Ich war Jack Falcone
behauptet, die Gambinos hätten einen Killer auf dich angesetzt!«
Einige Wochen später tauchte der Brief irgendwie auf. Das Einfachste war, Pete mit einem Abhörgerät zu Al zu schicken. Mehr war nicht notwendig. So konnte man die Wahrheit schnell und ein für allemal ans Licht bringen. Stattdessen erzählte die FBI-Leitung mir eine verrückte Geschichte: Sie habe versucht, einen Mann zu finden, der aus dem Gefängnis entlassen worden und nach Florida gegangen sei. Der wisse etwas. Es war lächerlich. Nat, der Case Agent, der ganz auf meiner Seite war, befand sich damals im Urlaub. Die Ermittlungen als Ganzes lagen jetzt in den fähigen Händen von Chris Munger. Er ist ein großartiger Kollege, ein engagierter, sehr erfah rener und kompetenter Agent. Deshalb wollten die hohen Tiere ihn natürlich nicht mit der Todesdrohung gegen mich belasten. Stattdessen nahmen sie ihm die Sache aus der Hand und übertrugen sie einem anderen Agenten, der ebenfalls sehr gut war, sich aber in seiner Laufbahn hauptsächlich mit Gegenspionage beschäftigt hatte. Spione leben in einer anderen Welt als wir! Ich will diesen Kollegen und seine Bemühungen nicht herabsetzen; aber ich arbeitete mit Chris zusammen, der viel Erfahrung auf diesem Gebiet hatte. Am liebsten hätte ich gerufen: »Hört mal – dieses verdammte Kopfgeld ist auf mich ausgesetzt! Habe ich denn gar nichts zu sagen?«
Natürlich nicht. Sie behaupteten, Pete sei nicht auffindbar, die Strafvollzugsbehörde habe ihn irgendwo anders untergebracht und die ganze Sache sei ein einziges Chaos. Und selbst wenn sie wüssten, wo er war, hätten sie kein Recht, ihn zu verlegen.
»Moment mal!«, sagte ich. »Das sind Häftlinge! Ihr braucht ihnen keine Begründung zu geben! Ruft einfach den Strafvollzug an und beantragt eine Verlegung dieses Mannes!«
Greg DePalma hatte mir oft erzählt, manchmal habe jemand mitten in der Nacht an die Tür seiner Zelle geklopft und ihn dann in ein anderes Gefängnis gebracht. Damit musste er leben – so wie jeder andere Häftling.
Aber meine Argumente stießen auf taube Ohren. »Wir reden mit ihm«, versicherten sie.
Mit ihm reden? Was zum Teufel wird er euch erzählen? Er ist ein hartgesottener Gangster, ein Mörder! Aber sie hörten nicht auf mich und fragten ihn einfach. Selbstverständlich leugnete er alles, und nach einigem Hin und Her stellte er sich einem Test mit dem Lügendetektor. Die erste Frage lag auf der Hand:
»Ist auf Jack Falcone ein Kopfgeld ausgesetzt?«
»Nein«, antwortete er. Die Nadel fiel fast aus dem Gehäuse! Er hatte auf keinen Fall die Wahrheit gesagt, als er die Existenz des Mordauftrages geleugnet hatte.
Jetzt platzte mir der Kragen. Ich ging auf und ab, schwitzte und war-tete auf das Ergebnis des Tests. Dann kamen sie und sagten: »Raten Sie mal! Der Kerl ist beim Test durchgefallen!« Also rief ich sofort den ASAC an und sagte: »Sehen Sie? Wir hätten dem Burschen eine Wanze verpassen sollen, anstatt diesen Blödsinn zu veranstalten. Jetzt werden wir es nie erfahren.«
Der ASAC erklärte: »Oh, wir wussten, dass er lügen würde! Sie wissen doch, wie diese Kerle sind.«
»Nein, das weiß ich nicht«, erwiderte ich empört. »Aber wenn Sie wussten, dass er lügen würde, warum waren Sie so versessen darauf, ihn zu testen?«
»Das mussten wir tun«, sagte er. Die FBI-Leitung hatte also nie an den Mordauftrag geglaubt.
»Und was haben Sie jetzt vor?«, fragte ich. »Wie wollen Sie mich schützen? Oder meine Familie?«
Sie behandelten den Fall einfach mit der üblichen saudummen Routine. Warum auch nicht? Ihr Leben und das ihrer Angehörigen war ja nicht in Gefahr. Das alles war grotesk. Der Gambino-Clan der Mafia hatte eine Viertelmillion Dollar Kopfgeld auf mich ausgesetzt, und diese Leute reagierten, als habe eine Abteilung mehr Coca-Cola beantragt. Möglicherweise war das Kopfgeld nicht von der Kommission – den versammelten fünf Clanbossen – genehmigt worden. Aber vielleicht wollte ein freischaffender Ganove sich auf meine Kosten einen Namen machen. Für Geld würde er es nicht tun; denn wo sollte er es einkassieren? Beim nächsten Mafiositreffen? »He, ich hab Falcone erledigt! Wo sind meine 250 Riesen?« Nein, er würde es tun, um zu zeigen, was für ein harter Kerl er war. Deshalb passe ich bis zum heutigen Tag genau auf, wohin ich gehe.
Ich sagte zu ihnen: »Ich weiß, warum ihr den Test mit dem Lügendetektor gemacht habt. Damit ihr eure Hände in Unschuld waschen könnt. Deshalb habt
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