dass er
das meint.
    Â»Na, die Schwellung.« Er stiert mich weiter an.
    Ich sehe keine Schwellung. »Ah, jetzt, wo Sie es sagen …«
    Er lehnt sich zufrieden zurück.
    Â»Und was ist damit?«, will ich wissen.
    Â»Das Ding hat mir der Arsch vor einer Woche verpasst, weil ich ihn
nicht in den Club gelassen hab«, erklärt er mit ehrlicher Entrüstung. »Und dann
ist er einfach abgehauen, die feige Sau!« Bei diesen Worten lässt er seine
Faust auf den Tisch niederkrachen, dass das ganze Zimmer wackelt.
    Â»Alles in Ordnung bei Ihnen?« Der Vollzugsbeamte steckt seinen Kopf
zur Tür herein und wirft Joe einen drohenden Blick zu.
    Â»Ja, vielen Dank. Wir kommen schon zurecht«, beruhige ich ihn und
bin gleichzeitig froh, dass er im Fall des Falles zur Stelle ist. »Gut, dann
weiter. Letzten Mittwoch sind Sie dann wieder aufeinandergetroffen, und es kam
zu einer Konfrontation …«
    Â»Hä?«
    Rede ich Hebräisch, oder was?
    Â»Zu einer tätlichen Auseinandersetzung«, sage ich langsam und
deutlich.
    Â»Ja, klar. Ich hab ihm die Fresse poliert, sagte ich doch schon.«
    Â»Wissen Sie, diesen Ausdruck sollten Sie vor Gericht nicht … ach,
egal. Herr Win … Joe … mich
interessiert jetzt, warum es zu dieser neuerlichen
Auseinandersetzung kam. Ging da ein verbaler Schlagabtausch voran …« Seine Augen werden schon wieder
größer. »Ich meine, hatten Sie vorher Streit mit Herrn Blatter?«
    Er schüttelt den Kopf. »Sie kapieren das anscheinend nicht«, sagt er
ungeduldig. »Ich hab doch schon gesagt, der Arsch hat mir letzte Woche eine
verpasst und ist dann abgehauen – die feige Sau, die! –, und am Dienstag kam
der einfach so daher und wollte wieder in den Club. Hat gedacht, ich kann mich
nicht mehr an ihn erinnern, der Schwachkopf, und da hab ich ihm ein paar in die
Fresse gehauen.«
    Â»Dann war das also eine Art Revanche?«
    Â»Klar. Ich musste dem Flachwichser ja eine kleine Abreibung
verpassen.«
    Â»Kleine Abreibung ist gut.« Ich ziehe das ärztliche Gutachten
hervor. »Sie haben Herrn Blatter die Nase und drei Rippen gebrochen, von den
Blutergüssen

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