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Ich weiss, dass du luegst

Ich weiss, dass du luegst

Titel: Ich weiss, dass du luegst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Ekman
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nur eine Studie veröffentlicht (siehe Seite 155), deren Ergebnissen einige bedeutende Psychologen nicht zustimmen. Meine Resultate werden kontrovers diskutiert, sie sind noch nicht etabliert, aber unser Beweismaterial ist aussagekräftig und wird bald von Wissenschaftlern akzeptiert werden.
    Meines Erachtens hatten sich bei dem Versuch, überzeugende Beweise dafür zu finden, dass zu jeder Emotion eine andere VNS-Aktivität gehört, zwei Probleme in den Weg gestellt, und ich glaubte, für beide Probleme eine Lösung zu haben. Ein Problem ist die Beschaffung reiner Proben von Emotionen. Um die VNS-Veränderungen bei Angst mit denen bei Wut gegenüberzustellen, muss der Wissenschaftler sicher sein, wann seine Versuchsperson die jeweilige Emotion empfindet. Da für die Messungen von VNS-Veränderungen komplexes Equipment erforderlich ist, muss der Kandidat die Emotionsproben im Labor hervorbringen. Die Schwierigkeit liegt darin, Emotionen in einer sterilen, unnatürlichen Umgebung hervorzurufen. Wie macht man Menschen ängstlich und wütend und nicht beides gleichzeitig? Die letzte Frage ist außerordentlich wichtig, die Versuchspersonen dürfen nicht gleichzeitig verängstigt und verärgert werden. Es darf nicht zu einer Emotionsmischung kommen. Werden die Emotionen nicht voneinander getrennt - sind die Proben also nicht rein -, gibt es keine Möglichkeit, festzustellen, ob die VNS- Aktivität bei jeder Emotion anders ist. Aber selbst wenn dies der Fall wäre: Solange die Wutprobe immer auch ein wenig Angst enthielte und die Angstprobe ein bisschen Wut, käme dabei heraus, dass die VNS-Veränderungen dieselben zu sein scheinen. Weder im Labor noch im realen Leben ist es leicht, Mischungen zu vermeiden, sie kommen häufiger vor als pure Emotionen.
    Die bewährteste Technik, Emotionsproben für Angst zu erhalten, besteht darin, die Versuchsperson zu bitten, sich an etwas Furchterregendes zu erinnern oder es sich vorzustellen. Nehmen wir an, die Testperson stellt sich vor, von einem Straßenräuber angegriffen zu werden. Der Wissenschaftler muss sich sicher sein, dass sie nicht zusätzlich noch ein wenig wütend auf den Räuber oder auf sich selbst wird, weil sie sich hat Angst einflößen lassen oder dumm genug gewesen ist, sich in Gefahr zu begeben. Auch mit anderen Techniken beschwört man dieselbe Gefahr von Vermischungen herauf, statt pure Emotionen auszulösen. Nehmen wir an, der Wissenschaftler zeigt einen Horrorfilm wie Alfred Hitchcocks Psycho, in dem Tony Perkins plötzlich Janet Leigh mit einem Messer angreift, während sie unter der Dusche steht. Die Versuchsperson könnte wütend auf den Wissenschaftler sein, ihm Angst gemacht zu haben, wütend auf sich selbst, weil sie sich hat Angst machen lassen, wütend auf Tony Perkins wegen dessen Angriff auf Janet Leigh, angewidert vom Blut, verzweifelt wegen Janet Leighs Leid, überrascht von der Handlung und so weiter. Es ist nicht einfach, eine Methode zu entwickeln, um reine Emotionsproben zu bekommen. Die meisten Wissenschaftler, die sich auf das vegetative Nervensystem spezialisiert hatten, nahmen einfach an - fälschlicherweise, wie ich glaube -, dass ihre Versuchspersonen taten, was von ihnen verlangt worden war, nämlich mit Leichtigkeit die gewünschten reinen Emotionsproben zu produzieren. Die Experten scheiterten daran, Schritte zu unternehmen, um die Reinheit ihrer Emotionsproben zu garantieren oder zu verifizieren.
    Das zweite Problem entsteht durch die Notwendigkeit, Emotionen in einem Labor und Ergebnisse mit Hilfe von Forschungstechnik zu produzieren. Die meisten Versuchspersonen sind sich bewusst, was passieren wird, sobald sie das Labor betreten haben: Alles muss elektrisch verstärkt werden. Um die VNS-Aktivität zu messen, müssen Kabel an unterschiedlichen Körperteilen angebracht werden. Nur um Atmung, Herzfrequenz, Hauttemperatur und Schweißabgabe kontrollieren zu können, kommen reichlich Kabel zum Einsatz. Den meisten Menschen ist es peinlich, dazusitzen, an Apparate angeschlossen zu werden und dabei zuzuschauen, wie Wissenschaftler genau ermitteln, was in ihrem Körper vor sich geht. Häufig nehmen noch Kameras alle sichtbaren Veränderungen auf. Verlegenheit ist eine Emotion, und falls sie VNS-Aktivitäten hervorruft, würden die entsprechenden Veränderungen im vegetativen Nervensystem jede Emotionsprobe verzerren, die der Wissenschaftler versucht zu erhalten. Vielleicht glaubt er, seine Versuchsperson erinnere sich zu einem bestimmten

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