Ich war Jack Falcone
Geist der Mafia herauf. Der Zeuge war nicht feige. Er fürchtete sich nicht vor Greg; sondern er hatte mit Recht Angst vor dem, was Greg repräsentierte. Ein Wink mit der Hand genügte, und man war tot. Sie löschten Menschen einfach aus. Ich kannte diesen Zeugen persönlich. Er war ganz bestimmt ein tapferer Mann. Aber diese Tapferkeit konnte nichts gegen die Angst vor der Mafia ausrichten. Als der Zeuge sagte, er fürchte sich vor Greg, meinte er, er habe Angst vor der Cosa Nostra, die Greg vertrat.
Ironischerweise raffte Greg sich jedes Mal auf, wenn die Geschworenen den Saal verließen. Dann wurde er plötzlich lebhafter. Ich bin sicher, dass er damit keinen guten Eindruck auf den Richter machte.
Ich betrat den Gerichtssaal vor Greg. Als er in seinem Rollstuhl hereingeschoben wurde, musste ich einfach lachen. Mann, Greg, dachte ich, du bist unglaublich. Kaum hatte ich ihn gesehen, hatte ich das Gefühl, wieder mit ihm dort draußen zu sein. Du bist gut, Greg. Du versuchst alles. Du tust, was du tun musst – um davonzukommen. Er hatte eine gestrickte blaue Decke auf dem Schoß, sein Haar war zerzaust, und auf dem Tisch lagen ein paar Kekse. Ganz zu schweigen von den Sauerstoffschläuchen in seiner Nase. Er benahm sich, als sei er bereit zu sterben, saß schräg im Stuhl, sah todkrank aus und tat, was er am besten konnte – manipulieren, seinen Kopf durchsetzen.
Greg gab nie auf. Die Gerichtsdiener fanden sogar Zigaretten in seinem Krankenzimmer. Und im Gefängnis entdeckten sie zwei 50-Dollar- Scheine in seinem Toupet. Bargeld ist im Gefängnis verboten! Aber so ist Greg eben. In gewisser Weise, dachte ich, als ich ihn im Gerichtssaal beobachtete, muss man den Mann dafür respektieren, dass er ein solcher Gangster ist. Als Mensch war er eine Katastrophe, ein Versager, ein Blutsauger in der Gesellschaft. Aber er war ein großer Gangster; denn nur dafür lebte er.
Wieder war er der Einzige, der zum Prozess ging. Er gab nie etwas zu und bekannte sich nie schuldig, um eine Strafmilderung zu erreichen. Als guter Mafioso bestritt er alles. Was seine Verhaftung anbelangt, bin ich froh darüber. Die Welt ist ein besserer Ort, wenn er hinter Gittern sitzt. Unternehmer werden nicht mehr erpresst, Menschen werden nicht mehr zusammengeschlagen – alles ist besser. Zumindest so lange, bis jemand ihn ersetzt.
Als ich mit meiner Aussage an der Reihe war, wurde der Saal geräumt. Ein Sondereinsatzkommando holte mich in einem Hotel im Stadtzentrum ab und brachte mich in einem schwarzen Geländewagen, der ansonsten für den Direktor des FBI reserviert war, in den Keller des Gerichtsgebäudes. Von dort aus fuhr ich mit dem Aufzug zum Hintereingang, ständig umringt von Polizisten. Da ich immer noch an anderen Undercover-Aufträgen arbeitete, ließ der Richter meine Aussage in einen anderen Saal übertragen, wo Reporter zuhörten, ohne mich zu sehen.
Nach unserem Rechtssystem hat ein Angeklagter das Recht, einem Zeugen gegenüberzutreten. Darum muss dieser in fast allen Fällen im Gerichtssaal anwesend sein. Auch die Gesellschaft hat das Recht zu wissen, was in einem Prozess vorgeht. Andererseits musste der Richter berücksichtigen, dass die Regierung ein Interesse daran hatte, meine Identität geheim zu halten. Darum ließ er den Saal räumen. Anwesend waren nur er selbst, die Gerichtsdiener, die Anwälte, die Geschworenen, der Angeklagte und ich.
Der Generalstaatsanwalt spielte ein Band nach dem anderen vor und belastete Greg schwer. Kein Geschworener wäre jetzt noch auf die Idee gekommen, dass Gregs Aussagen bloße Nostalgie waren. Greg wusste einfach zu genau, was auf den Straßen vorging, und er war zu schwatzhaft, um den Mund zu halten. Er redete über absolut alles, was er tat, und zwar in allen Einzelheiten – mit jedem, der bei ihm war, und auch über das Telefon. Nicht die Justiz verurteilte Greg; er verurteilte sich selbst.
Der Richter hatte Sinn für Humor. Auf den Bändern war zu hören, dass Greg mit vollem Mund sprach, und der Richter ermahnte ihn, das nicht zu tun, weil es schlechtes Benehmen sei. Gregs Sprache ließ viel zu wünschen übrig. Er fluchte unaufhörlich. Aber auf einem der Bänder prahlte er damit, er habe für seinen letzten Prozess einen Oscar verdient, weil er den Richter total eingeseift und davon überzeugt habe, er sei Invalide. In Wahrheit sei es ihm gut gegangen. Diese Worte brachen ihm das Genick. Er erzählte mir – laut genug für das Aufnahmegerät, das ich umgeschnallt
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