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Ich werde immer da sein, wo du auch bist

Ich werde immer da sein, wo du auch bist

Titel: Ich werde immer da sein, wo du auch bist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Lacour
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Kopf.
    Sie versuchte auf mich zuzugehen, aber sie stolperte und lachte noch lauter.
    Du bist echt unmöglich
, sagte ich.
    Eine ältere Frau kam auf uns zu, und mein Magen verkrampfte sich. Doch sie ging einfach an uns vorbei, ohne einen Ton zu sagen. Da standen wir und wussten nicht, wie es weitergehen sollte.
    Ich drehte mich um.
    Schau mal
, sagte ich.
    Unten am Fuß der Straße lag unsere Schule, eine Ansammlung von rechteckigen Schachteln. Obwohl wir wussten, dass die andern für Tests lernten und sich küssten und sich umeinander Sorgen machten – in diesem Augenblick waren sie nur winzige bunte Punkte.
    Das fühlt sich gut an
, sagte Ingrid.
    Weil der Tag so düster war, kam mir eine Idee. Ich sagte:
Wetten, es ist niemand im Park.
    Und richtig. Als wir dort ankamen, war der Park und auch der Kinderspielplatz leer. Niemand rutschte die Rutsche runter oder baumelte am Klettergerüst. Wir vergewisserten uns, dass auch niemand im Sandkasten war, und dann legte Ingrid die Hände auf meine Schultern.
    Du, meine Freundin
, sagte sie,
bist ein Genie
.
    Sie rannte zu den Schaukeln, und ich folgte ihr. Ich setzte mich auf den Autoreifen und holte mit den Beinen Schwung. Wir schaukelten ganz hoch, bewegten uns gemeinsam durch die Luft, brüllten wegen des Winds und weil wir nicht befürchten mussten, dass uns jemand hörte. Wir schaukelten so hoch, dass ich schon dachte, wir würden uns überschlagen. Ingrid hatte ihre Kamera um den Hals hängen und presste sie mit einem Arm an die Brust, damit sie nicht wegflog.
    Die Wolken hingen tief und waren schwer und dunkel. Dann wurde der Himmel leuchtend grau, und es begann zu regnen.
    Ingrid machte ein Foto von mir beim Schaukeln, bevor sie die Kamera unter ihre Jacke steckte, aber falls sie das Foto jemals entwickelt hat, hat sie es mir nie gezeigt.
    Bald regnete es in Strömen.
    Die Kälte tat gut, und wir schaukelten weiter, bis unsere Klamotten klatschnass waren, wir lachten und redeten über etwas, an das ich mich nicht mehr erinnern kann.

11
    Ms Delani steht vor uns, ihr Lächeln ist angespannt.
    »Heute«, sagt sie, »möchte ich mit jedem Einzelnen von euch sein künstlerisches Ziel für dieses Halbjahr herausfinden.«
    Sie lässt ihren Blick durch den Raum wandern, wahrscheinlich fragt sie sich, ob wir ihre kostbare Zeit überhaupt wert sind. In ihrem anderen Leben ist sie nämlich eine echte Künstlerin. Einmal sind Ingrid und ich zu einer Ausstellungseröffnung von ihr in einer kleinen Kunstgalerie in der Stadt gegangen. Wir waren die einzigen Schülerinnen unter den Besuchern. Alle Anwesenden waren aufgebrezelt, und es gab ein paar Flaschen Champagner und eine Platte mit Weintrauben und Käse. Wir hatten während der ganzen Bahnfahrt darüber spekuliert, wie ihre Kunst sein würde.
    Als sie uns in der Galerie entdeckte, berührte sie kurz den Arm des Mannes, mit dem sie sich gerade unterhielt, und kam zu uns. Sie umarmte uns schnell und fest, ganz selbstverständlich. Sie stellte uns als ihre zwei vielversprechendsten Schülerinnen vor, und Ingrid und ich hauten ihr zuliebe auf den Putz und ratterten die Namen berühmter Fotografen runter, die wir bei ihr gelernt hatten.
    Alle ausgestellten Fotografien zeigten dasselbe: einzelne Puppenglieder auf leuchtend buntem Stoff. Porzellanarme und -beine und -bäuche, aber meistens Köpfe. Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte.
    Die Fotos waren wunderschön, aber gleichzeitig irgendwie beunruhigend.
    Nachdem wir dort gewesen waren und sie gesehen hatten, als sie Champagner trank und mit tiefer Stimme zu einer Gruppe beeindruckter Menschen redete, konnte ich förmlich fühlen, wie langweilig wir ihr vorkommen mussten. Alle in unserem Kurs – außer Ingrid, die wirklich begabt war.
    Letztes Schuljahr hatten wir die Aufgabe bekommen, etwas für uns sehr Wichtiges zu fotografieren. Wahrscheinlich hatte sie erwartet, dass wir Fotos von ganz außergewöhnlichen Gegenständen abgeben würden – keine Ahnung, von was für welchen –, denn als sie herumging, um sich die Ergebnisse anzusehen, und ein Supersportler bloß seinen Baseballhandschuh im Gras fotografiert hatte und eine Cheerleaderin ihre Pompoms auf dem Boden der Turnhalle, flippte sie fast aus. Ihr Lächeln erstarb. Sie ging zurück zu ihrem Pult, barg den Kopf in den Händen und schwieg bis zur Pause.
    Heute sieht sie optimistischer aus, sie ruft einen nach dem anderen zu sich. Ich sitze natürlich in der hintersten Ecke. Sie beginnt mit Akiko, die vorn links

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