Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties
Windschutzscheibe und traten beiseite. Stumm, langsam, Meter für Meter teilte sich die Menge, um dem Van Platz zu machen.
Laney schaute über die schwarzen, in der Mitte gescheitelten Köpfe der trauernden Fans hinweg und sah den Russen aus dem Western World, der noch immer seine weiße Smokingjacke aus Leder trug, gegen die Menge ankämpfen. Die Köpfe der Mädchen reichten ihm kaum bis zur Taille, und er sah aus, als würde er durch schwarze Haare und Kerzenlicht waten. Aus seiner Miene sprach Verwirrung, beinahe Entsetzen, doch als er Laney am Fenster des grünen Van sah, verzog er das Gesicht, änderte seinen Kurs und hielt direkt auf sie zu.
42 ABREISE
Chia schaute hinaus und sah, dass es aufgehört hatte zu regnen. Der Parkplatz jenseits des Stacheldrahtzauns war voller kleiner, regloser Gestalten mit Kerzen in den Händen. Ein paar von ihnen standen oben auf den Lastwagen, die dort geparkt waren, weitere anscheinend auf dem Dach des niedrigen Gebäudes dahinter. Mädchen. Japanische Mädchen. Alle schienen sie zum Hotel Di herüberzustarren.
Der Riese erzählte Rez gerade, jemand habe bekanntgegeben, er sei gestorben, sei tot in diesem Hotel aufgefunden worden, und es sei draußen im Netz und werde behandelt, als wäre es wirklich passiert.
Der Russe hatte inzwischen selbst ein Telefon hervorgeholt und sprach auf Russisch mit jemandem. »Mr Lor-ess«, sagte er und ließ das Telefon sinken, »wir hören Polizei kommt. Diese Nanotechnik streng verboten, ist ernste Problem. «
»Gut«, sagte Rez. »Wir haben einen Wagen in der Garage. «
Jemand stieß Chia am Ellbogen an. Es war Masahiko, der ihr die Tasche gab. Er hatte ihren Sandbenders hineingesteckt und den Reißverschluss zugezogen; sie merkte es am Gewicht. Seinen Computer hatte er in dem karierten Beutel. »Zieh jetzt deine Schuhe an«, sagte er. Die seinen hatte er bereits an.
Eddie lag zusammengerollt auf dem Teppich; so lag er da, seit der Russe ihm den Tritt versetzt hatte. Nun machte der Russe wieder einen Schritt auf ihn zu, und Chia sah,
wie Maryalice, die neben Eddie auf dem Teppich saß, sich duckte.
»Bist du glücklicher Mann«, sagte der Russe zu Eddie. »Wir uns halten an Abmachung. Isotop wird geliefert. Aber wollen wir keine weitere Geschäfte mit dir.«
Ein Klicken ertönte, dann noch eins, und Chia beobachtete, wie der Riese, dem das linke Ohr fehlte, zügig und ohne hinzusehen sein Beil zusammenklappte. »Das Ding da in deiner Hand ist ein Schwerverbrechen, Rozzer. Der Besuch deines Fanclubs bringt uns die Polizei auf den Hals. Besser, wenn ich das Ding an mich nehme.«
Rez sah den Riesen an. »Ich trag’s selbst, Keithy.«
Chia glaubte, eine plötzliche Traurigkeit in den Augen des Riesen zu sehen. »Na schön«, sagte er. »Wird Zeit, dass wir von hier verschwinden.« Er steckte die zusammengelegte Waffe in sein Jackett. »Also kommt, ihr beiden.« Er bedeutete Chia und Masahiko, zur Tür zu gehen. Rez folgte Masahiko, dicht hinter Rez kam der Russe, aber Chia sah, dass der Zimmerschlüssel auf dem kleinen Kühlschrank lag. Sie lief hin und nahm ihn. Dann blieb sie stehen und schaute auf Maryalice hinunter.
Maryalices Mund sah ohne den Lippenstift alt und traurig aus. Es war ein Mund, der eine Menge abgekriegt haben musste, dachte Chia. »Komm mit uns«, sagte sie.
Maryalice sah sie an.
»Schnell«, sagte Chia. »Die Polizei kommt.«
»Ich kann nicht«, sagte Maryalice. »Ich muss mich um Eddie kümmern.«
»Sag deinem Eddie«, Blackwell war mit zwei Schritten bei Chia, »wenn er irgendwas von dem hier ausplaudert, kommt ihn jemand holen und verpasst ihm ’ne kleinere Schuhgröße.«
Maryalice schien ihn jedoch nicht zu hören, oder wenn doch, dann schaute sie nicht auf, und der Riese zog Chia aus dem Zimmer und machte die Tür zu, und dann folgte
Chia dem Rücken des hellbraunen Anzugs des Russen, dessen schicke Cowboystiefel von den in Knöchelhöhe angebrachten Lichtstreifen beleuchtet wurden, durch den schmalen Flur.
Rez stieg mit Masahiko und dem Russen in den Fahrstuhl, als der Riese ihn an der Schulter packte. »Du bleibst bei mir«, sagte er und schob Chia in den Fahrstuhl.
Masahiko drückte auf den Knopf. »Hast du Fahrzeug?«, wandte sich der Russe an Masahiko.
»Nein«, sagte Masahiko.
Der Russe grunzte. Chia spürte, wie ihr von seinem Kölnischwasser schlecht wurde. Die Tür öffnete sich zu dem kleinen Foyer. Der Russe schob sich an Chia vorbei und sah sich um. Chia und Masahiko folgten ihm. Die
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