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Ich will doch nur normal sein!

Ich will doch nur normal sein!

Titel: Ich will doch nur normal sein! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina J.
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den Tatsachen entsprach. Wegen diesem ungerechten Urteil wollte ich Schluss machen, ich bin daran zerbrochen und musste doch weiter leben. Weiterleben mit der Schande, dass man mir meine Pflegetochter weggenommen hat. Es hat sich keiner dafür entschuldigt, als es später klar war, dass ich sie nur schützen wollte und richtig gehandelt habe. Nein, bis heute lebe ich noch mit der Schande in mir, dass das Jugendamt mir meine Pflegetochter weggenommen hat (dies passiert doch nur bei asozialen und schlimmen Verhältnissen – also Schande!). Ich habe es bis heute nicht verarbeitet, das Kind weg, ungerecht verurteilt. Arbeit weg, da ich einen Suizidversuch gemacht habe (so etwas geht ja wohl nicht an in einem katholischen Haus). Gut, so offen haben sie es nicht gesagt, aber es war schon klar, dass ich deswegen entlassen wurde. Umschulung futsch, Depressionen – Klinik usw. Wozu weiterleben?
    Warum hat meine Mutter mir nicht geholfen, ich habe doch auch nicht den Mund gehalten. Ich habe doch auch versucht, meiner Pflegetochter zu helfen und das Schwein angezeigt. Meine Mutter hätte meinen Stiefvater nicht angezeigt, aber sie musste es tun, die Mutter meiner Freundin hätte es sonst getan. Also zeigte sie ihn zwangsläufig an und ich wurde schnellstens „entsorgt“.
    Das tut alles immer noch so verdammt weh. Mein Adoptivsohn tauchte nach Abschluss seiner Lehre unter und hat sich seit Jahren nicht mehr gemeldet. Ich weiß nicht, wo er lebt und wie es ihm geht. Mit 4 1/2 Jahren bekam ich ihn aus dem Kinderheim und mit 5 Jahren haben wir ihn adoptiert. Mir ging es zu schlecht, um genug für ihn da zu sein – ist er des wegen fort? Konnte er nicht mehr ertragen, wie ich drauf war, nur Heulen und Depressionen.
    Bin ich Schuld, weil ich ihn verloren habe?
    Mir ist es am liebsten, ich denke an nichts, dann ist alles weit weg, dann merkt keiner, was los ist und ich muss mich nicht zusammenreißen und lächeln. Was hatte ich alles. Eine richtige Familie. Ich hatte zwei Brüder, ich hatte eine Mutti und einen Stiefvater, ich hatte Oma und Opa und ich hatte später einen Vater und eine Stiefmutter. Ich hatte einen Sohn und ich hatte eine Tochter.
    Was habe ich heute noch? Wen von denen habe ich heute noch? NIEMANDEN!
    Alles ist verloren, alle sind weg, nur ich bin noch da – übrig, wie Müll, den jemand vergessen hat, wegzuwerfen.
    Ich weiß nicht, wofür ich lebe, ich fühle nicht, dass ich lebe, ich existiere nur als leere Hülle, die funktionieren muss, bis sie irgendwann mal wieder keine Kraft mehr hat, zu funktionieren.
    Seit dem 29.1.2004 bin ich wieder in der Klinik. Lange war ich nicht zu Hause. Am 13. Dezember wurde ich erst entlassen. Es ging mir 2 Tage gut und ich wollte einfach nach Hause. Den ersten Termin bei meiner Therapeutin hatte ich dann erst am 20.12. und dann erst wieder einen am 20.1.2004. Mir ging es immer schlechter. Ich hatte immer mehr das Gefühl, allein zu sein, ganz allein. Mit keinem reden zu können. So, als hätte ich etwas sehr Wichtiges verloren. Jemand mit dem ich reden kann, der mir hilft. Ich habe total den Boden unter den Füßen verloren und wusste nicht, was los ist.
    Da war ein Schmerz da, der mich völlig ausfüllte und ich versuchte einfach weiter zu machen und weiter zu machen, den Alltag zu bewältigen, was immer weniger gelang. Morgens schon kam ich nicht mehr aus dem Bett. Etwas war anders. Sonst konnte ich morgens nicht aufstehen, weil ich schlecht geschlafen habe und Kopfschmerzen hatte. Die hatte ich jetzt auch, aber sonst wollte ich aufstehen und nun wollte ich einfach liegen bleiben und nicht mehr aufstehen und ich hatte immer mehr Gedanken, nicht mehr zu wollen, nicht mehr zu können, es einfach nicht mehr auszuhalten. Ringsum hatte ich das Gefühl, weggestoßen zu werden, alles falsch zumachen. Ich verzweifelte immer mehr und ich begriff, wenn jetzt noch irgend eine Kleinigkeit passiert, dann weiß ich nicht mehr, ob es gut geht, ob ich es durchstehe und mir nichts antue – ich meine, mich umbringe. Es war wirklich nur noch eine Gratwanderung und ich hatte Angst, Angst vor allem, bin nicht mehr aus dem Haus, habe kaum noch gesprochen, um nichts falsch zu machen.
    Es war nicht meine Therapeutin, die mir fehlte, nicht die Klinik, es war meine Mutti. Ich habe sie verloren, als ich weg gelaufen bin, weil ich es nicht mehr aushielt, wie sie zu mir war. Es tat zu weh. Ich hatte eine andere Mutti im Kopf und die, zu der ich gefahren war, behandelte mich wie den letzten Dreck und

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