Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties
Dauer. Wenn du Übersee brauchst, lässt
sich auch drüber reden. Aber dreihundert für das Grundmodul. « All das kam in einem leiernden Tonfall raus, der Rydell an Stimmchips erinnerte, die in allerbilligstes Kinderspielzeug eingebaut waren.
»Wart mal ’n Moment«, sagte Rydell.
Der Mann zwinkerte ein paarmal hinter seinen pinkfarbenen Gläsern.
»Du redest davon, was man mit ’nem Taschentelefon machen kann, stimmt’s? So dass man der Telefongesellschaft nichts mehr zahlen muss?«
Der Mann sah ihn bloß an. »Tja, danke«, sagte Rydell rasch, »ich weiß es zu schätzen, aber ich hab grade kein Telefon dabei. Wenn ich eins hätte, würd ich dein Angebot liebend gern annehmen.«
Der Mann sah ihn immer noch an. »’ch glaub, ich hab dich schon mal gesehen …« Zweifel.
»Nee«, sagte Rydell. »Ich bin aus Knoxville. Bin grade aus dem Regen reingekommen.« Er entschied, dass es an der Zeit war, das Risiko einzugehen, sich umzudrehen und sich den Laden genauer anzusehen, denn die Spiegel hinter der Bar waren völlig beschlagen; Wassertropfen liefen an ihnen herunter. Er schwang die Schulter herum und sah die Japanerin, die er damals in den Hügeln über Hollywood gesehen hatte, als er mit Sublett dort rumgekurvt war. Sie stand nackt auf einer kleinen Bühne, und ihre langen, lockigen Haare fielen ihr bis auf die Taille. Rydell hörte sich grunzen.
»He«, sagte der Mann, »he …«
Rydell schüttelte sich, eine merkwürdige, automatische Bewegung, wie ein Hund, aber sie war immer noch da.
»He. Kredit.« Wieder das Geleier. »Haste Probleme? Willste vielleicht mal sehen, was sie über dich haben ? Oder über jemand andren, wenn du die richtige Nummer hast …«
»He«, sagte Rydell, »warte. Die Frau da oben.«
Die pinkfarbenen Gläser kippten nach oben.
»Wer ist das?«, fragte Rydell.
»Das ’n Hologramm«, sagte der Mann mit einer völlig anderen Stimme und ging weg.
»Verdammt«, sagte der Barkeeper hinter ihm, »du hast grade ’nen neuen Rekord darin aufgestellt, Eddie Scheißdreck loszuwerden. Hast dir ’n Bier verdient, mein Freund.«
Der Barkeeper war ein Schwarzer mit kupferroten Perlen in den Haaren. Er grinste Rydell an. »Er heißt Eddie Scheißdreck, weil er so viel wert ist und man auch nicht mehr auf ihn geben sollte. Der hängt dein Telefon an ’ne Box ohne Batterie drin, drückt auf ein paar Knöpfe, schickt ’n getürkten Anruf durch und knüpft dir die Kohle ab. So ist Eddie.« Er machte ein Bier auf und stellte es neben das andere.
Rydell drehte sich wieder zu der Japanerin um. Sie hatte sich nicht bewegt. »Bin grade aus dem Regen reingekommen«, sagte er, das Einzige, was ihm einfiel.
»Guter Abend dafür«, erwiderte der Barkeeper.
»Sag mal … die Lady da oben …«
»Das ist Josies Tänzerin«, erklärte der Barkeeper. »Schau hin. Sie lässt sie gleich tanzen, sobald ein Song kommt, den sie mag.«
»Josie?«
Der Barkeeper zeigte hin. Rydell schaute in die Richtung, in die er zeigte, und sah eine sehr dicke Frau in einem Rollstuhl, deren Haar die Farbe und Beschaffenheit von grober Stahlwolle hatte. Sie trug eine brandneue blaue Jeans-Latzhose und ein übergroßes weißes Sweatshirt, und ihre Hände steckten in einer Art glatten grauen Plastikmuff auf ihrem Schoss. Ihre Augen waren geschlossen, ihr Gesicht ausdruckslos. Er hätte nicht mit Sicherheit sagen können, ob sie nicht schlief.
»Ein Hologramm?« Die Japanerin hatte sich überhaupt nicht bewegt. Rydell erinnerte sich daran, was er in jener Nacht gesehen hatte. Der Hörner-Kopfputz aus Silber. Ihr
Schamhaar, das wie ein Ausrufezeichen rasiert war. Die hier hatte keins von beidem, aber sie war es. Sie war es.
»Josie projiziert ununterbrochen«, sagte der Barkeeper, als handle es sich um etwas, wogegen man nichts machen konnte.
»Mit dem Ding auf ihrem Schoß?«
»Das ist das Interface«, erklärte der Barkeeper. »Der Projektor, der ist dort.« Er zeigte hin. »Auf dem NEC-Schild da drüben.«
Rydell sah einen kleinen schwarzen Apparat, der auf dem betagten Leuchtschild befestigt war. Er hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit einem alten Fotoapparat. Er wusste nicht, was NEC war, ein Bier oder was. Die ganze Wand war von diesen Schildern bedeckt, alles verschiedene Marken, und als er jetzt ein paar von den Namen erkannte, kam er zu dem Schluss, dass es um Werbung für alte Elektronikfirmen ging.
Er schaute zu dem Apparat rüber, dann wieder zu der fetten Frau im Rollstuhl, und wurde traurig. Und
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