Ich und er und null Verkehr
beschloss Martin dann, selbst eine Sauna zu bauen, im
hinteren Bereich des Gartens, der durch hohe Hecken vor neugierigen Blicken der
Nachbarn geschützt ist. Ein kompletter Bausatz kam für einen ambitionierten
Heimwerker natürlich nicht infrage, stattdessen lieà er sich einen Haufen Holz
anliefern und hobelte und sägte und schraubte wie wild drauflos. Das war vor
einem Dreivierteljahr, und ehrlich gesagt hätte ich nicht gedacht, dass er das
Ding jemals fertigbringen würde.
Umso überraschter bin ich jetzt, als ich es mir näher ansehe. Es ist
wirklich hübsch, mit Bänken und Liegen aus Holz und kleinen Fenstern an den
Seiten. Sogar eine Sanduhr hat er an die Wand geschraubt, die er jetzt umdreht.
»So, Start frei für den ersten Saunagang«, sagt er und platzt dabei
fast vor Stolz.
Wir setzen uns, und der Saunaofen in der Ecke beginnt leise zu
knistern.
»Kann da auch nichts explodieren?«, frage ich mit besorgtem Blick.
»Explodieren? Quatsch, das ist doch ein Elektroofen«, klärt Martin
mich auf.
Elektroofen? Das ist Strom, und Strom kann tödlich sein, wenn er
falsch angeschlossen ist. Ich sage nur Ambientebeleuchtung! Sicherheitshalber
rücke ich ein wenig weg von dem Ding.
»Und, schwitzt du schon?«, fragt Martin fünf Minuten später.
Schwitzen? Ich habe meinen Bademantel fest um mich geschlungen und
kämpfe gegen einen beharrlichen Schüttelfrost an.
»Ãh, nein, nicht so richtig«, sage ich.
Martin beäugt mich kritisch. »Das liegt daran, dass du noch den
Bademantel anhast. So kommt die Hitze nicht an deine Haut«, sagt er mit
Expertenmiene.
»Ach ja?«
Ohne den Mantel ist es gleich noch kälter. Was meint er überhaupt
mit Hitze? Die einzige Temperaturveränderung, die ich fühle, findet an meiner
Kehrseite statt. Da pfeift nämlich der Wind eiskalt durch die Bretterwand.
»Ist das normal?«, frage ich.
»Was denn?« Martin wischt sich mit den Händen über Arme und Beine,
als würde er SchweiÃperlen abstreifen.
»Dass es hier so zieht.« Ich deute auf die Wand hinter mir.
»Oh, das«, antwortet er mit Kennerblick. »Ãh ⦠ja, das muss so sein,
das ist so eine Art ⦠Hinterlüftung, wie bei einem Dach. Für das Raumklima.«
Hinterlüftung? In einer Sauna? Hintern lüftung
würde wohl eher passen. Ich erfriere gleich!
»Normalerweise muss man länger vorheizen«, erklärt Martin, als er
bemerkt, dass ich zu zittern beginne. »Aber wir könnten ja ein paar
Aufwärmübungen machen, bis es richtig heià wird.«
Er greift nach hinten und hält sich mit den Händen an der Bank fest.
Dann streckt er die Beine nach vorne aus und beginnt, sie an den Körper
heranzuziehen und wieder von sich wegzustrecken. »Und eins, und zwei, und eins,
und zwei ⦠komm, mach mit!«
»Ãh, nein, ich probierâs lieber wieder mit dem Bademantel«, antworte
ich.
»Selber schuld.« Er beginnt zu schnaufen. »Dabei wird einem ganz
schön warm, kann ich dir sagen ⦠und eins, und zwei, und eins, und zwei, und
eins, und zwei, und ⦠Autsch!«, brüllt er plötzlich.
»Was hast du?«, frage ich erschrocken.
»Ich weià nicht â¦Â« Er
steht auf und betastet seinen Hintern.
»Hast du dir was eingezogen? Soll ich nachsehen?«, biete ich meine
Hilfe an.
Er reiÃt schockiert die Augen auf. Der Gedanke, dass ich seinen
Allerwertesten begutachte, scheint ihm nicht zu behagen.
»Nein, danke, geht schon. War nur ein kleiner Piekser«, sagt er.
Dann beginnt er im Stehen mit den Armen zu rudern und linst auf die Sanduhr.
»Ah, die Zeit ist um. Und jetzt ab ins Kaltwasserbecken«, sagt er voller
Tatendrang.
»Kaltwasserbecken? Ach, du meinst â¦Â«
Jetzt wird mir klar, warum das aufblasbare Kinderplanschbecken neben der
Saunahütte steht. Ich hatte schon befürchtet, das wäre unser Swimmingpool.
»Also, mir ist noch nicht heià genug, aber mach du nur mal.«
Ich folge ihm zitternd ins Freie. Martin nimmt drei Schritte Anlauf,
und fassungslos sehe ich ihn mit einem lauten »Yippie!« in die lächerliche
Gummiwanne hechten. Die Seitenwände sind dieser Belastung natürlich nicht
gewachsen, sie brechen sofort ein, und der gesamte Inhalt des Beckens samt
Martin ergieÃt sich auf den Rasen. Ich schlage mir die Hand vor den Mund, um
nicht aufzulachen,
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