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Ich weiss, dass du luegst

Ich weiss, dass du luegst

Titel: Ich weiss, dass du luegst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Ekman
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Lügner. Beim Fehlertyp Einer Lüge glauben identifiziert der Lügenermittler einen Lügner irrtümlicherweise als ehrlichen Menschen.| b Es kommt nicht darauf an, ob sich der Lügenermittler auf die Ergebnisse des Lügendetektors stützt oder sich darauf verlässt, dass er die Verhaltenshinweise richtig deutet. In jedem Fall ist er anfällig für diese beiden Fehler. Erinnern Sie sich an die Passage, die ich im zweiten Kapitel aus Updikes Roman Heirate mich zitiert habe. Jerry belauscht seine Frau, die mit ihrem Geliebten telefoniert, und bemerkt, dass ihre Stimme weiblicher klingt, als wenn sie mit ihm redet. Als er sie darauf anspricht, erfindet Ruth eine Geschichte. Sollte Jerry ihr Glauben schenken, würde er den Fehler machen, einer Lüge zu glauben. Denken wir uns eine Alternativhandlung aus: Ruth ist eine treue Frau, die tatsächlich mit der Sonntagsschule spricht, und Jerry ist ihr misstrauischer Ehemann. Wenn Jerry jetzt glaubt, seine treue Frau lügt, obwohl dies nicht der Fall ist, würde er den Fehler machen, die Wahrheit zu bezweifeln.
    Im Zweiten Weltkrieg beging Hitler einen Fehler des Typs, einer Lüge zu glauben, während Stalin dem gleichermaßen katastrophalen Fehler zum Opfer fiel, die Wahrheit zu bezweifeln. Mit Hilfe unterschiedlicher Mittel - Simulation von Truppenkonzentrationen, Gerüchte in die Welt setzen, falsche militärische Pläne an bekannte deutsche Spione durchsickern lassen - überzeugten die Alliierten das Deutsche Reich, dass ihre Invasion Europas, die Eröffnung einer «zweiten Front», in Calais und nicht an der Küste der Normandie stattfinden würde. Noch sechs Wochen nach der Landung in der Normandie blieben die Deutschen in ihrem Irrtum befangen und hielten einen großen Teil ihrer Truppen in Calais in Bereitschaft, statt ihrer bedrängten Armee in der Normandie zu Hilfe zu kommen. Sie waren überzeugt, dass die Landung der Alliierten in der Normandie nichts weiter als ein Ablenkungsmanöver von der bevorstehenden Invasion in Calais war! Die Deutschen glaubten also an eine Lüge: Sie hielten die Berichte, wonach die Alliierten eine Invasion in Calais planten, für die Wahrheit, während es in Wirklichkeit sorgfältig konstruierte Täuschungsmanöver waren.
    Genau den entgegengesetzten Fehler - nämlich die Wahrheit mit einer Lüge zu verwechseln - beging Stalin, als er die vielen Warnungen in den Wind schlug, die zum Teil von seinen eigenen Spionen bei der Wehrmacht kamen, Hitler bereite einen Angriff gegen die Sowjetunion vor. Das war ein Bezweifeln der Wahrheit: Stalin hielt die korrekten Berichte über die deutschen Pläne für Lügen.
    Die Unterscheidung zwischen den Fehlern, einer Lüge zu glauben und die Wahrheit zu bezweifeln, ist wichtig, weil sie den Lügenermittler zwingt, seine Aufmerksamkeit auf diese doppelte Gefahr zu richten. Beide Fehler lassen sich nicht völlig ausschließen. Man hat nur die Wahl, welchen von beiden man eher riskieren möchte. Der Lügenermittler muss selbst beurteilen, wann das Risiko, hinters Licht geführt zu werden, vorzuziehen ist und wann es besser wäre, das Risiko einer falschen Beschuldigung einzugehen. Was man verlieren oder gewinnen kann, wenn man den Unschuldigen verdächtigt oder dem Lügner glaubt, hängt von der Lüge, dem Lügner und dem Lügenermittler ab. Die Konsequenzen können bei einem Fehlertyp viel schlimmer als beim anderen sein, oder aber die Fehler wirken sich beide gleichermaßen katastrophal aus.
    Man kann nicht generell sagen, welcher Fehlertyp sich leichter vermeiden lässt. Manchmal ist es wahrscheinlicher, den einen Fehler zu machen als den anderen, mal hält es sich die Waage. Erneut hängt es von der Lüge, dem Lügner und dem Lügenermittler ab. Anhand welcher Kriterien ein Lügenermittler entscheiden kann, welchen Fehler er lieber riskieren will, werde ich am Ende des nächsten Kapitels erörtern, nachdem ich mich mit dem Lügendetektor auseinandergesetzt habe und seine Verwendung beim Aufdecken von Täuschungen mit der von Verhaltenshinweisen verglichen habe. Jetzt möchte ich zeigen, wie jeder dieser Verhaltenshinweise anfällig für die beiden Fehlertypen ist und welche Vorsichtsmaßnahmen man ergreifen kann, um die Fehler zu vermeiden.
    Individuelle Unterschiede sind verantwortlich für beide Fehlertypen beim Aufdecken von Täuschungen. Oben habe ich das Brokaw-Fehler genannt - die Unfähigkeit, das unterschiedliche Ausdrucksverhalten der Menschen zu berücksichtigen. Denn kein Täuschungshinweis

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