Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich weiss, dass du luegst

Ich weiss, dass du luegst

Titel: Ich weiss, dass du luegst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Ekman
Vom Netzwerk:
Wiederholungen wie etwa «Ich, ich, ich meine, wirklich.» und gespaltene Wörter wie «ta-tatsächlich».
    Diese stimmlichen Täuschungshinweise - Sprechfehler und Pausen - können sich aus zwei miteinander zusammenhängenden Gründen ergeben. Der Lügner hat womöglich seinen Text nicht gut genug ausgearbeitet, oder wenn er darauf vorbereitet war zu lügen, aber eine bestimmte Frage nicht vorhergesehen hat, zögert er oder macht Fehler beim Sprechen. Allerdings kann das auch mit einem gut einstudierten Text passieren. Große Furcht davor, entlarvt zu werden, könnte den vorbereiteten Lügner ins Stocken bringen oder ihn den Text vergessen lassen. Die Angst vor Entlarvung verschlimmert womöglich auch die Fehler, die ein schlecht vorbereiteter Lügner macht. Wenn der Lügner wahrnimmt, wie schlecht er klingt, könnte sich seine Angst, ertappt zu werden, verstärken, was wiederum zu einer Zunahme der Pausen und Fehler beim Sprechen führt.
    Eine Täuschung kann man auch am Klang der Stimme erkennen. Während die meisten Menschen glauben, ihr Klang verrate uns, welche Emotionen eine Person erlebt, sind sich Wissenschaftler, die Stimmen erforschen, immer noch unsicher. Es sind einige Methoden entdeckt worden, um unangenehme von angenehmen Stimmen zu unterscheiden, dennoch wissen die Experten nicht, ob sich der Klang der Stimme mit jeder der unangenehmen Emotionen Wut, Furcht, Kummer, Ekel oder Verachtung verändert. Meiner Meinung nach wird man im Laufe der Zeit diese Unterschiede entdecken, daher komme ich jetzt zu den bekannten Fakten und vielversprechenden Ergebnissen. Das am besten dokumentierte stimmliche Zeichen für Emotionen ist die Stimmlage. Bei 70 Prozent der Personen, die untersucht worden sind, steigt die Stimmlage, wenn sie aus der Fassung gebracht werden. Vielleicht trifft das am meisten zu, wenn es um Gefühle wie Wut oder Furcht geht. Es gibt nicht bestätigte Hinweise darauf, dass die Stimmlage bei Traurigkeit und Sorgen sinkt. Forscher haben noch nicht in Erfahrung gebracht, ob sich die Stimmlage mit Erregung oder Kummer verändert. Andere, weniger gut abgesicherte, aber vielversprechende Anzeichen für eine Emotion sind lauteres, schnelleres Sprechen bei Verärgerung oder Angst und leiseres, langsameres Sprechen bei Traurigkeit. Messungen anderer Aspekte wie Stimmqualität, Klangfarbe, Energiespektren in unterschiedlichen Frequenzbändern und Veränderungen, die auf die Atmung zurückzuführen sind, könnten einen Durchbruch bringen.| 9
    Die durch Emotionen hervorgerufenen Veränderungen in der Stimme sind schwer zu verheimlichen. Geht es bei der Lüge grundsätzlich um Emotionen, die genau im Augenblick des Lügens empfunden werden, besteht eine gute Chance für ein Leck. Sollte es das Ziel der Lüge gewesen sein, Furcht oder Wut zu verbergen, müsste die Stimme höher und lauter klingen, und das Sprechtempo müsste schneller sein. Genau das entgegengesetzte Muster der Stimmveränderung könnte traurige Empfindungen aufzeigen, die der Betrüger zu verheimlichen versucht.
    Der Klang der Stimme kann auch Lügen verraten, die nicht dazu dienen, Emotionen zu verbergen. Die Furcht vor Entlarvung lässt die Stimme ängstlich klingen. Möglicherweise kann nachgewiesen werden, dass ein Schuldgefühl bei einer Täuschung dieselben Veränderungen im Klang der Stimme hervorruft wie Traurigkeit, doch das ist nur eine Vermutung. Es ist unklar, ob die Freude an der Überlistung isoliert und in der Stimme gemessen werden kann. Ich glaube, dass Erregung jeder Art ein spezielles stimmliches Charakteristikum hat, doch das muss sich erst noch erweisen.
    Unsere Experimente mit den Krankenpflegeschülerinnen gehörten zu den ersten, die eine Veränderung der Stimmlage  dokumentierten.| 10 Wir fanden heraus, dass die Stimmlage während des Täuschungsmanövers stieg. Wir glauben, dies geschah, weil die Krankenpflegeschülerinnen Angst hatten. Aus zwei Gründen waren sie eingeschüchtert: Wir hatten alles Mögliche getan, damit sie große Angst vor einer Entlarvung hatten, weil für sie viel auf dem Spiel stand. Der Anblick einer blutigen Operationsszene löste in einigen einfühlsamen Krankenschwestern Furcht aus. Wahrscheinlich wären wir nicht zu diesem Ergebnis gelangt, wenn die beiden Angstfaktoren eine geringere Rolle gespielt hätten. Hätten wir das Experiment mit Menschen durchgeführt, deren Beruf nichts mit unserer Untersuchung zu tun gehabt hätte, hätte nur wenig für sie auf dem Spiel gestanden.

Weitere Kostenlose Bücher