Ich will nur dein Glück: Roman (German Edition)
größte Nervensäge, die ihm je über den Weg gelaufen war.
»Jetzt hast du mich ja gefunden«, sagte Kelly, die bedeutend ruhiger wirkte als er. Als hätte sie die Szene kein bisschen aus der Fassung gebracht. Aber vielleicht war sie ja auch bloß eine verdammt gute Schauspielerin. Jedenfalls schien sie die ganze Sache vollkommen gelassen zu nehmen, während er Tess angeblafft hatte, weil ihn immer noch die von Kelly geweckte Begierde quälte.
»Ethan und Faith wollen mit dir reden«, brummte Tess missmutig.
Offenbar gefiel ihr nicht, was zwischen ihm und ihrer großen Schwester vorgefallen war. Nash dagegen hatte es ausnehmend gut gefallen.
Zu gut eigentlich.
Doch Tess’ bitterbösem Blick nach zu urteilen bedeuteten der Kuss und die Tatsache, dass Nash sie dann auch noch angefahren hatte, einen gewaltigen Rückschritt in seinen Bemühungen, eine Beziehung zu der Kleinen aufzubauen. Mist. Und er hatte gedacht, schlimmer könnte es nicht werden. So konnte man sich täuschen.
»Sag ihnen doch bitte, dass ich gleich komme, ja?«, bat Kelly ihre Halbschwester geduldig.
Das Mädchen verschränkte die Arme vor der Brust. »Und wenn ich keine Lust dazu habe?«
Kelly hob eine Augenbraue. »Soweit ich weiß, bin ich diejenige, die auf dich aufpasst, solange Ethan auf Hochzeitsreise ist, und wenn du nicht die ganze Zeit über auf deinem Zimmer hocken willst, dann solltest du jetzt lieber tun, was ich dir sage.«
Tess verdrehte die Augen und stampfte mit dem Fuß auf – was nicht sonderlich beeindruckend wirkte, da sie zur Feier des Tages ein violettes Kleid und Pumps mit niederen Absätzen trug – , dann stürmte sie von dannen.
»Gut gemacht«, sagte Nash bewundernd, weil Kelly es geschafft hatte, Tess zum Gehorchen zu bewegen, ohne die Stimme zu erheben oder sie anzufahren.
»Ja, ich habe wohl etwas souveräner reagiert als du.« Sie warf ihm einen amüsierten Blick zu. »Aber das ist nicht mein Verdienst. Du hast ja erlebt, wie sie war, bevor Ethan sie unter seine Fittiche genommen hat. Dieser Wandel geht auf seinen Einfluss zurück, nicht auf mich.« Es schien sie zu bekümmern, dass sie bei Tess nicht so erfolgreich gewesen war.
Dieses Gefühl kam ihm bekannt vor. »Ach, hör mir bloß mit dem heiligen Ethan auf.«
Sie hob eine Augenbraue. »Warum gibt es zwischen Ethan und dir eigentlich ständig Reibereien?«, wollte sie wissen.
Doch Nash hatte nicht die geringste Lust, sich mit ihr über seinen Bruder oder über seine Vergangenheit zu unterhalten. Er stellte ihr eine Gegenfrage, um vom Thema abzulenken. »Erkundigst du dich jetzt nach meinem Leben, um nicht über den Kuss reden zu müssen?«
Ein Lächeln umspielte überraschend ihre Lippen. »Warum sollte ich nicht darüber reden wollen, wo er doch so schön war?«, fragte sie und zog erneut an seiner Krawatte.
Ihre feuchten Lippen schimmerten, verlockend wie ihr neu erwachtes Interesse. Nash vergrub die Hände in den Hosentaschen. Auf diese Weise war es leichter, sie bei sich zu behalten.
»Kelly! Wir warten!«, rief Tess ungeduldig und unterbrach sie damit erneut, was ihn daran erinnerte, weshalb er sich von Kelly ab sofort fernhalten musste.
»Ich komme!«, rief Kelly über die Schulter, ehe sie Nash ein letztes Mal in die Augen blickte. »Wie es aussieht, bekommst du einen Aufschub.« Ihre Augen blitzten schelmisch auf.
Das Funkeln wirkte ansteckend. Sie hatte Mumm, und sie wirkte selbstbewusst und unabhängig. Seine Ex-Frau war das genaue Gegenteil gewesen: süß und schutzbedürftig.
Kelly konnte offensichtlich ganz gut auf sich selbst achtgeben.
Aber Nash hatte nicht vor, sie gleich die Oberhand gewinnen zu lassen. »Ich weiß nicht, was du meinst«, flunkerte er.
Sie tätschelte ihm die Wange. »Mach dir ruhig weiterhin etwas vor.«
Genau das hatte er vor. So lange, bis er sich selbst davon überzeugt hatte, dass diese Frau nur Schwierigkeiten machen und ein Hindernis auf dem Weg zu einer Beziehung mit Tess darstellen würde.
Kelly Moss stand am Fuße der geschwungenen Treppe im Haus von Ethan Barron, das man eigentlich schon als Villa bezeichnen musste. »Nun komm schon, Tess!«, rief sie ins obere Stockwerk. »Wenn du vor der Schule noch etwas essen willst, musst du jetzt mal einen Zahn zulegen!« Es war das dritte Mal binnen fünf Minuten, dass sie Tess zum Frühstück rief.
»Ich komm ja schon!«, ertönte von oben die mürrische Antwort.
Ethan und Faith waren gestern Vormittag zu ihrer Hochzeitsreise aufgebrochen. Sie
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