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Ich war Jack Falcone

Ich war Jack Falcone

Titel: Ich war Jack Falcone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joaquinn Garcia
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aufgewachsen waren, damit sie nicht korrupt wurden. Aber das ist verrückt! Es wäre schlauer, Beamte in ihre Heimat zu schicken, wo sie Verbindungen haben und die Straße kennen. Andernfalls vergeudet der Beamte Zeit, um jede einzelne Stadt kennenzulernen – welche Gegenden sind gut, welche schlecht, welche »Gesetze der Straße« gelten hier und so weiter. Es ist ­lächerlich.
    Ich hatte Glück – mein Pfeil landete in der Nähe meiner Heimat. Mein erster Auftrag führte mich nach Newark. Normalerweise bekommen Neulinge öde Aufträge in irgendeinem Dezernat. Die Außenstellen (Field Offices) des FBI werden in Dezernate eingeteilt, die jeweils bestimmte Delikte verfolgen, zum Beispiel Bankraub, Wirtschaftskriminalität und so weiter. Das FBI besteht aus Abteilungen, deren Größe die Zahl der Dezernate ­bestimmt. Die Abteilung in Newark hatte etwa 25 Dezernate. Der Leiter kümmert sich um alle Fälle in seiner Region, für die sein Dezernat zuständig ist. Einzelne Beamte im Dezernat, die Case Agents, bearbeiten jeden dieser Fälle, und der Rest des Dezernats hilft ihnen, ihr Ermittlungsziel zu erreichen. Angenommen, ich bin in Newark und bekomme einen Hinweis auf einen Bankraub in Alabama, dann gebe ich den Tipp an den Dezernatsleiter und an den Case Agent in Mobile weiter, damit sie eingreifen können.
    Natürlich sind manche Fälle grenzüberschreitend. Wenn ich in Newark arbeite und herausfinde, dass Kokain aus der Bronx geliefert wird, informiere ich den zuständigen Beamten im New Yorker Büro, das womöglich versucht, den Fall an sich zu ziehen. Das kommt andauernd vor. Im Idealfall sollten wir uns das FBI als Einheit vorstellen, als die Gesamtheit aller Bestrebungen, das Recht durchzusetzen – als Teamwork.
    Neue Agenten durchlaufen verschiedene Dezernate und enden meist in einer langweiligen, unbedeutenden Dienststelle. Aber jemand oder etwas hatte wohl ein Auge auf mich. Nach nur drei oder vier Wochen im Dezernatskarussell wurde ich dem nobelsten, wichtigsten, begehrtesten aller Dezernate zugewiesen: dem Dezernat C-1, das für flüchtige Gangster, Bank­ räuber und Terroristen zuständig ist. Ich sollte bei erfahrenen Vete­ranen von der Pike auf lernen. Meine Kollegen, die sich mit gestohlenen Autos und anderen banalen Fällen herumplagen mussten, beneideten mich.
    Während meiner ersten paar Wochen forderte mich niemand auf zu arbeiten. Also saß ich von sieben Uhr morgens bis sechs Uhr abends nur am Schreibtisch. Um sechs gingen alle nach Hause, und das Geplapper per Funk zwischen den Beamten im Außendienst ebbte ab. Niemand wollte mich einsetzen. Niemand wollte auch nur mit mir reden. Ich war der einsamste Mann beim FBI.
    Mein inoffizieller Titel lautete »FNG«, eine Abkürzung für »Fucking New Guy«, eine abwertende Bezeichnung für jeden Neuzugang einer Einheit während des Vietnamkrieges.
    Wer ist der Kerl, fragten sich die FBI-Kollegen. Wie hat er diesen beliebten Job ergattert? »Was bist du denn für einer?«, fragten sie mich. »Der Liebling des Chefs?«
    Ich hielt den Mund und wartete auf meine Chance. Immer wieder kam die Meldung, dass ein Flüchtiger in einer Wohnung in Newark aufgespürt worden sei oder dass gerade eine Bank ausgeraubt werde. Alle Beamten im Raum legten ihre Ausrüstung an – Pistole, Sicherheitsweste, Handschellen, das ­übliche Handwerkszeug der Polizei. Aber wenn ich in kläglichem Ton fragte: »Darf ich euch begleiten, Jungs?«, war die Antwort immer die gleiche: »Nein, Kleiner. Du bleibst hier.«
    Das nagte an mir. Es brachte mich schier um, dass man mir nicht erlaubte, an den Einsätzen meiner Kollegen teilzunehmen. Ja, ich hatte zu tun; aber ich hatte nichts Sinnvolles zu tun. Wie allen Neulingen gab man mir Akten zu lesen; doch dabei handelte es sich um Fälle, die man »alte Hunde« nannte, etwa um Täter, die schon so lange flüchtig waren, dass die Idee, sie jemals zu schnappen, lächerlich gewesen wäre. Eine Akte war ­sogar in eine Hundefuttertüte gewickelt, wohl um zu unterstreichen, was für ein alter Hund der Fall war.
    Ich war ein rangniedriger GS-10, ein Jungfuchs, der 20 Kollegen Kaffee und belegte Brote brachte und ansonsten nichts zu tun hatte. Wenn die Kollegen sich darüber unterhielten, was sie nach Feierabend unternehmen würden, fragte ich: »Jungs, geht ihr heute Abend aus?« Und sie antwor­teten immer: »Nein, tut uns leid, Kleiner!« Natürlich gingen sie aus, aber sie wollten mich nicht mitnehmen. Das war in Ordnung. So war es

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