Ich weiss, dass du luegst
durch Gesicht, Körper, Stimme und Worte ist vollkommen eindeutig in seiner Aussage, nicht einmal das vegetative Nervensystem, dessen Aktivität vom Lügendetektor gemessen wird. Man macht den Fehler, einer Lüge zu glauben, weil bestimmten Menschen keine Fehler beim Lügen unterlaufen. Zu ihnen zählen nicht nur Psychopathen, sondern auch geborene Lügner, solche, die die Stanislawski-Methode anwenden, und solche, denen es auf andere Weise gelingt, an ihre eigenen Lügen zu glauben. Der Lügenermittler muss bedenken, dass die Abwesenheit eines Täuschungshinweises kein Beweis für die Wahrheit ist.
Wenn es ein Anzeichen für eine Täuschung gibt, kann das aber ebenfalls in die Irre führen und den entgegengesetzten Fehler verursachen, nämlich das Bezweifeln der Wahrheit, das einem ehrlichen Menschen eine Lüge unterstellt. Ein Täuschungshinweis kann absichtlich von einem Schwindler produziert worden sein, um dann die falsche Gewissheit seines Opfers auszunutzen, er habe ihn beim Lügen ertappt. Wie man hört, wenden Pokerspieler diesen Trick an. Sie haben damit manipulierte Täuschungshinweise, sogenannte false tells, ins Leben gerufen, wie es im Pokerjargon heißt. «So könnte ein Spieler über Stunden immer dann absichtlich husten, wenn er blufft. Der hoffentlich genügend scharfsinnige Gegner erkennt schon bald dieses Muster aus Husten und Bluffen. Wenn in der entscheidenden Phase des Spiels die Einsätze erhöht werden, hustet der Betrüger erneut, aber dieses Mal blufft er nicht und gewinnt so einen Haufen Geld von seinem verwirrten Gegenspieler.»| 1
Der Pokerspieler hat in diesem Beispiel einen Bezweifelnder-Wahrheit-Fehler provoziert und ausgenutzt. Er hat davon profitiert, dass ein anderer ihn für einen Lügner gehalten hat. Wesentlich häufiger aber leidet die Person, die fälschlicherweise als Lügner identifiziert wird, weil dem Lügenermittler ein Bezweifeln-der-Wahrheit-Fehler unterläuft. Manche Leute haben es nämlich keineswegs darauf angelegt, dass man sie für Lügner hält, obwohl sie ehrlich sind. Es ist eine bestimmte Marotte in ihrem Verhalten, eine Eigenwilligkeit ihres Ausdrucksstils. Sie
sprechen indirekt und umständlich,
machen viele kurze oder lange Pausen zwischen den Worten,
machen viele Fehler beim Sprechen,
zeigen wenige Illustratoren (sprachbegleitende Gesten),
zeigen viele Manipulatoren (sprachunabhängige Gesten),
lassen häufig Anzeichen von Furcht, Verzweiflung oder Wut in ihrer Mimik sichtbar werden, unabhängig von ihrem tatsächlichen Zustand,
zeigen asymmetrische Mimik.
Bei all diesen Verhaltensweisen gibt es enorme Unterschiede zwischen einzelnen Menschen, und das führt nicht nur dazu, dass man den Fehler macht, die Wahrheit zu bezweifeln, sondern auch dazu, dass man einer Lüge glaubt. Wer den ehrlichen Menschen, der auf eine für ihn typische Art indirekt spricht, einen Lügner nennt, begeht den ersten Fehler, wer den wortgewandten Lügner für einen ehrlichen Menschen hält, den zweiten. Obwohl selbst dessen Sprache beim Lügen indirekter werden und mehr Fehler enthalten kann, entgeht dies leicht der Aufmerksamkeit, weil seine Art zu reden immer noch viel geschmeidiger klingt als bei den meisten Menschen.
Die einzige Möglichkeit, seltener Fehlurteile zu fällen, die auf dem Brokaw-Fehler beruhen, besteht darin, seine Urteile auf eine Veränderung im Verhalten des Verdächtigen zu gründen. Der Lügenermittler muss das typische Verhalten des Verdächtigen mit dem Verhalten vergleichen, das dieser an den Tag legt, wenn er unter Verdacht steht. Begegnet man einem Menschen zum ersten Mal, neigt man dazu, falsche Schlüsse zu ziehen, weil es keine Grundlage für Vergleiche gibt und somit auch keine Gelegenheit, Verhaltensänderungen zu bemerken. Absolute Urteile - sie setzt so viel mehr manipulatorische Gesten ein, als man von ihr gewohnt ist, dass ihr offenbar ein verschwiegener Umstand Unbehagen bereitet - sind wahrscheinlich falsch. Relative Urteile - sie setzt so viel mehr manipulatorische Gesten ein, als man von ihr gewohnt ist, dass sie sich ziemlich unbehaglich fühlen muss - sind die einzige Möglichkeit, die Bezweifeln-der-Wahrheit-Fehler zu verringern, die auf individuelle Unterschiede im Ausdrucksstil zurückzuführen sind. Geschickte Pokerspieler wenden diese Methode an, indem sie sich die eigenwilligen «Teils» (Täuschungshinweise) ihrer Stammgegner einprägen.| 2 Wenn ein Lügenermittler schon nach der ersten Begegnung ein Urteil fällen muss,
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