Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich war Jack Falcone

Ich war Jack Falcone

Titel: Ich war Jack Falcone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joaquinn Garcia
Vom Netzwerk:
Diese Jugendlichen begingen Straftaten und Selbstverstümmelungen aller Art und wurden irgendwann von der Mafia auf­ genommen. Einige sagten, Craig sei nicht von Natur aus ein harter Bursche gewesen wie die anderen – nur weil die Tanglewood Boys und die Mafia hin­ ter ihm standen, habe man ihn gefürchtet. Craig war ein Kind, das den Be­ trieb seines Vaters übernahm, aber nicht das richtige Händchen dafür hatte.
    John Gotti schlug Craig DePalma Mitte der 1990er - Jahre zur Aufnahme vor, gleichzeitig mit Mikey »Scars« DiLeonardo und Nicky LaSorsa – sie waren im selben »Anfängerkurs«. Während der Aufnahmezeremonie für Craig geschah etwas Lustiges. Es ist Tradition, den Bewerber zu fragen: »Weißt du, warum du hier bist?« Und die Etikette verlangt, dass er mit Nein antwortet. Nun, John Gotti stellte Craig DePalma die schicksalhafte Frage, und Craig schaute ihn an und sagte: »Klar! Ich bin hier, um Mitglied zu werden!«
    Greg lachte oft darüber. Es hörte sich an wie: »Ha, ha, mein Sohn – ein toller Hecht!«
    Gotti und die anderen schüttelten den Kopf. Sie dachten wohl: »Was ist denn mit dem los?«
    Im Jahr 1999 wurden Craig DePalma, sein Vater und John Gotti jun. wegen Erpressung und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Drei Jahre später erklärte sich Craig bereit, mit der Staatsanwaltschaft zusammenzuarbeiten, überlegte es sich jedoch in letzter Minute anders. Sein Vater ließ ihm mitteilen, er habe furchtbare Schande über die Gambino-Familie gebracht, seinen Eid gebrochen und so weiter. Craig, der nie in der Mafia sein wollte, schämte sich so darüber, seinen Vater enttäuscht zu haben, dass er versuchte, sich in seiner Zelle zu erhängen. Er überlebte mit knapper Not, fiel aber in ein irreversibles Koma und lag von da an bewusstlos in einem Gefängniskrankenhaus in Atlanta.
    Hartnäckig wie immer bemühte sich Greg monatelang um eine Begnadigung seines Sohnes, und sechs Monate, bevor ich meine Arbeit am Fall Gambino aufnahm, hatte er Erfolg. Dann musste er sich überlegen, wo er Craig unterbringen sollte. Es gibt nicht gerade viele Einrichtungen für Dauerpflegefälle, die Mafiosi und Söhne von Mafiosi aufnehmen. Greg zog verschiedene Heime in New York und Florida in Betracht und entschied sich schließlich für das United Hebrew Geriatric Center in New Rochelle. Die Heimleitung wollte Craig nicht aufnehmen, aber Greg bestand darauf.
    »Ich will nichts mit der Mafia zu tun haben!«, erklärte der Direktor.
    »Wir sind nicht mehr wie früher«, versicherte Greg ihm mit einer Stimme, die Aufrichtigkeit und Reue ausdrückte. »Ich bin ein anständiger Bürger geworden, nachdem diese Sache mit meinem Sohn passierte. Ich verspreche Ihnen, dass wir niemanden stören werden.«
    »Ich will nicht, dass die Mafia durch mein Haus geht!«, beharrte der Direktor. »Wir haben ältere Leute hier, und die brauchen ihre Ruhe.«
    »Ich habe mit Kriminellen nichts mehr zu tun«, sagte Greg. »Die einzigen Besucher werden meine Frau und ich sein. Wir werden Ihnen nicht den geringsten Ärger machen. Sie haben mein Wort.«
    Der Direktor gab nach und sollte es bald bereuen. Es dauerte nicht lange, und Greg hielt mit bis zu acht oder neun Mafiosi gleichzeitig Hof. Wir trafen uns dort und sprachen vor Craigs Körper über Geschäfte. Oder wir trugen ihn auf einer Bahre ins Freie, damit er ein wenig frische Luft bekam. Craigs Zimmer wurde zu Gregs Büro. Squitieri, der niemanden in der Öffentlichkeit traf, kam einmal mit Baseballmütze und Baseballbrille ins Heim. Trotzdem gelang uns ein Beweisfoto. Dies war der unangenehmste Teil meines Jobs. Ich hasste es, ins Heim zu gehen, aber ich musste es fast jeden Tag tun.
    Greg nahm im Pflegeheim viele Schutzgelder von Bauunternehmern und anderen Leuten in Empfang. Sie gingen direkt vor dem bewusstlosen Craig ihren Geschäften nach. Mal ordnete Greg Gewaltanwendung an, mal fragte er seinen Sohn fürsorglich: »Liegst du bequem? Soll ich dieses Video für dich einlegen? Siehst du Big Jack hier? Er wird bald einer von uns sein.«
    Ich schaute mich um und dachte: Was für ein Leben ist das? Hier liegt Craig DePalma, den John Gotti persönlich initiiert hat und der zu Gottis Gang gehörte ­– aber kein Mafioso hat ihn jemals besucht. Sie kamen nur, um mit Greg übers Geschäft zu reden. Wo ist dieses enge Band, von dem die Mafia schwärmt? Es hält nur so lange, wie man zusammen im Restaurant sitzt, Chianti kippt und

Weitere Kostenlose Bücher