Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties
zwei Monate ausgebucht. Er war jetzt berühmt.
Alles in allem schien die Berichterstattung das Ganze wie ein Thema für die Sauregurkenzeit zu behandeln, eine Sache, die ernsthafte Kreise hätte ziehen können, wenn die Polizei nicht so umsichtig und geschickt gehandelt hätte, wie sie es zu guter Letzt getan hatte, indem sie Elektrobusse aus den Vororten herangeholt hatte, um die Mädchen zu Sammelstellen im ganzen Stadtgebiet zu fahren.
Arleigh war aus San Francisco, arbeitete für Lo/Rez und kannte Rez persönlich, und sie war es auch gewesen, die den Van durch die Menge nach draußen gesteuert hatte. Und dann hatte sie einen Polizeihubschrauber abgehängt, indem sie auf dieser Schnellstraße etwas völlig Verrücktes gemacht hatte, nämlich eine Wendung um 180 Grad direkt über den Betonmittelstreifen hinweg.
Sie hatte Chia und Masahiko zu diesem Hotel gefahren und in den aneinandergrenzenden Zimmern mit den sonderbaren Eckwinkeln untergebracht, wo jeder von ihnen über ein eigenes Bad verfügte. Sie hatte sie alle beide gebeten, dortzubleiben und nicht zu porten oder das Telefon zu benutzen, ohne es ihr zu sagen, außer um den Zimmerservice anzurufen, und dann war sie gegangen.
Chia hatte zuallererst einmal eine Dusche genommen. Es war die beste Dusche ihres Lebens gewesen, und sie fühlte sich, als würde sie diese Klamotten nie wieder anziehen
wollen, solange sie lebte. Sie wollte sie nicht mal ansehen müssen. Sie fand einen Plastikbeutel für die Sachen, die gewaschen werden sollten, stopfte sie dort hinein und steckte ihn dann in den Abfalleimer im Badezimmer. Dann schlüpfte sie in saubere Sachen aus ihrer Tasche – sie waren alle zerknittert, aber es fühlte sich großartig an – und fönte sich die Haare mit dem in die Badezimmerwand eingebauten Apparat trocken. Das Klo sprach nicht, und es hatte nur drei Tasten, deren Bedeutung man rauskriegen musste.
Danach legte sie sich aufs Bett und nickte ein, schlief aber nicht lange.
Arleigh schaute immer wieder herein, um sich zu vergewissern, dass es Chia gutging, und um ihr Neuigkeiten mitzuteilen, so dass Chia das Gefühl hatte dazuzugehören – wozu auch immer. Arleigh sagte, Rez sei jetzt wieder in seinem Hotel, er werde aber später kommen, um einige Zeit mit ihr zu verbringen und ihr für alles zu danken, was sie getan hatte.
Das löste bei Chia merkwürdige Gefühle aus. Jetzt, wo sie ihn in Fleisch und Blut gesehen hatte, war das ihren diversen früheren Wahrnehmungen gegenüber in den Vordergrund getreten, und ihre Empfindungen in Bezug auf ihn waren irgendwie komisch. Verworren. Als hätte das alles ihn für sie in der Echtzeit angepflockt, und sie dachte immer wieder an ihre Mutter, die gemosert hatte, dass Lo und Rez beinahe so alt seien wie sie.
Und dann war da noch etwas. Es entsprang dem, was sie gesehen hatte, als sie hinten in dem Van zwischen dem kleinen Japaner mit dem herunterhängenden Jackettärmel und Masahiko gekauert hatte: Sie hatte aus dem Fenster geschaut und die Gesichter gesehen, als der Van im Schritttempo wegfuhr. Keins dieser Mädchen hatte gewusst, dass Rez dort drin hockte, unter einem Jackett, aber sie hatten es vielleicht irgendwie gespürt. Und etwas in Chia hatte ihr gesagt, dass sie nie wieder so sein würde. Dass sie sich nie
wieder so wohlfühlen würde wie in dem Bewusstsein, ein Gesicht in dieser Menge zu sein. Weil sie jetzt wusste, dass es Zimmer gab, die sie nie sahen, von denen sie nicht mal träumten, Zimmer, in denen verrückte oder auch nur langweilige Dinge geschahen, und dort kamen die Stars her. Und derlei Dinge bereiteten ihr jetzt Kopfzerbrechen bei dem Gedanken daran, dass Rez sie besuchen kommen würde. Und dass er wirklich so alt war wie ihre Mutter.
Und all das führte zu der Überlegung, was sie den anderen in Seattle erzählen sollte. Wie konnten sie es verstehen? Zona, glaubte sie, würde es verstehen. Sie hätte wirklich gern mit Zona gesprochen, aber Arleigh hatte gesagt, sie solle jetzt lieber nicht porten.
Der am längsten laufende Kreisel begann zu torkeln, und sie schnitten von ihm auf die Augen des Mädchens, das ihn gedreht hatte.
Masahiko machte die Verbindungstür zwischen ihren Zimmern auf.
Der Kreisel schwankte ein letztes Mal und fiel um. Das Mädchen schlug die Hände vor den Mund, und der Schmerz der Niederlage erfüllte ihre Augen.
»Du musst jetzt mit mir in die Ummauerte Stadt kommen«, sagte Masahiko.
Chia schaltete den Fernseher mit der manuellen Fernbedienung
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