Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties
hat ein Motiv für ihre Rache, aber sie will, sie muss Rez vernichten. Sie ist eine sehr mächtige Frau in einer sehr mächtigen, weltumspannenden Organisation. Eine schlichte Gewaltandrohung von Ihnen wird sie nicht aufhalten. Dadurch schaukelt sich die Sache nur auf; sie wird zu ihren Sicherheitsleuten gehen …«
»Nein«, sagte Blackwell, »wird sie nicht, weil das eine Verletzung der sehr persönlichen Beziehung wäre, die ich in unserem Gespräch hergestellt haben werde. Das ist hier das Schlüsselwort, Laney: persönlich. Von Angesicht zu Angesicht. Wir werden uns nicht als Vertreter unserer jeweiligen gesichtslosen Unternehmen treffen, wenn wir diese tiefe, bedeutungsvolle und verdammt unvergessliche Vier-Augen-Episode ins Buch unseres Lebens ritzen. Keineswegs. Es ist ein ganz und gar privates Rendezvous für Ihre Kathy und mich, und es könnte sich durchaus erweisen, dass es intimer, ja, ich hoffe sogar, erleuchtender ist als jedes andere, das sie bisher gehabt hat. Weil ich nämlich eine neue Gewissheit in ihr Leben bringen werde, und wir alle brauchen Gewissheiten. Sie tragen dazu bei, den Charakter zu formen. Und ich werde dafür sorgen, dass Ihre Kathy hinterher so fest, wie nur irgend möglich davon überzeugt ist, dass sie sterben wird, wenn sie mir in die Quere kommt — aber erst, nachdem sie dazu gebracht worden ist, sich den Tod von ganzem Herzen zu wünschen.« Und Blackwells Lächeln, mit dem er Laney sodann in den vollen Genuss des Anblicks seiner Zahnprothese kommen ließ, war grausig. »Also, wie genau sollten Sie mit ihr in Kontakt treten, um ihr Ihre Entscheidung mitzuteilen?«
Laney suchte seine Brieftasche und holte die leere Karte mit der mit Bleistift draufgeschriebenen Nummer hervor. Blackwell nahm sie an sich. »Danke.« Er stand auf. »Eine Schande, ein gutes Frühstück so zu vergeuden. Rufen Sie von Ihrem Zimmer aus den Hoteldoktor an und lassen Sie
sich verarzten. Schlafen Sie sich aus. Ich regle das schon.« Er steckte die Karte in die Brusttasche seines Aluminiumjacketts.
Und als Blackwell den Raum verließ, sah Laney mitten auf dem blankgeputzten Teller des Bodyguards einen anderthalbzolligen, verzinkten Nagel auf dem breitem, flachem Kopf stehen.
Laneys Rippen, ein hässliches Patchwork aus Gelb, Schwarz und Blau, waren mit diversen kühlen Flüssigkeiten besprüht und fest mit Mikropor bandagiert. Er nahm das Schlafmittel, das der Arzt ihm gegeben hatte, duschte ausgiebig, ging ins Bett und suggerierte dem Licht gerade, sich selbst auszuschalten, als ein Fax abgegeben wurde.
Es war adressiert an C. LANEY, GAST:
DER GESCHÄFTSFÜHRER HAT MIR MEINE PAPIERE GEGEBEN. » VERBRÜDERUNG MIT GÄSTEN«. JEDENFALLS BIN ICH JETZT WACHMANN HIER IM LUCKY DRAGON, ES IST MITTERNACHT, SIE KÖNNEN MICH PER FAX UND E-MAIL ERREICHEN, TELEFON NUR GESCHÄFTLICH, ABER DIE LEUTE SIND IN ORDNUNG. HOFFE, SIE SIND IN ORDNUNG. FÜHLE MICH VERANTWORTLICH. HOFFE, ES GEFÄLLT IHNEN IN JAPAN, WIE AUCH IMMER.
RYDELL
»Gute Nacht«, sagte Laney, legte das Fax auf das Nachttischmodul und fiel auf der Stelle in einen sehr tiefen Schlaf.
Er schlief, bis Arleigh aus dem Foyer anrief und ihm vorschlug, sich auf ein Glas zu treffen. Neun Uhr abends, der blauen Uhr in der Ecke des Modulbildschirms zufolge. Laney zog sich frische, gebügelte Unterwäsche und sein anderes blaues malaysisches Button-down an. Er stellte fest, dass der weiße Ledersmoking ein paar Nähte an seinem
Jackett zerrissen hatte, aber andererseits hatte der Oberrusse, Starkow, den Mann nicht mit in den Van gelassen, also waren sie quitt, fand Laney.
Als er das Foyer durchquerte, traf er auf einen verzweifelt dreinblickenden Rice Daniels, der vor lauter Nervosität zu der schwarzen Kopfklammer aus seiner Zeit bei Außer Kontrolle zurückgekehrt war. »Laney! Herr im Himmel! Haben Sie Kathy gesehen?«
»Nein. Ich hab geschlafen.«
Daniels führte einen seltsamen kleinen, besorgten Tanz auf, bei dem er sich auf die Zehenspitzen seiner braunen Kalbslederslipper erhob. »Hören Sie, das ist wirklich höchst sonderbar, aber ich schwöre — ich glaube, sie ist entführt worden.«
»Haben Sie die Polizei geholt?«
»Haben wir, haben wir, aber es ist alles total abstrus, all diese Formulare, die sie auf ihren Notebooks durchsickern lassen, und was für eine Blutgruppe sie hatte … Sie wissen nicht zufällig über ihr Blut Bescheid, oder, Laney?«
»Es ist dünn«, sagte Laney, »irgendwie strohfarben.«
Aber Daniels schien ihn
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