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Ich weiss, dass du luegst

Ich weiss, dass du luegst

Titel: Ich weiss, dass du luegst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Ekman
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Deans Anschuldigungen war. Er war offensichtlich selbst eine Schlüsselfigur in der Vertuschungsgeschichte. Für ihn stand viel auf dem Spiel. Zu diesem Zeitpunkt schien mir, Dean könnte interessierter daran sein, sich selbst zu schützen, indem er den Präsidenten mit in  die Affäre hineinzog, statt die Wahrheit zu sagen.»| 13 Sirica beschreibt weiter, wie Deans Stimme ihn faszinierte: «Nach Verlesung seines Statements bombardierten ihn die Komiteemitglieder tagelang mit feindseligen Fragen. Aber er blieb bei seiner Geschichte. Er war in keiner Weise aus der Fassung zu bringen. Seine monotone, emotionslose Stimme  ließ ihn glaubwürdig erscheinen.»| 14 Andere Menschen könnten den Eindruck haben, dass jemand, der mit monotoner Stimme spricht, sich selbst zu kontrollieren scheint, was den Schluss nahelegt, er habe etwas zu verheimlichen. Wollte man Deans monotone Stimme nicht falsch interpretieren, müsste man wissen, ob dieser Tonfall für ihn charakteristisch ist.
    Die Unfähigkeit, ein Anzeichen für eine Emotion in der Stimme zu zeigen, ist nicht unbedingt ein Beweis für Wahrhaftigkeit; manche Menschen zeigen nie Emotionen, zumindest nicht in ihrer Stimme. Und selbst Menschen, die emotional sind, müssen es bei einer bestimmten Lüge nicht unbedingt sein. Richter Sirica lief Gefahr, den Brokaw-Fehler zu machen, jenen Fehler von Nachrichtensprecher Tom Brokaw, der Weitschweifigkeit als ein Anzeichen für eine Lüge interpretierte. Ich hielt dagegen, er könnte sich täuschen, weil einige Personen immer weitschweifig redeten. Jetzt war Richter Sirica davor, den gegenteiligen Fehler zu machen, nämlich jemanden als ehrlich zu beurteilen, der keinen Täuschungshinweis liefert, wobei Sirica nicht beachtete, dass es Leute gibt, die das nie tun. Beide Fehlurteile entstehen aus dem Umstand, dass sich Individuen in ihrer emotionalen Ausdrucksweise voneinander unterscheiden. Der Lügenermittler ist immer dann anfällig für Fehler, wenn er nicht weiß, wie sich der Verdächtige normalerweise verhält. Es gäbe keinen Brokaw-Fehler, wenn es keine verlässlichen Verhaltenshinweise auf eine Täuschung gäbe. Dann gäbe es nämlich für die Lügenermittler nichts zu entdecken. Und es existierte kein Brokaw-Fehler, wenn Verhaltenshinweise für alle statt nur für die meisten Menschen gelten würden. Es gibt keinen Verhaltenshinweis, der zuverlässig für alle Menschen gilt, aber einzeln betrachtet und in Kombination miteinander können sie dem Lügenermittler helfen, die meisten Menschen richtig einzuschätzen. John Deans Ehefrau, seine Freunde und Mitarbeiter wüssten, ob er, wie die meisten Personen, seine Emotionen in der Stimme zeigt oder ob er die ungewöhnliche Begabung hat, seine Stimme zu kontrollieren. Richter Sirica war anfällig für den Brokaw- Fehler, weil er Dean vorher nicht gekannt hatte.
    Deans mit monotoner Stimme vorgetragene Aussage zeigt uns auch etwas anderes: Ein Lügenermittler muss immer die Möglichkeit berücksichtigen, dass ein Verdächtiger ein ungewöhnlich begabter Darsteller sein kann, dem es perfekt gelingt, sein Verhalten zu tarnen, sodass es unmöglich ist, zu erkennen, ob er lügt oder nicht. Seinen eigenen Angaben zufolge war Dean solch ein geborener Darsteller. Er schien im Voraus zu wissen, wie Richter Sirica und andere sein Verhalten interpretieren würden. In seinem Buch beschreibt er seine Überlegungen, wie er seinen Auftritt vor dem Komitee geplant hatte: «Es wäre leicht gewesen, meine Aussage übertrieben dramatisch vorzutragen oder sie allzu schnodderig erscheinen zu lassen. stattdessen wollte ich, so beschloss ich, gleichmäßig, emotionslos und so kalt wie möglich vorlesen und Fragen auf die gleiche Art beantworten. Die Leute neigen zu dem Glauben, dass jemand, der die Wahrheit sagt, ganz ruhig  dabei ist.»| 15 Nachdem er seine Aussage gemacht hatte und das Kreuzverhör begann, berichtet Dean, sei er ziemlich aufgewühlt gewesen. «Ich wusste, ich war völlig überdreht, fühlte mich einsam und ohnmächtig angesichts der Macht des Präsidenten. Ich atmete tief durch, um den Anschein des Nachdenkens zu erwecken. Ich versuchte angestrengt, mich in den Griff zu bekommen. Du darfst einfach keine Emotionen zeigen, beschwor ich mich selbst. Die Presse wird sich darauf  stürzen und es mir als unmännliche Schwäche auslegen.»| 16 Der Umstand, dass Deans Vorstellung gelang und er das Talent hatte, sein Verhalten zu kontrollieren, muss nicht unbedingt bedeuten, dass er

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