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Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties

Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties

Titel: Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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abliefern muss. In der Innentasche mit dem zugezogenen Reißverschluss. Aber die Außentaschen sind leer.
    Sie ist weg. Er durchwühlt seine anderen Sachen. Auf Händen und Knien, mit einem pulsierenden Schmerz hinter den Augen, späht er unter den Stuhl. Weg.
    Aber sie ist immerhin zu ersetzen, ruft er sich ins Gedächtnis, immer noch auf den Knien, mit der Jacke in den Händen. Er wird schon einen Händler für diese Art von Software finden. In letzter Zeit hatte er zu argwöhnen begonnen, gesteht er sich jetzt ein, dass ihre Auflösung schlechter wurde.
    Während er das denkt, beobachtet er, wie seine Hände den Reißverschluss der Innentasche aufmachen und das Etui herausholen, das das enthält, was man ihm anvertraut hat, ihr Eigentum, das, was abgeliefert werden muss. Er öffnet es.
    Die abgewetzten schwarzen Plastikrahmen, das Etikett auf der Kassette abgenutzt und unleserlich, die gelb verfärbte Durchsichtigkeit der Audiostöpsel.
    Er hört einen hohen, dünnen Laut, der tief aus seiner Kehle kommt. Wohl fast den Gleichen wie damals, vor Jahren, als die erste Granate einschlug.

6 DIE BRÜCKE
    Darauf bedacht, genau die dreißig Prozent Tip draufzulegen, bezahlte Yamasaki den Fahrpreis und quälte sich vom spatigen Rücksitz des Taxis nach draußen. Der Fahrer, der wusste, dass alle Japaner reich waren, zählte verdrossen die zerfledderten, schmutzigen Scheine ab und warf dann die drei Fünf-Dollar-Münzen in einen gesprungenen Nissan-County-Thermosbecher, der an das verschossene Armaturenbrett geklebt war. Yamasaki, der nicht reich war, schulterte seine Umhängetasche, drehte sich um und ging auf die Brücke zu. Das Morgenlicht fiel schräg durch das komplexe Gewirr ihrer sekundären Struktur, und ihr Anblick griff ihm wie immer ans Herz.
    Die makellose Linienführung der Brücke war so streng und klar wie das moderne Programm selbst, aber drum herum war eine andere, von ihren eigenen Bedürfnissen geleitete Realität gewachsen. Sie war Stück für Stück entstanden, ohne festgelegten Plan, aber unter Anwendung jeder denkbaren Technik und mit allen nur möglichen Materialien. Das Resultat war ein amorphes, verblüffend organisches Etwas. Bei Nacht, wenn es von Weihnachtslämpchen, recyceltem Neon und Fackeln erleuchtet wurde, besaß es eine eigenartige mittelalterliche Energie. Am Tag erinnerte es ihn – aus einiger Entfernung betrachtet – an die Ruine des Piers von Brighton in England; es war wie ein Blick in ein kaputtes, folkloristisches Kaleidoskop.
    Die Stahlknochen und vielsträhnigen Sehnen verschwanden unter einer Ablagerung von Träumen: Tätowierungsstudios, Spielhallen, matt erleuchtete Stände voller zerfledderter
Zeitschriften, Buden, in denen Feuerwerkskörper oder kleingeschnittener Köder verkauft wurde, Wettbüros, Sushi-Bars, Pfandleiher ohne Lizenz, Kräuterhändler, Friseure, Bars. All diese Geschäftsträume hatten ihren Sitz auf den Ebenen, auf denen früher einmal Autos gefahren waren, während sich über ihnen bis zu den Spitzen der Kabeltürme hinauf das auf komplizierte Weise aufgehängte Barrio mit seinen zahllosen Bewohnern und seinen Zonen privaterer Fantasien erhob.
    Zum ersten Mal hatte er es bei Nacht gesehen, vor drei Wochen. Er hatte im Nebel gestanden, mitten unter Obst-und Gemüsehändlern, die ihre Waren auf Decken ausgelegt hatten, und mit klopfendem Herzen zum Eingang in diese Zauberwelt zurückgeschaut. Unter einem ausgefransten Bogen aus erbeuteten Neonlampen stieg Dampf von den Töpfen der Suppenverkäufer empor. Alles floss ineinander, verschwamm und verschmolz im Nebel. Die Telepräsenz hatte den Zauber und die Einmaligkeit dieses Gebildes nur angedeutet, und er ging langsam und voller Ehrfurcht weiter, in diesen Neonschlund und das ganze kunterbunte Flickwerk überall zusammengeklaubter Materialien hinein. Ein Märchenland. Vom Regen versilbertes Sperrholz, zerbrochener Marmor von den Mauern vergessener Banken, gewellter Kunststoff, poliertes Messing, Pailletten, bemaltes Segeltuch, Spiegel, abblätterndes, von der Salzluft getrübtes Chrom. So viele Dinge, zu viele für seinen schwindelnden Blick, und er hatte gewusst, dass seine Reise nicht umsonst gewesen war.
    Auf der ganzen Welt gab es mit Sicherheit kein prächtigeres Thomasson.
    Er betrat sie nun, am Dienstagmorgen, in dem mittlerweile vertrauten geschäftigen Treiben – die Eis- und Fischkarren, das Rattern einer Maschine, die Tortillas herstellte – und fand seinen Weg zu einem Coffee Shop, dessen

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