Ich will kein Autogramm (Ich will kein ...) (German Edition)
Vorstellung, seine gesamte Verwandtschaft einladen zu müssen, ebenso. – Klar, meine auch.
Und jetzt? Jetzt hat er das plötzlich alles vergessen? Weil Anna die heiß ersehnte Märchenfee ist, oder warum? Während ich, die scheinbar hirnamputierte Idiotin vom Dienst, mit einem Top-Journalistengehalt sein Wirtschaftsstudium finanzieren durfte? Weil er ja ewig studiert hat und ich mit Publizistik in Mindestzeit fertig war? Sauber.
Ich bin also die Geldmaschine gewesen. Der Futterspender. Und kaum hat er seinen Abschluss in der Tasche gehabt, ist er mit meiner süßen Kollegin Anna ins Bett gestiegen!
Pah, wie ich die beiden hasse!
Ah, wenigstens ist da gerade ein Parkplatz frei geworden.
Na ja, irgendein Glück muss man ja haben. Sogar ich.
***
T ini ist schon da und läuft auf mich zu. Sie umschlingt mich mit ihren langen, dürren Armen. Ich drücke mich kurz an sie. Just in diesem Moment wird mir bewusst, dass auch meine aller-allerbeste Freundin eine Bohnenstange ist. Und ich bin ein Fass!!!
»Mara, das ist heute nicht dein Tag, was?«, meint Tini ehrlich zerknautscht.
»Nein, das kann ich wahrlich nicht behaupten.«
»Mäuschen, Engelchen! Ich hab euch ja schon sooooo vermisst! Wollt ihr mit eurem Sanni denn gar nichts mehr zu tun haben? Und überhaupt, ihr schaut aus wie sieben Tage Regenwetter! Also, was ist los?«, fragt uns Sanni, Sohn des Lokalbesitzers Tino, leicht vorwurfsvoll. Dennoch küsst er uns auf die Wangen, dann auf den Mund und anschließend drückt und herzt er uns. Das darf sich bei uns nur Sanni erlauben. Er hat da so etwas Ähnliches wie einen Sonder-Sonderstatus.
»Sanni, wir haben Land unter. Norbert hat heute geheiratet. Ich denke mal, wir brauchen das Stärkste, das du zu bieten hast«, klärt ihn Tini über die Gesamtlage auf. Normalerweise hätte ich mich über diese Tratscherei maßlos geärgert, aber bei Tini und Sanni geht das in Ordnung. Sanni, eigentlich Sandro, ist schwul und unser bester Freund. Deshalb sind wir ja auch hier. Diese Krise erfordert Alkohol, Freunde und gnadenlose Aufrichtigkeit.
Ach ja, und nur er darf mich »Engelchen« nennen. Jeden anderen würde ich dafür enthaupten.
Sanni dreht sich zu mir.
»Engelchen?! DAS tut er dir an? Nein, ich kann es nicht glauben. Nein, so ein Schuft.« Sanni schnauft schwer.
Er nimmt sich aber auch immer alles so zu Herzen. Doch dafür lieben wir ihn. Sanni lebt nicht nur mit, er leidet auch richtig mit.
Irgendwie sammelt er sich wieder und marschiert zielstrebig zur Theke. Währenddessen packe ich mein iPad aus. Doch bevor ich schauen kann, ob Norbert weitere Hochzeitsfotos hochgeladen hat, oder welche Schlangen aus unserem ehemaligen Freundeskreis ihm zur Hochzeit gratulieren, schnappt Tini mein Tablet und verstaut es in ihrer Handtasche.
»Mara. Sicher nicht. Das ist masochistisch. Lass die Finger von diesem Scheißding!«
»Aber ich ...«, stammle ich.
»Nichts da. Vergiss es. ... Schau mal, die Rettung naht.««
Ich sehe mich um. Sanni ist auf dem Weg zu uns: Mit einer Flasche Prosecco, drei Gläsern, einer Flasche Grappa, drei Schnapsgläsern sowie Erdnüssen. Wow! Und das alles balanciert er an den herumstehenden Gästen vorbei. Tatsächlich schafft er es ohne Unfall bis hin zu unserem kleinen Tisch in der Nische. Ein wahres Kunststück.
»Also, meine Süßen. Zuerst einen Grappa ... das hilft immer. Alte italienische Weisheit.« Er drückt Tini und mir ein Schnapsglas in die Hand. »Salute!«, und schwups, wir spülen das Gesöff in den Magen.
Sanni öffnet den Prosecco, gießt die Sektflöten voll und meint, »Engelchen! Jetzt wird es aber Zeit. Vergiss endlich diese ... diesen ... hm, ja MANN. Schau ihn dir doch mal an. So was von stillos. Wie der immer gestylt ist? Also echt. Kein Sinn für Feines. Der geht gar nicht für meine Principessa! Engelchen, du verdienst einen Mann. Und zwar einen richtigen. Mit Knackarsch und einen, der dich auf Händen trägt. Also hör auf deinen Sanni. So, und jetzt trinken wir. Also auf dich, Mara!«
»Ja genau, auf dich und auf den Richtigen«, schließt sich Tini an.
Ich sage nur »Prost« und schlucke das Gesöff hinunter.
Bitte! Woher soll ich denn jetzt einen Traummann aus dem Ärmel zaubern? Hallo, das ist mir doch schon die letzten vierzehn Monate nicht gelungen. Wieso soll das jetzt auf einmal funktionieren? Also ich sehe da schwarz und stürze das nächste Glas hinunter.
Sanni steht auf und entschuldigt sich, er muss ja auch noch die anderen Gäste
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