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Ich weiss, dass du luegst

Ich weiss, dass du luegst

Titel: Ich weiss, dass du luegst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Ekman
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beschrieben habe, liegt eine ganz andere Interpretation der Gesichtsasymmetrie auf der Hand. Jene Studien haben gezeigt, dass willkürliche und unwillkürliche Ausdrucksweisen sich auch unterschiedlicher neuronaler Pfade bedienen, denn einer kann geschädigt sein, während der andere es nicht ist, abhängig davon, wo sich der Hirnschaden befindet. Denn willkürliche und unwillkürliche Ausdrücke können unabhängig voneinander auftreten, wenn der eine asymmetrisch ist und der andere nicht. Die Logik, die das Puzzle vervollständigte, basierte auf dem gesicherten Wissen, dass die Gehirnhälften die willkürlichen und nicht die unwillkürlichen Bewegungen im Gesicht bestimmen; Letztere werden von niedrigeren, primitiveren Hirnregionen hervorgerufen. Unterschiede zwischen der linken und rechten Gehirnhälfte beeinflussten die willkürlichen Ausdrücke und nicht die unwillkürlichen emotionalen Ausdrucksformen.
    Meiner Argumentation zufolge hatte Sackeim genau das Gegenteil von dem entdeckt, was er glaubte, bewiesen zu haben. Nicht die beiden Gesichtshälften unterscheiden sich in ihrem emotionalen Ausdruck. Stattdessen trat Asymmetrie genau dann auf, wenn die Mimik eine vorsätzliche, willkürliche Pose war, zu der man aufgefordert worden war. War der Ausdruck unwillkürlich wie bei den spontanen glücklichen Gesichtern, war die Asymmetrie gering. Asymmetrie ist ein  Hinweis auf einen nicht empfundenen Ausdruck.| 14 Wir führten eine Reihe von Experimenten durch, um diese Hypothesen zu überprüfen, und verglichen absichtliche mit spontanen Gesichtsausdrücken.
    Die wissenschaftliche Debatte über diese Frage ist leidenschaftlich geführt worden, und erst kürzlich kam eine partielle Übereinkunft zustande - allerdings nur über die Aktionen, die an den positiven emotionalen Ausdrucksformen beteiligt sind. Die meisten Forscher stimmen unserem Ergebnis zu, dass bei einem nicht empfundenen Ausdruck der beim Lächeln wichtigste Muskel auf einer Gesichtshälfte stärker in Aktion tritt. Als wir Versuchspersonen baten, vorsätzlich zu lächeln oder Fröhlichkeit vorzutäuschen, fanden wir eine Asymmetrie, die der bei dem Lächeln ähnelte, das manchmal beim Betrachten unserer blutigen Filme auftrat. Typischerweise war die Aktion auf der linken Gesichtshälfte geringfügig stärker, wenn die Person Rechtshänder war. Bei echtem, empfundenem Lächeln fanden wir ein viel geringeres Auftreten asymmetrischer Ausdrücke und keine Tendenz der Asymmetrie, primär auf der linken Gesichtshälfte stärker in Erscheinung treten.| 15
    Wir haben außerdem Asymmetrie bei einigen der Aktionen gefunden, die mit negativen Emotionen einhergehen, wenn diese Aktionen vorsätzlich gemacht wurden, nicht aber, wenn sie Teil einer spontanen Darstellung einer Emotion waren. Manchmal waren die Aktionen auf der linken und manchmal auf der rechten Gesichtshälfte ausgeprägter, und manchmal fehlte die Asymmetrie. Zum Lächeln kommt hinzu, dass das Herunterziehen der Augenbraue, das häufig zur Darstellung von Wut gehört, normalerweise auf der linken Gesichtshälfte stärker ist, wenn die Aktion vorsätzlich gemacht wird. Das beim Ekel einsetzende Naserümpfen und die bei Angst zu beobachtende Dehnung der Lippen in Richtung Ohren sind normalerweise stärker auf der rechten Gesichtshälfte, falls diese Mimik vorsätzlich zum Einsatz kommt. Diese Ergebnisse sind in den 1980er Jahren veröffentlicht worden.| 16
    Ich war nicht der Meinung, dass dies Bedeutung für den Lügenermittler haben würde. Asymmetrie ist normalerweise so subtil, dass ich glaubte, niemand könne sie ohne präzise Messungen aufspüren. Aber ich lag falsch. Als wir Menschen baten, zu beurteilen, ob Gesichtszüge symmetrisch oder asymmetrisch waren, lagen ihre Ergebnisse weit über Zufallswerten, obwohl sie ihre Urteile ohne Zeitlupe oder wiederholtes Ansehen trafen.| 17 Sie hatten natürlich den Vorteil, nichts anderes bewerten zu müssen. Wir wissen noch nicht, ob Menschen in der Lage sein werden, so gut abzuschneiden, wenn sie auch die Ablenkung durch Körperbewegungen ihres Gegenübers bewältigen müssen und dabei sehen, hören und mit ihm sprechen. Es ist äußerst schwierig, ein Experiment zu konzipieren, um dies herauszufinden.
    Sind viele Gesichtszüge asymmetrisch, ist es wahrscheinlich, dass sie nicht empfunden werden, allerdings ist Asymmetrie kein sicherer Beweis, dass der Ausdruck nicht empfunden wird. Manche, aber nicht alle, der empfundenen Ausdrücke sind

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