Ich weiss, dass du luegst
Zeitpunkt an ein furchterregendes Ereignis und denke in einem anderen Augenblick an eine mit Wut verbundene Erinnerung. Es kann jedoch passieren, dass während der Erinnerungen Verlegenheit empfunden wird. Kein Forscher hatte Schritte unternommen, um Verlegenheit zu reduzieren, niemand kontrollierte die Ergebnisse, um sicherzugehen, dass reine Emotionsproben nicht durch Verlegenheitsgefühle unbrauchbar geworden waren.
Meine Kollegen und ich verminderten den Einfluss von Verlegenheit auf die Ergebnisse, indem wir professionelle Schauspieler als Versuchspersonen auswählten.| 22 Schauspieler sind daran gewöhnt, unter Beobachtung zu stehen, und werden nicht nervös, wenn andere jeden ihrer Schritte kontrollieren. Statt peinlich berührt zu sein, gefiel ihnen die Vorstellung, verkabelt zu werden, um die Vorgänge im Inneren ihres Körpers aufzeichnen zu können. Die Beobachtung von Schauspielern trug auch zur Lösung des ersten Problems bei, nämlich reine Emotionsproben zu erhalten. Obendrein konnten wir davon profitieren, dass die Schauspieler seit Jahren mit der Einfühlungsmethode nach Stanislawski vertraut waren. Sie waren darin geübt, sich zu erinnern und Emotionen wiederzuerleben. Schauspieler wenden diese Technik an, um mit sinnlichen Erinnerungen eine bestimmte Rolle darzustellen. In unserem Experiment verkabelten wir die Schauspieler und richteten die Videokameras auf ihr Gesicht. Dann baten wir sie, sich so intensiv wie möglich an den Zeitpunkt zu erinnern, an dem sie die größte Wut ihres Lebens gefühlt hatten, und dieses Gefühl erneut zu durchleben. Dasselbe sollten sie mit Angst, Traurigkeit, Überraschung, Glück und Ekel versuchen. Andere Wissenschaftler hatten diese Technik zuvor schon eingesetzt, aber wir glaubten, bessere Erfolgschancen zu haben, weil wir mit Profis arbeiteten, die mit der Technik vertraut waren und nicht verlegen sein würden. Außerdem verließen wir uns nicht darauf, dass unsere Versuchspersonen taten, was wir von ihnen erwarteten, sondern wir überprüften, ob wir reine Proben und nicht etwa Mischungen erhielten. Nach jeder Wiederherstellung der Erinnerung baten wir die Schauspieler, die Intensität der jeweiligen Emotion einzuschätzen und zu berichten, ob sie noch irgendeine andere Emotion empfunden hätten. Wir berücksichtigten keinen der Versuche, bei denen die Probanden das fast genauso intensive Wiedererleben einer anderen Emotion bestätigten.
Die Untersuchung der Schauspieler machte es uns außerdem leichter, eine zuvor unerprobte Technik zur Erforschung reiner Emotionen auszuprobieren. Einige Jahre zuvor entdeckten wir zufällig diese neue Technik, um Emotionen zu erregen, als wir an einer anderen Studie arbeiteten. Um mit der Mechanik des Gesichtsausdrucks vertraut zu werden - welche Muskeln rufen welche Emotionen hervor? -, zogen meine Kollegen und ich systematisch Tausende von Gesichtern, filmten sie und analysierten dann, wie jede Kombination von Muskelbewegungen das Aussehen veränderte. Zu unserer Überraschung fühlten wir plötzlich beim Einsatz der Muskeln, die mit Emotionen in Verbindung gebracht werden, Veränderungen in unseren Körpern, die auf VNS-Aktivität zurückzuführen waren. Wir hatten nicht damit gerechnet, dass vorsätzliche Bewegungen von Gesichtsmuskeln unwillkürliche VNS-Veränderungen auslösten, aber es geschah immer wieder. Allerdings wussten wir dabei nicht, ob sich mit jedem Mienenspiel der Gesichtsmuskulatur Unterschiede in der VNS-Aktivität einstellten. Wir gaben den Schauspielern genau vor, welche Gesichtsmuskeln sie bewegen sollten. Es gab sechs unterschiedliche Anweisungen, je eine für sechs Emotionen. Die Schauspieler fühlten keinerlei Verlegenheit, auf Kommando Gesichtsausdrücke zu zeigen und dabei beobachtet zu werden, und da sie ihr Handwerk beherrschten, fiel es den meisten leicht, unserer Bitte nachzukommen. Erneut verließen wir uns nicht allein darauf, reine Emotionsproben von ihnen geliefert zu bekommen. Wir nahmen ihre Gesichter auf Video auf und berücksichtigten die Darstellungen nur in dem Fall, wenn anhand der Videos ersichtlich war, dass sie jeden Satz der erforderlichen Gesichtsbewegungen gemacht hatten.
Unser Experiment erbrachte aussagekräftige Beweise dafür, dass die VNS-Aktivität nicht für alle Emotionen dieselbe ist. Die Veränderungen der Herzfrequenz, der Hauttemperatur und des Schwitzens (worauf wir unsere Messungen beschränkt haben) sind nicht bei jeder Emotion gleich. Wenn wir
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