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Ich war zwölf...

Ich war zwölf...

Titel: Ich war zwölf... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nathalie Schweighoffer
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Frauen
auf den Pornokassetten. Da ich eben gesagt hatte, es gefiele mir, konnte ich
mich auch bewegen.
    Nein. Ich konnte es nicht. NEIN und
nochmals NEIN. Und er wollte mir weismachen, daß er mich liebte, dieser
Mistkerl! Das werde ich nie vergessen.
    Ihm ist klar geworden, daß ich lüge.
Ich sage, ich mag das, aus Angst, eine Tracht Prügel zu bekommen. Ich bewege
mich nicht, weil ich meinen Körper nicht kommandieren kann. Er hält inne. Er
öffnet seine Schublade und holt zwei Joints hervor. Ein Zeichen mit dem Kopf,
ich muß an meinen Platz zurück. Ohne mich wieder anzuziehen. Ich soll mich
hinsetzen, nackt und erniedrigt. Er reicht mir den Joint, zündet ihn an, ich
muß diesen Dreck rauchen. Wahrscheinlich, um rosarote Elefanten zu sehen.
    »Du mußt dich daran gewöhnen. Das wird
dir helfen, Lust zu empfinden und gern zu haben, was wir tun. Ich will, daß du
das erreichst. Es ist meine Pflicht als Vater, dir die Liebe beizubringen und
alles, was du als Frau wissen mußt. Das ist normal.«
    Ich habe seinen Dreck geraucht. Ich sah
keine rosaroten Elefanten, aber ihn hatte es in Fahrt gebracht. Wir konnten
also weitermachen. Ich frage mich, ob er wirklich an seine Ohrenbläserei
glaubte. Das ist unmöglich. Er war wahnsinnig, anstaltsreif. Es war seine
»Pflicht«, mein Leben als Kind, als Teenager und als Frau zu zerstören? Ich
werde Ihnen erzählen, wieviel Zeit, Anstrengung und Überlebenswillen es mich
später gekostet hat, einen männlichen Körper in meinem Bett zu ertragen. Und
mich berühren zu lassen. Ich werde Ihnen die Alpträume beschreiben, aus denen
ich schreiend erwache, in der Überzeugung, daß seine Hände auf mir liegen.
Seine Haut, sein Geruch, sein Atem. Das stößt mich in die Hölle zurück. Nur
eines zählt: Er ist der erste gewesen und der einzige, der mein Leben zerstört
hat. Soll er daran krepieren!
    Wie ein Schwein hat er alles auf mir
ausgespuckt. Er war glücklich, es war zu Ende. Das Martyrium war für diesen
Abend vorüber. Ich habe mich wieder angezogen, ich habe meine Glimmstengel
eingesammelt, ich hatte nur noch ein Bedürfnis: mich in meinem Bett zu
verkriechen, mit meinem Teddybär. Nur er hörte es, wenn ich sagte: »Ich kann
nicht mehr. Ich bin unglücklich, mir tut alles weh. Teddy, wenn du wüßtest wie
unglücklich ich bin.«
    Er wußte, daß ich unglücklich war, aber
er konnte nicht begreifen, warum. Selbst ihm wagte ich nicht zu erzählen, was
mein Vater mir abverlangte. Ich schämte mich vor meinem Teddybär, obwohl er
doch nur ein einfacher Gegenstand war. Es ist dumm, so zu reagieren. Ich war fünfzehn,
ich rauchte Joints, ich trank Alkohol, und ich war schon mit einer
beträchtlichen Anzahl sexueller Extravaganzen vertraut. Und ich redete mit
meinem Teddy, nur um ihm mitzuteilen, daß ich unglücklich war. Können Sie das
verstehen? Ich hatte eine Mauer im Kopf, unüberwindlich. Genauso war es mit den
Leuten, wenn sie mich fragten, warum es mir schlecht ginge, warum ich nicht gut
arbeitete, warum ich aggressiv, bösartig, teuflisch war. Warum, warum, warum?...
Darum. Weil meine Eltern sich nicht gut verstehen. Weil mein Freund mit mir
Schluß gemacht hat. Weil ich Kopfweh habe. Und dann, weil... Geht Sie das etwas
an?
    Wenigstens mein Teddy tröstete mich.
Ich konnte auch auf mein Kopfkissen schlagen und hineinbeißen, um mich
abzureagieren. Eine Kerze anzünden, damit mich ein kleiner Hoffnungsschimmer
aufhellte. Manchmal ging ich in die Kirche, um zu beten, oder es zumindest zu
versuchen. Es gab dort viele Kerzen, Wachslichter in allen Größen, eine Menge
Flammen der Hoffnung. Wie in den Konzerten: Wenn es einem gefällt, zündet man
sein Feuerzeug an, um durch die kleinen Flammen geistig miteinander verbunden
zu sein. Ich hatte auch Bier, Kaffee, Zigaretten. Ich konnte die winzigen
Pluspunkte zusammenzählen, an die ich mich klammern konnte.
    Und plötzlich schoß mir durch den Kopf:
Ich hatte meine Regel nicht bekommen. Herr Gott noch mal, wann war sie das
letzte Mal gewesen? Ich hätte sie schon haben müssen. Ich erinnerte mich nicht
mehr genau an die Daten. Und wenn ich schwanger war? Das war unmöglich. Nein. Das
nicht! Er hatte mir geschworen, er passe immer auf. Aber was genau hieß das
»aufpassen«? Wann hatte er es gesagt? Am Anfang, glaube ich. Aber konnte ich
ihm vertrauen? In welchem Augenblick fing das mit dem Aufpassen an? Ich wußte
nicht viel darüber. Er, dieser Dummkopf, sagte ganz stolz, er könne es
zurückhalten. Aber er besudelte

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